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Proteste gegen Burka-Vortrag

Selten hat ein Programm der Dresdner Volkshochschule so viel Kritik auf sich gezogen.

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© A. Schneider

Von Christoph Springer und Alexander Schneider

Eine Kopfbedeckung muss nicht sein. An keiner Stelle im Koran steht, dass sich Frauen im Islam mit einem Tuch verhüllen müssen, das nur ihr Gesicht oder noch nicht einmal das frei lässt. Mit dieser Erklärung hat Referentin Verena Böll am Montagabend in der Volkshochschule (VHS) Kritikern den Wind aus den Segeln genommen, die die Kopfbedeckung für eine religiöse Pflicht jeder Muslima halten. Böll erklärte die „Kleiderordnungen im Islam“.

Der Kurs in der VHS-Außenstelle in Gorbitz hatte im Vorfeld heftigen Protest ausgelöst. Vom Burka-Kurs war die Rede und es gab Kritik an der Zielrichtung des Angebots. Diese ging so weit, dass Dresdner angeblich lernen sollten, wie sie sich verhüllen. Verena Böll hält ihren Vortrag schon seit 2016 in der VHS. Er sei „vor allem für Ehrenamtliche in der Flüchtlingsarbeit konzipiert“, sagte Direktor Jürgen Küfner. Vier Semester lang hat sich niemand an dem Vortrag gestört. Kritik daran gibt es erst seit Anfang 2018, vor allem in den aufgeheizten sozialen Netzen.

Nun bewachten vier Sicherheitsmänner den Eingang der Schule. Etwa 50 Gegner der Veranstaltung versammelten sich am Montagabend vor der VHS auf dem Helbigsdorfer Weg, teils mit Kopftüchern, zum Teil aber auch in Burkas oder in bayrischen Lederhosen. Bekannte Pegida-Anhänger waren darunter, AfD-Politiker sowie Andreas Hofmann alias DJ Happy Vibes. Wortführerin war Barbara Lässig, die sogar Unterschriften gegen den „Burka-Kurs“ gesammelt hatte. Zusammen mit der umstrittenen Meißner Amtsrichterin Gritt Kutscher besuchte sie dann auch den Vortrag.

Verena Böll erklärte einem reichlichen Dutzend Teilnehmern, wie man an den verschiedenen Verschleierungsformen erkennen kann, woher eine Frau stammt. In den drei Suren, den Verhaltensregeln im Koran, stehe lediglich, dass die Menschen ihre Blöße bedecken und Frauen Tücher über ihre Brust ziehen sollen.

Dass Frauen in muslimisch geprägten Ländern Kopfbedeckungen vom Hidschab bis zur Burka tragen, also vom Kopftuch bis zum Ganzkörperschleier, habe seine Ursache vor allem in regionalen Traditionen und Notwendigkeiten. So wollen Frauen laut Böll ihrem Glauben Ausdruck geben, suchen Schutz vor männlichen Begehrlichkeiten oder wollen Sand und Schmutz fernhalten. „Nur 15 Prozent aller Musliminnen tragen Kopfbedeckung“, so die Fachfrau, eine Religionswissenschaftlerin, Ethnologin, Äthiopistin und Orientalistin. Die Burka, bei der Frauen nur durch ein Gitter sehen können, werde in Pakistan und Afghanistan getragen.

Barbara Lässig, die mit Gritt Kutscher und einer weiteren Begleiterin an dem Kurs teilnahm, war das nicht genug. „Sie war nicht kritisch dem Kopftuch gegenüber“, urteilte die Ex-FDP-Stadträtin, die unter anderem an der Aktion „Trojanisches Pferd“ im Frühjahr vor dem Kulturpalast mitgearbeitet hat, über Verena Böll. „Dass man das so völlig unpolitisch sieht, das hat mich richtig gestört.“ Verena Böll hat die Politik allerdings nicht ausgeklammert. Sie ging auch darauf ein, dass Kopfbedeckungen im Islam heute als politisches Symbol genutzt werden. Die Details des Vortrags waren Lässig gleich: „Mir ist egal, wo die Frauen herkommen, Kopftuch ist gleich Kopftuch“, machte sie ihre Position klar.