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Protest gegen Motocross

Nahe einer Siedlung an der B 170 in Bannewitz ist eine Rennstrecke geplant. Die Anwohner wehren sich.

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© Andreas Weihs

Von Verena Schulenburg

Bannewitz. Das Heulen der Motoren liegt ihnen noch in den Ohren. „Dauerhaft ist das nicht auszuhalten“, sagt Dirk Ritter. Für den Nöthnitzer und viele andere Anwohner hat sich nach der ersten Probefahrt vor einer Woche die schlimme Befürchtung bestätigt: Der Motocross-Betrieb auf der neuen Piste an der B 170 sei zu laut und schade all denen, die nur etwa einhundert Meter Luftlinie entfernt in Nöthnitz wohnen. Rund 70 Dezibel habe Ritter eigenhändig im Garten vor seinem Wohnhaus gemessen. Sogar bis ins benachbarte Rosentitz sei das Knattern der Cross-Maschinen zu hören gewesen, erzählt Michael Reichel.

Auf einer etwa 30 000 Quadratmeter großen Fläche im Norden der Gemeinde soll der Motocross-Club Bannewitz eine Strecke erhalten. Hier soll nicht nur das alljährliche Motocross-Rennen dauerhaft stattfinden, sondern auch regelmäßiger Trainingsbetrieb mit Cross-Maschinen und Quads vorrangig für den Motorsport-Nachwuchs. Das alles vorerst für fünf Jahre, so die Pläne der Gemeinde Bannewitz.

Seitdem die Anwohner vor allem an der Winckelmannstraße und im Nöthnitzer Ortskern im Frühjahr von den Motocross-Plänen in der Nachbarschaft eher per Zufall erfuhren, wie sie sagen, fürchten sie um ihre Ruhe. Mehr als 70 Unterschriften legten sie der Bannewitzer Rathausspitze gegen das Projekt vor. Mit Flugblättern versuchten einige von ihnen, andere noch unwissende Betroffene aufzuklären und ihnen die Chance zu geben, sich aktiv dagegen zu wehren. Etliche taten ihre Ablehnung gegen die neue Strecke mit einer Stellungnahme im aktuell laufenden Verfahren des Flächennutzungsplanes kund.

Die Anwohner sind sicher: Die Idee, auf der anderen Seite der Bundesstraße eine Motocross-Piste zu etablieren, wird für zusätzlichen Motorenlärm, Staub und Benzingeruch in Nöthnitz sorgen, wie bereits die jüngste Probefahrt der Motorsportler zeigte. Schon jetzt herrscht Unruhe im Wohngebiet. Ungewissheit, Zukunftssorgen und Frust haben sich dort ausgebreitet, wo zuvor Familien guten Wissens ihr Eigenheim bauten, mit dem Wunsch, hier Ruhe zu finden und anzukommen.

Bisher steht lediglich das große Motocross-Rennen am 23. September fest. Alles Weitere ist unklar. Behörden prüfen derzeit, ob der Sport dauerhaft eine Chance auf der besagten Fläche an der Bundesstraße hat. Was, wenn das Projekt durchgeht? Die Nöthnitzer sind ratlos. „Wir haben nichts gegen die Motorsportler und wir haben auch nichts gegen die Tradition in Bannewitz“, stellt Dirk Ritter klar. Diese Tradition sei aber stets nur ein großes Rennen pro Jahr gewesen – nicht mehr. Einer Dauerbeschallung durch Cross-Maschinen unter anderem an mehreren Wochenenden im Sommer wollen sich die Nöthnitzer in Haus und Garten nicht aussetzen. „Es sei denn, es fahren Elektro-Fahrzeuge.“

Bisher scheinen Motorsportler und Anwohner von einem Konsens weit entfernt, insofern es diesen überhaupt geben kann. „Egal wie der Kompromiss aussieht, er wird zu unseren Lasten gehen“, sagt Thomas Mächold. Der Motocross werde ihnen ungefragt vorgesetzt. Eine adäquate Entschädigung für die Belastung sei kaum zu erwarten. Seit zehn Jahren wohne Thomas Mächold mit seiner Familie in Nöthnitz. Ihren Lebensmittelpunkt haben sie sich hier aufgebaut. Genauso wie andere belastet ihn der Umstand, dass der Motorsport Unruhe in das Wohngebiet bringt, dass das Projekt Bannewitz spaltet und die betroffenen Anwohner zum Teil als überempfindliche Zugezogene diffamiert werden, die nichts für die Bannewitzer Tradition übrig hätten.

Die Nöthnitzer fühlen sich alleingelassen mit ihren Sorgen und fragen sich: Warum ausgerechnet hier? 16 Motocross-Strecken gibt es in Sachsen. Keine davon befinde sich so nah an einem Wohngebiet. Bisher habe weder der Verein noch die Gemeindeverwaltung ernsthaft das Gespräch mit den Betroffenen gesucht. Bisher haben die Parteien nicht an einem gemeinsamen Tisch ihre Interessen besprochen. Die Anwohner wissen nicht, in welchem Umfang der Motocross in der Nachbarschaft betrieben werden soll und ob irgendwann sogar ein Großaufgebot an Cross-Fahrern von überall her zu erwarten ist.

„Worauf können wir noch vertrauen?“, fragt Mächold. Für Vertrauen brauche es einen offenen Dialog. Ohne diesen erhärtet sich für die Nöthnitzer der Verdacht, dass das Verfahren zur neuen Cross-Strecke zügig vorangetrieben werden soll, im Sinn der Motorsportler.