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Prinzessin Amalie steigt aus dem Bild

Auf dem Weesenstein stehen seit Dienstag sechs Figurinen, die auf besondere Weise 700 Jahre Schlossgeschichte illustrieren.

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© Norbert Millauer

Von Thomas Morgenroth

Müglitztal. Jetzt kann Prinz Albert sein Mäntelchen nicht mehr verlieren: Alexandra Hahn hat ihn an seinem Hals festgenagelt. Das vielleicht fünf Jahre alte Bürschchen lässt es freundlich über sich ergehen. Es zuckt auch nicht, als die Berliner Kostümbildnerin noch einmal hämmert, um die wunderschöne Spitze zu befestigen. Dann bekommt der künftige sächsische König eine Reitpeitsche in die linke Hand, mit der rechten krault er den Kopf seines Hengstes – ein braunes Schaukelpferd.

Albert, 1828 geboren und der erste Sohn des späteren sächsischen Königs Johann und seiner Gemahlin Prinzessin Amalie, ist am Dienstag auf das Lieblingsschloss seines Vaters zurückgekehrt. Zusammen mit seinem vier Jahre jüngeren Bruder Georg, der einen großen schwarzen Hund an der Leine führt, ist er in das Prinzenzimmer auf Schloss Weesenstein eingezogen, wo die herrschaftlichen Sprösslinge tatsächlich einmal gewohnt haben.

Nun stehen sie dort als allerliebstes Pärchen im gleichen Alter, als lebensgroße Figurinen, die Gemälden von Carl Christian Vogel von Vogelstein aus den Jahren 1833 und 1837 nachempfunden sind. Albert und Georg scheinen den Bildern zu entsteigen. Ihre Körper sind aus Styropor und Kunststoff dreidimensional geformt, die Köpfe hingegen wie auch die Tiere und die Landschaft sind gemalt. Die Wirkung ist verblüffend, zumal die Kinder Kleidung tragen, die den Originalen aus jener Zeit detailgetreu entsprechen, bis hin zum Pelzbesatz und einem historischen Knopf, den Alexandra Hahns Schwiegermutter spendiert hat.

Mit den Prinzen ist auch deren künftige Mutter Amalie angereist, in einem wunderhübschen gelben Kleid aus indischer Seide, so, wie sie 1821, ein Jahr vor ihrer Hochzeit mit Johann, auf einem Gemälde von Ludwig Stieler dargestellt ist. Sie steht nun vor ihrem Arbeitszimmer am Fenster. Im Gefolge hat sie zwei weitere Frauen, die einst auf dem Weesenstein befehligten: Christiane Eleonore Hofmann, ein Zimmermädchen, das Johann Jacob von Uckermann 1800 ehelichte, sowie Elisabeth von Starschedel, die 1504 Rudolf von Bünau heiratete und fünfzehn Kinder bekam.

In Alexandra Hahns Atelier ist aber auch der Ritter Jeschke von Dohna samt seiner Rüstung auferstanden, der mit einer Ohrfeige beim Adelstanz in Dresden die Doninsche Fehde auslöste. Sie endete 1402 mit dem Verlust der Stammherrschaft der Dohnaer Burggrafen in Dohna und auch dem Weesenstein. Nun steht Jeschke kampfbereit in der Burg gleich neben den Steinkugeln, die damals die Meißner Markgrafen über die Müglitz katapultierten.

Mit den sechs Figurinen, die das Schloss vor allem aus dem sächsisch-böhmischen Adelsprojekt finanziert, erinnert Weesenstein auf besondere Weise an 700 Jahre Burg- und Schlossgeschichte in diesem Jahr. „Wir haben uns von Figurinen auf dem Königstein anregen lassen“, sagt Kustodin Birgit Finger. Allerdings sind diese dort mit originalgetreu nachgeformten Köpfen noch wesentlich aufwendiger als die Weesensteiner. Dafür werden im Müglitztal Ende August mehr als zwanzig einstige Bewohner des Schlosses tatsächlich lebendig und wandeln durch die Gänge und Räume, darunter auch Prinz Albert.

Lebendiges Schloss Weesenstein am 26. August von 11 bis 16 Uhr; mit Mitarbeitern des Schlosses in historischen Kostümen und der Mittelaltergruppe Domus Donin.