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Polizei ermittelt fünf mutmaßliche Brandstifter

Die Feuerwehren rücken in der Sächsischen Schweiz so oft zu Waldbränden aus wie noch nie. Ursache der Feuer ist oft Gedankenlosigkeit.

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© Marko Förster

Von Gunnar Klehm und Christian Eißner

Sächsische Schweiz. Die Feuerwehr in Bad Schandau kommt an ihre Grenzen. Im Wald brennt es jetzt so oft wie noch nie. „Ein langer Einsatz ist besser, als wenn man andauernd ausrücken muss, auch wenn es zum Glück nur Kleinkram war, der in drei, vier Stunden abgearbeitet war“, sagt Stadtwehrleiter Kai Bigge. Allein im Nationalpark Sächsische Schweiz hat es dieses Jahr schon zwölfmal im Wald gebrannt, das sind elf Brände mehr als im gesamten Vorjahr.

Das bislang letzte Feuer wurde nach Auskunft der Nationalparkverwaltung am Sonntagmorgen am sogenannten Backofen im Rathener Gebiet entdeckt, es ging von einem Lagerfeuer aus. Bis Mittag konnten die Feuerwehren aus Bad Schandau, Waltersdorf, Porschdorf und Kurort Rathen den Bodenbrand löschen.

Trotz der anhaltenden Belastung gäbe es aber noch keine Motivationsprobleme in der Bad Schandauer Feuerwehr, sagt Kai Bigge. Bisher kamen zu jeder Tageszeit genügend Kameraden zusammen, um in Mindeststärke ausrücken zu können. Sie haben es schon im Gefühl, wann es wieder losgehen könnte. „Bei uns heißt es dann, das Wetter riecht schon wieder nach Waldbrand“, sagt Bigge. Doch in vielen Fällen kommen sie vor Ort ins Grübeln, wie gerade an dieser Stelle ein Feuer ausbrechen konnte. Bei einem Brand an der Burg Altrathen Ende Mai sei es ziemlich eindeutig gewesen, dass eine achtlos weggeworfene Kippe unterhalb eines Weges die Ursache war. „Aber bei den meisten Bränden finden wir keine Erklärung“, sagt der erfahrene Feuerwehrmann. Blitzschlag könnte eine Ursache sein. „Aber in den unklaren Fällen gab es kein Gewitter“, sagt Bigge. Oft sind es auch abgelegene Stellen, an die kein normaler Wanderer hinläuft. Deshalb wird in den Feuerwehren immer auch über Brandstiftung diskutiert.

Vom Lagerfeuer zum Flächenbrand

Bei der Polizeidirektion Dresden, die auch für die Sächsische Schweiz zuständig ist, gingen in diesem Jahr sechs Anzeigen wegen des Verdachts der Brandstiftung in Wäldern ein. Vier wegen fahrlässiger und zwei wegen vorsätzlicher Brandstiftung. In allen sechs Fällen hätten sich die Anzeichen bestätigt, teilt die Polizei mit.

Einer davon ist der Waldbrand zwischen Bielatal und Cunnersdorf, zu dem die Feuerwehr am Sonntag, dem 1. Juli, ausrücken musste. Dort hat offensichtlich jemand ein Lagerfeuer angefacht und nicht ausreichend abgelöscht. Angespitzte Stöcke und frisch gesägtes Holz an der Brandstelle deuteten darauf hin, dass sich dort jemand länger aufgehalten hatte. „Vielleicht waren das Kinder“, mutmaßt Mario Prielipp, der Abteilungsleiter Staatswald im Forstbezirk Neustadt. Er bittet dringend alle Eltern darum, ihre Kinder diesbezüglich aufzuklären. „Das ist kein Dumme-Jungen-Streich, ein Waldbrand kann jetzt in der anhaltenden Trockenheit verheerende Folgen haben“, sagt Prielipp.

Die Polizei konnte inzwischen in drei der benannten Fälle insgesamt fünf Tatverdächtige ermitteln. Spätestens hier endet der Spaß für die Verursacher der Waldbrände. Den Brandstiftern stehen eine Anklage und ein Gerichtsverfahren bevor, und selbst wenn sie Wald oder Feld nicht mit Absicht, sondern fahrlässig in Brand gesetzt haben, droht mindestens eine Geldstrafe. Ist beträchtlicher Schaden entstanden oder wurden gar Menschenleben gefährdet, kann fahrlässige Brandstiftung mit bis zu fünf Jahren Gefängnis geahndet werden. Bei extremer Trockenheit und hoher Waldbrand-Warnstufe ein Feuer im Wald zu entzünden, aus dem sich dann ein Flächenbrand entwickelt, das kann das Gericht auch als vorsätzliche Brandstiftung werten. Dann drohen mindestens sechs Monate bis zu zehn Jahre Haft.

Allein der wirtschaftliche Schaden eines Waldbrandes kann schnell in die Hunderttausende Euro gehen. Den Einsatz der Feuerwehren tragen zunächst die Gemeinden, aber auch sie können sich das Geld vom Verursacher zurückholen, wenn er ermittelt wird. Bei einem Brand auf einem Felsenriff in den Affensteinen am 1. September 2015 kostete allein der Einsatz eines Löschhubschraubers der Bundespolizei 20 000 Euro. Diese Kosten trug damals der Staatsbetrieb Sachsenforst.

Wenn das Feuer den Boden verlässt

Bei den in der Nationalparkregion erfassten Waldbränden handelt es sich zumeist um sogenannte Bodenfeuer. Dabei brennen bodennahe Vegetation und abgestorbene Pflanzenteile wie Laub, Nadeln und Zapfen. Das Feuer kann sich dabei tief in den Waldboden einbrennen, was das Löschen schwierig macht. Auch wenn sich solch ein Feuer nur vergleichsweise langsam ausbreitet: Gelöscht werden muss so schnell wie möglich, denn es besteht immer die Gefahr, dass es sich zum einem Vollbrand ausweitet, bei dem auch die Kronen der Bäume Feuer fangen. Ein solcher Brand kann rasend schnell große Waldflächen erfassen – ein Horrorszenario für Förster und Feuerwehr.

Kai Bigge und die anderen Bad Schandauer Kameraden sind einst in die Freiwillige Feuerwehr eingetreten, um im Notfall zu helfen, auch im Wald. „Alltägliche Routine darf das aber nicht werden, dann ist wirklich mal der Riemen runter“, sagt der Stadtwehrleiter.