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Pflegeheime finden Azubis im Ausland

Acht junge Vietnamesen werden in der Region zu Altenpflegern ausgebildet. Ob sie auch bleiben, ist aber nicht sicher.

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© Dietmar Thomas

Von Verena Toth

Döbeln. Es geht künftig bald noch bunter zu im Seniorenhaus Brigitte in Wendishain. Das trifft nicht nur auf die Ausstattung und Gestaltung des Seniorenheimes zu. Sondern auch auf den Mitarbeiterstamm. Seit zwei Jahren bringt die in der Türkei geborene Cansu Aydemir mit ihrer fröhlichen Art internationales Flair und eine andere Kultur ins Team. Schon bald werden das auch zwei weitere Mitarbeiterinnen aus Vietnam tun.

Phuong Thuy Le und Thi Thuy Hoa Trinh gehören zu einer achtköpfigen Gruppe junger Vietnamesen, die in den nächsten drei Jahren in der Region Döbeln zu Altenpflegern ausgebildet werden. Während Cansu Aydemir bereits als Kind in ihre neue Heimat kam, in Mittelsachsen die Schule besucht und beendet und hier auch ihre Berufsausbildung absolviert hat, beginnt für die beiden jungen Frauen aus Vietnam der berufliche Weg in Deutschland gerade erst. Allerdings haben sie bereits eine Ausbildung als Krankenpfleger vorzuweisen, ohne die sie gar nicht nach Deutschland hätten kommen dürfen, bestätigt Antje Schubert von der Arbeitsagentur Freiberg. .

Vor sechs Monaten sind die neuen Azubis in Mittelsachsen angekommen, haben zunächst in Zug einen Sprachkurs absolviert. Dann konnten sie ihre künftigen Ausbildungsbetriebe besuchen und ihre neuen Kollegen im Krankenhaus Döbeln sowie in den Seniorenhäusern in Wendishain und Schönerstadt kennenlernen. Nun, mit Beginn des Ausbildungsjahres wird es für die Neuankömmlinge ernst. Die Theorie lernen sie gemeinsam mit ihren deutschen Azubikollegen in der Heimerer-Schule in Döbeln. Ab Oktober beginnen sie den Praxisteil in ihren Ausbildungsbetrieben.

Dass die jungen Leute hier überhaupt eine berufliche Chance erhalten, ist der unermüdlichen Initiative des Freiberges Egbert Hebert und der Zschopauerin Christine Weber zu verdanken. Sie pflegen seit Jahren die Verbindungen zu dem asiatischen Staat und helfen den jungen Fachkräften im Bereich der Altenpflege und der Gastronomie beim Neustart in Deutschland. Schon seit 2012 bestehen Kontakte zwischen dem Landkreis Mittelsachsen und der Provinz Thanh Hóa in Vietnam. Den Stein ins Rollen hatte der damalige mittelsächsische Landrat Volker Uhlig (CDU) gebracht, als die ersten Verbindungen geknüpft und eine Kooperation vereinbart wurde. Diese wurde in den vergangenen Jahren mit Leben erfüllt. „Betriebe hier in Sachsen nehmen mit uns Kontakt auf, weil sie den jungen Arbeitskräften aus Vietnam eine Ausbildung und berufliche Zukunft ermöglichen und natürlich auch den eigenen Bedarf an Arbeitskräften decken möchten“, erläutert die ehemalige sächsische Sozialministerin Christine Weber.

Sechs junge Vietnamesen, davon sind fünf Männer, werden im Seniorenpflegeheim Schönerstadt zum Altenpfleger ausgebildet. „Wir versuchen diesen neuen Weg zum ersten Mal. Zwar haben wir aktuell keine Personalsorgen, aber auch wir müssen in die Zukunft blicken und wir wissen, dass es künftig einfach nicht genug Arbeitskräfte geben wird“, erläutert Geschäftsführerin und Heimleiterin, Simone Gerson. Sie denke dabei an das neue Heim, das in Hartha entsteht.

Die Mitarbeiterteams der Seniorenhäuser in Wendishain und auch in Schönerstadt bemühen sich sehr darum, den jungen Leuten aus Vietnam den Start und das Leben in ihrer neuen Heimat zu erleichtern. „Wir haben ihnen möblierte Wohnungen, besorgt, mit organisatorischen Dingen wie Haftpflichtversicherung, Busfahrkarte und Krankenversicherung geholfen“, berichten beide Heimleiterinnen. Einhellig kritisieren sie jedoch, dass es für diese Initiative keinerlei Unterstützung gibt. „Die Vietnamesen müssen alles selbst finanzieren, von der Unterkunft bis zum Sprachkurs. Und auch wir als Arbeitgeber, die wir uns um einen so wichtigen Bereich wie die Altenpflege bemühen, erhalten keinerlei Unterstützung“, so die Kritik der Fachleute. Simone Gerson wünscht sich zudem mehr Hilfe bei der Vermittlung der Sprache. „Die Sprachkenntnisse sind einfach am wichtigsten. Vielleicht würde sich ein ehemaliger Lehrer finden, der den jungen Leuten zusätzlich stundenweise Deutsch beibringt,“ schlägt sie vor. Auch die bürokratischen Hürden und die vorherige berufliche Anerkennung der jungen Asiaten sei so kompliziert, dass es in vielen Fällen letztlich gar nicht zum Erfolg kommen könne. „Das ist für uns vollkommen unverständlich, denn gerade im Bereich der Altenpflege wissen wir, wie wichtig jede einzelne Arbeitskraft ist“, bekräftigt auch Juniorchef Michael Reinhardt.

Ob die Vietnamesen nach ihrer Ausbildung dann auch tatsächlich hier in der Region bleiben werden, ist aber längst noch nicht sicher. „Mit der Ausbildung der jungen Leute tun wir für beide Seiten etwas Gutes. Wahrscheinlich aber dauerhaft gar nicht für unser eigenes Haus, denn junge Leute, egal ob deutsch oder mit einer anderen Nationalität, zieht es in die Großstädte“, sieht Brigitte Reinhardt die Zukunft eher nüchtern realistisch. Solche Erfahrungen habe sie bereits mehrfach machen müssen.