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Pfarrhaus mit neuem Fachwerk

Die im Landkreis einmalige Konstruktion wird momentan erneuert – und lüftet zuweilen ihre Geheimnisse.

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© Anne Hübschmann

Von Catharina Karlshaus

Lenz/Riesa. Pfarrer Zehme hat keinen Durchblick. Zumindest schon seit ein paar Wochen nicht und so lange die Gerüste noch an seinem Wohnhaus signalisieren, dass hier kräftig gebaut wird. Die Fenster sind mit Planen verhangen, mit der Aussicht auf die Straße und die gegenüberliegende Sankt Peter Kirche sieht es im wahrsten Sinne des Wortes trübe aus. Allerdings: Laut dem Baupfleger der Landeskirche Sachsen, Manfred Richter, hat es nun die längste Zeit gedauert. Wenn alles weiterhin nach Plan läuft, könnten die Arbeiten an der Giebelseite des geschichtsträchtigen Lenzer Pfarrhauses bald beendet sein. Tatsächlich sind bereits die hellen, ausgetauschten Holzelemente – Andreaskreuze genannt – inmitten der bisherigen Fachwerkkonstruktion zu entdecken. In den nächsten Wochen werden sie noch farblich den alten erhaltungswürdigen Elementen angepasst.

Die Neuen wurden hingegen mit viel fachlichem Geschick von Helmut Förster und seiner Tochter Antje angebracht. Die Zimmerer aus Mautitz bei Riesa sind darauf spezialisiert, alten Gebäuden geschickt neues Leben einzuhauchen. Im Falle des Lenzer Pfarrhauses bedeutete das, zunächst die sogenannten Gefache zu entfernen und durch neue zu ersetzen. „Das ist keine leichte Arbeit. Wenn man ein neues Fachwerkhaus errichtet, dann wird es von unten nach oben zusammengebaut. Hier arbeiten wir in anderer Richtung“, erklärt Helmut Förster.

Die durch das Wetter und natürlich auch die Zeit in Mitleidenschaft gezogenen Andreaskreuze seien bei ihm im Betrieb nachgefertigt worden. Aus gut abgelagertem und getrocknetem Kiefernholz bestehend, wurden sie auf die vorgegebenen Maße von 65 mal 50 Zentimetern angefertigt. Lediglich als Schmuckelemente dienend, bekommen sie dann durch die Anbringung mit Zapfen wieder einen festen Halt.

Ursprünglich 1793 aus Lehm erbaut, war das Lenzer Pfarrhaus letztmalig in den 1990er Jahren in Eigeninitiative der Gemeindemitglieder teilweise ausgebessert worden. Das ursprüngliche Material Lehm war dabei hier und da mit Ziegelsteinen ersetzt worden. Für mehr hatten die finanziellen Mittel nicht gereicht. Ein Dilemma, welches sich auch in den Jahren danach nicht ändern sollte. Immer fehlte das notwendige Geld, um vor allem den besonderen Blickfang des Hauses – eben jene geschwungenen Zeichen, Andreaskreuze genannt – am Fachwerkgiebel zu restaurieren. Eine Konstruktion, die als einmalig in der Region betrachtet werden darf. 1556 erbaut, war das Pfarrgut durch einen Brand etwa 100 Jahre später zerstört worden. Schon bald wurde es auf seinen Grundmauern neu errichtet, in feuchten Lehm unterm Dach ritzten die Bauleute von einst die Jahreszahl 1665. Wenig später, 1700 bis 1710, bekamen die Lenzer dann auch ihre Kirche. Das Pfarrgelände indes ist ein original erhaltener Dreiseithof mit Scheune, Haupthaus – dem heutigen Pfarrgebäude – und einem Stallhaus.

Dass das Haus auf Anraten von Baupfleger Richter bereits im Juni 2014 näher unter die fachliche Lupe genommen worden ist, erweist sich in diesen Wochen wieder einmal als richtig. Immerhin war damals festgestellt worden, dass der Giebel des Gebäudes zur Straßenseite einsturzgefährdet ist. Daraufhin wurden im folgenden Jahr im Inneren des Hauses neue Holzbalken davorgesetzt. „Hinter dem äußerlich sichtbaren Fachwerk steht bis unters Dach ein komplettes Fachwerk, welches in den beiden Wohnetagen mit Lehmziegeln ausgesetzt und verputzt ist“, gibt Baupfleger Manfred Richter zu bedenken. An dieses innere Fachwerk sei das sichtbare Fachwerk angehangen. Es müsse keine tragende Funktion mehr erfüllen und der jahrhundertealte Giebel könne sich anlehnen.

Ein baulicher Kniff, der die Erneuerung der Andreaskreuze samt Gefache und Putz jetzt wesentlich vereinfache. „Die Zimmerleute müssen bei ihrer Arbeit nicht immer das Gefühl haben, gleich im Wohnzimmer von Familie Zehme zu landen“, gibt Manfred Richter zu bedenken. Denn auch, wenn das traditionelle Lehmfachwerk unter den Kreuzen überraschend gut erhalten gewesen sei, die Holzsubstanz an den anderen Hauswänden befinde sich in keinem besseren Zustand. Würden diese dann im Falle einer Bewilligung weiterer Mittel im nächsten Jahr erneuert, sei schon sehr viel Fingerspitzengefühl notwendig.