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Personalie mit Geschmäckle

Der Meißner Stadtrat soll die neue Stelle der Leiterin der Bauverwaltung absegnen – für deren Besetzung erhielt der OB eine Strafanzeige.

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© Claudia Hübschmann

Von Udo Lemke

Meißen. Auf der Tagesordnung für die Stadtratssitzung am Mittwoch heißt es unter Punkt 7: „Nachtragssatzung der Stadt Meißen für das Haushaltsjahr 2018.“ Dahinter verbirgt sich die umstrittenste Personalie der Stadtverwaltung in diesem Jahr: Die Schaffung des Bauverwaltungsamtes und die Besetzung der Leiterstelle mit Inga Skambraks. Weil sich einer der fünf Bewerber, die von der Stadtverwaltung zum Vorstellungsgespräch eingeladen worden waren, benachteiligt fühlte, kam es zu einem Prozess. Diesen gewann der unterlegene Bewerber, und die Stadt Meißen musste ihm knapp 10 000 Euro bezahlen.

Daraufhin hat Walter Hannot von der Bürgerinitiative „Meißen kann mehr“ Ende September Strafanzeige gegen Oberbürgermeister Olaf Raschke bei der Staatsanwaltschaft Dresden gestellt. „Meines Erachtens dürfte der Straftatbestand der Untreue gegeben sein, wenn nicht sogar der des Betruges“, schreibt Hannot in der Anzeige. Der Oberbürgermeister habe die Stadträte und damit die Öffentlichkeit über die Geeignetheit der Bewerber getäuscht, was zu einem fragwürdigen Abstimmungsergebnis im Stadtrat für die Besetzung der Stelle geführt habe – Skambraks war nach SZ-Informationen seinerzeit mit 13:9 Stimmen gewählt worden. Die Bürgerinitiative „Meißen kann mehr“ will erreichen, dass das Gericht klärt, ob Oberbürgermeister Raschke strafbar gehandelt hat, und sie will erreichen, dass er die 10 000 Euro Strafgeld aus eigener Tasche zurück in die Stadtkasse zahlt.

Dass sich der Stadtrat noch einmal mit dem Thema befassen muss, folgt aus der sächsischen Gemeindeordnung. Dort heißt es im Paragrafen 77, dass „die Gemeinde unverzüglich eine Nachtragssatzung zu erlassen hat, wenn sich zeigt, das Bedienstete eingestellt, angestellt, befördert oder höhergruppiert werden sollen und der Stellenplan die entsprechenden Stellen nicht enthält.“ Als Inga Skambraks zum 1. Juli eingestellt wurde, gab es im Stellenplan der Stadt keine Stelle für sie. Sie ist mit einer E 12 eingruppiert, was einem Bruttojahresgehalt von mehr als 60 000 Euro entspricht. Aber es war eine höher eingruppierte Stelle vorhanden, auf der sie bis zur Schaffung der für sie vorgesehenen Stelle „geparkt“ werden konnte. Und diese Stelle war die E 13 des verstorbenen Baudezernenten Steffen Wackwitz.

Derzeit wird das Baudezernat kommissarisch von Oberbürgermeister Raschke geleitet, Bauamtsleiter ist Dirk Herr, Bauaufsichtsamtsleiterin Carola Berger, und den Bauhof führt Steffen Petrich. Was Inga Skambraks als Leiterin des neu eingerichteten Bauverwaltungsamtes tun soll, steht in der Stadtratsvorlage. „Angesiedelt sind dort die Stadtplanung, die Projektsteuerung und die Fördermittelabrechnung. Dies war bisher unmittelbar dem Baudezernenten zugeordnet, der mit der Neuschaffung der Zwischenebene entlastet werden soll.“

Auf die Frage, ob inzwischen die Stelle eines Baudezernenten ausgeschrieben worden ist oder wann dies geschehen soll, antwortete Stadtsprecherin Katharina Reso, „die Umstrukturierung im Baubereich ist derzeit noch im Gange, so dass ich Ihre Fragen momentan noch nicht im einzelnen beantworten kann“.

Was passiert, wenn der Stadtrat die Nachtragssatzung zum Haushalt 2018 ablehnt? Helena Musall von der Pressestelle des Landratsamtes Meißen, das die Rechtsaufsichtsbehörde für die Stadt Meißen ist, verweist ebenfalls auf die sächsische Gemeindeordnung. Dort ist im Paragrafen 52 festgelegt, „dass der Bürgermeister Beschlüssen des Gemeinderats widersprechen muss, wenn er der Auffassung ist, dass sie rechtswidrig sind.“ Oberbürgermeister Raschke müsste dann spätestens vier Wochen nach der ersten Sitzung eine zweite zum Thema einberufen und erneut abstimmen lassen. Ist nach Ansicht des Bürgermeisters auch der neue Beschluss rechtswidrig, muss er ihm erneut widersprechen und unverzüglich die Entscheidung der Rechtsaufsichtsbehörde über die Rechtmäßigkeit herbeiführen.