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Ohne einen Pfennig aus dem Westen

Bodenständig, klug, sozial: So handelt Reiner Schubert, der mit seinem Metallbaubetrieb auch Regierungen die Hand führt.

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© Wolfgang Wittchen

Von Frank Seibel

Die Verbindung zur bayerischen Staatsregierung hat Reiner Schubert teuer bezahlt. Wenn der riesenhafte Mann im modernen Bürohaus seiner Firma die Treppe hinauf in sein Büro geht, dann wird er vom selben stählernen Handlauf flankiert wie der bayerische Ministerpräsident auf dessen Weg zur Arbeit. Fast 25 Jahre ist es her, dass Reiner Schubert mit seinen Leuten diesen speziellen Handlauf montiert hat, von dem ein paar Hundert Meter in München verbaut wurden und der Rest hier im Gewerbegebiet in Markersdorf, wenige Kilometer westlich von Görlitz.

Der elegant gebürstete Stahl erinnert Reiner Schubert immer daran, dass Höhen und Tiefen, Erfolg und Sorgen ganz nah beieinander liegen. Denn mit seiner damals noch jungen Firma war er nur ein Sub-Unternehmer, und die Baufirma, für die er arbeitete, ging pleite, bevor er sein Geld bekam. „Wir haben damals eine Million D-Mark eingebüßt. Das war heftig.“

Aber Reiner Schubert ist zäh, umtriebig und einfallsreich. Also gibt es seine Firma heute noch. Das allein ist noch nicht so außergewöhnlich. Dass der studierte Mathematiker und gelernte Landmaschinenschlosser aber einen DDR-Betrieb ohne einen Pfennig Anschubhilfe von der Treuhand oder einem Geldgeber aus dem Westen in die neue Zeit gerettet und zu einem Vorzeigebetrieb in der Oberlausitz entwickelt hat, das ist wirklich eine Rarität. Der Spross einer Familie von Landwirten im nahen Friedersdorf ist zwar nicht auf den Mund gefallen – aber er mag keine großen Sprüche. Das aber macht ihn schon stolz, sagt der nun 65 Jahre alte Unternehmer.

Und manchmal lässt er vor seinem geistigen Auge vorüberziehen, was seine Metallbau Schubert GmbH in den beinahe 27 Jahren ihres Bestehens alles geschafft hat. Das edle Treppengeländer in der bayerischen Staatskanzlei ist eine Kleinigkeit verglichen mit einer wabenförmigen Stahlkonstruktion unter dem Dach des jüdischen Zentrums in München. Schuberts Firma hat ein Fünf-Sterne-Hotel in Hamburg mit einer Stahl-Glas-Fassade versehen. Die Stahlträger im gläsernen Plenarsaal des Sächsischen Landtages stammen ebenfalls aus Schuberts Fabrik. Seine Firma hat schon in den USA gearbeitet, in Südafrika und in Schweden. „Da staunt dann schon mancher: Ui, das kommt alles aus dem kleinen Markersdorf.“ Das gilt auch für die mittlerweile fast 150 Mitarbeiter. „Es ist gut, wenn die Leute hier vorbeifahren und stolz sagen: Hier arbeite ich.“

Hier, das ist ein beachtliches Areal an der Bundesstraße, die Görlitz mit Löbau und Bautzen verbindet und in Dresden zur Bautzener Landstraße wird. Der Grund, auf dem die Produktionshallen samt Bürotrakt stehen, ist 8 000 Quadratmeter groß. Dazu kommt eine große Freifläche mit Parkplätzen. Alles ist zweckmäßig und schlicht – nur einmal hat Reiner Schubert ein bisschen übertrieben, wie er selbst sagt. Die Kantine ist groß und geradezu luxuriös. Schubert schmunzelt: Aber wir haben uns das geleistet. Und in einer Hinsicht ist dieser hohe Speisesaal mit der Glasfront wiederum typisch für den Unternehmer. Reiner Schubert fand, dass die Mitarbeiter nicht mehr in beinahe fensterlosen Kellerräumen ihre Pausen verbringen sollten. Das ist auch eine Frage der Wertschätzung für die Mitarbeiter.

Schubert ist ein bodenständiger Mann. Und dazu gehört eine Klugheit, die über den Tabellenrand hinausblickt. In unmittelbarer Nachbarschaft von Großkonzernen wie Siemens und Bombardier kennt der Mittelständler seine Schwäche: Die dort üblichen Löhne und Gehälter kann er nicht zahlen. Aber er weiß auch, dass es andere Faktoren gibt, die einen Arbeitsplatz attraktiv machen. So bezahlt die Firma seit neun Jahren die Kita-Gebühren, um die niedrigeren Löhne junger Mitarbeiter etwas auszugleichen. Und regelmäßig kommt eine Physiotherapeutin in die Firma; die Mitarbeiter müssen die Behandlung nur zur Hälfte bezahlen. Außerdem gibt es seit Jahren eine kostenfreie Rückenschule, an der auch der Chef teilnimmt.

Sohn und Tochter wollen folgen

Zur sozialen Verantwortung, die er als „Dorfkind“ gelernt hat, gehört auch, dass Metallbau Schubert regelmäßig junge Menschen ausbildet. In jedem Jahr nimmt er mindestens drei neue Lehrlinge auf, sagt Schubert. 83 waren es bislang. 64 haben ihre Prüfungen, zum Teil mit Bestnoten, bestanden. In all den Jahren habe er nur fünf Gesellen nicht übernommen. Derzeit sind 14 Azubis bei der Metallbau Schubert GmbH beschäftigt.

Reiner Schubert trifft gerne frühzeitig klare Entscheidungen. So wie 1990, als sich die Produktionsgenossenschaft des Handwerks (PGH), für die er schon viele Jahre gearbeitet hatte, neu sortieren musste. Als er gefragt wurde, ob er nicht den Stahl- und Metallbaubetrieb mit damals 80 Mitarbeitern leiten wolle, willigte er ein. Aber er hielt eine Genossenschaft mit vielen Teilhabern für ungeeignet. Wenn, dann sollte es einen Eigentümer geben: ihn.

So wie seinen Einstieg, hat er auch seinen Ausstieg aus seiner Firma längst geklärt. Schon vor neun Jahren hat sein Sohn erklärt, in das Unternehmen einsteigen zu wollen, zwei Jahre später auch seine Tochter, die derzeit noch verschiedene Stationen des Unternehmens durchläuft. Vermutlich im kommenden Jahr wird die nächste Generation so fit sein, dass Reiner Schubert loslassen kann. „Ich werde auch kein Kapital aus der Firma mitnehmen. Ich habe bislang keine Jacht gebraucht und werde das auch im Ruhestand nicht brauchen. Ich bekomme eine gute Rente. Das wird reichen.“

Außerdem wurden unter anderen vorgeschlagen:

Dr. Alexander Trommen, Appsfactory GmbH, Leipzig; Giuseppe Pasini, ESF Elbe-Stahlwerke Feralpi GmbH, Riesa; Karl Herzog, Landfleischerei & Catering, Spitzkunnersdorf; Uwe Kunzmann, Elektrotechnik, Zwönitz.