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Nur Impfen hilft gegen die Seuche

Bundesweit gilt Virenalarm für Kaninchen. Die Züchter in Radeburg und Umfeld nehmen die tödliche Krankheit ernst.

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© Norbert Millauer

Von Ulrike Keller

Radeburg. Ohne Pikser unter die Haut keine Chance. Das ist der Radeburger Kaninchenzüchterin Sylvia Schäfer sehr bewusst. RHD oder Chinaseuche heißt die gefürchtete Hasenkrankheit, die wieder in ganz Deutschland grassiert. Das Gefährliche ist, dass sie hochansteckend ist und sich allein über Mücken und Fliegen überträgt. Auch die menschliche Kleidung reicht, um die Viren in den eigenen Stall zu schleppen.

„Vergangenes Jahr sind bei unseren Mitgliedern über 70 Tiere daran gestorben“, erzählt Sylvia Schäfer, die sich als Ausstellungsleiterin im Rassekaninchenzüchterverein S 431 Radeburg und Umgebung engagiert. Alles ungeimpfte oder zu spät geimpfte Tiere. „Und wenn das Virus in einen Bestand einschlägt, verliert man innerhalb kürzester Zeit 80 bis 100 Prozent der Tiere.“ Darum wartet sie mit dem Schutz ihrer jungen Kalifornier keinen Tag länger als nötig. Schließlich will sie den rassigen Nachwuchs kerngesund am 3. Advent zur Bundeskaninchenschau ausstellen. Höhepunkt aller Züchter, obendrein, da sie erstmalig in Sachsen stattfindet. Dieses Leipziger Jahresend-Ereignis fest im Blick, lässt sie also ihre Aprilscherze, wie sie die am 1. April geborenen Kaninchenbabys nennt, schon jetzt impfen.

„Im Alter von sechs Wochen ist ein günstiger Zeitpunkt für die erste Immunisierung“, sagt die Radeburger Tierärztin Katja Nitsche. In drei Wochen spritzt sie die Kleinen dann ein weiteres Mal mit dem gleichen Impfstoff, einem deutschen. Die zweite Ladung ist nötig, nachdem die RHD-Viren inzwischen mutiert sind. Die Fachleute sprechen deshalb von RHD 2.

„Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass die Tiere nach der ersten Impfung ausreichend Schutz gegen die normale RHD haben, aber noch keinen vollen Schutz gegen die RHD 2“, erklärt die Veterinärmedizinerin. Erst nach der nochmaligen Impfung liege der Schutz bei 99 Prozent. Die Sterblichkeitsrate sei dann sehr gering.

Auch ein neuer Impfstoff aus Frankreich ist auf dem Markt. Er ist deutlich teurer als der deutsche. Katja Nitsche hat Studien zur Wirksamkeit der verschiedenen Mittel gelesen und mit dem Verein das Preis-Leistungs-Verhältnis abgewogen. So fiel die Entscheidung auf das Impfschema mit dem deutschen Pharmaerzeugnis. „Das ist bezahlbar“, findet Sylvia Schäfer. „Wenn es doppelt so teuer wäre, würde sich das Hobby nicht mehr rechnen.“

Bis nach der ersten Impfung genügend Immunität aufgebaut ist, vergehen sieben bis zehn Tage. In diesen ist noch höchste Vorsicht geboten. Sylvia Schäfer züchtet seit 27 Jahren und weiß, wie wichtig dabei auch gute Haltungsbedingungen sind.

Sauberes Wasser und saubere Einstreu hält sie für das A und O, damit die Tiere gar nicht erst Darmerkrankungen entwickeln. „Denn die sind der Einstieg für alles.“ Auch ein gesundes Umfeld sei entscheidend, sagt sie. Hunde wie Katzen in der Nähe sollten entwurmt und geimpft sein, Schädlinge wie Mäuse bekämpft werden. „Es sind immer ähnliche Viren, die das Immunsystem der Kaninchen schwächen und empfänglicher für andere Viren machen“, erklärt Tierärztin Katja Nitsche.

Hat sich ein Langohr mit RHD-Viren infiziert, verläuft die Krankheit extrem schnell und ohne äußere Symptome. „Abends sitzen die Kaninchen noch im Stall und morgens liegen sie tot da“, weiß Sylvia Schäfer von betroffenen Züchtern. Ein deutliches Anzeichen für RHD ist Blut um Nase und Mund des toten Tiers. Denn die Krankheit sorgt für innere Blutungen in allen Organen und führt zum Ersticken, nachdem Blut in die Lunge gelangt ist.

Sobald dies offensichtlich ist, appelliert Sylvia Schäfer an die Halter, Kadaver keinesfalls in der Natur zu entsorgen. „RHD-Viren halten sich acht Monate, auch bei Frost“, betont sie. Würden Kaninchen auf dem Grundstück vergraben, in den Stallmist gegeben oder gar in den Wald zum Fuchs gebracht, breite sich die Seuche weiter aus.

Dann spricht sie auch als Geschäftsführerin des Zweckverbands für Tierkörperbeseitigung Sachsen in Lenz und kann das Argument anfallender Kosten leicht entkräften: „Für den Tierkörper von Kaninchen berechnen wir fünf Cent pro Kilo“, sagt sie. „Wir holen ihn sogar ab.“ Was zähle, sei, dass die Keime völlig abgetötet werden und die Ansteckungskette unterbrochen wird.