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Nummer statt Name am Klingelschild?

Die neue Datenschutzverordnung treibt Blüten. Die hiesigen Wohnungsgesellschaften haben dazu eine klare Meinung.

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© dpa/Ole Spata

Von Peter Redlich und Peter Anderson

Radebeul/Meißen. Darf der Vermieter die Namen der Mieter ans Klingelschild vom Haus schreiben? Das Thema geht gerade durch die Medien und beschäftigt Datenschutzbeauftragte. Der Anlass: Ein Mieter in Wien hatte dagegen geklagt, weil der Vermieter dessen Namen am Klingelschild angebracht hatte. Der Kläger beruft sich auf die neue europaweit geltende Datenschutzverordnung (DSGVO). Jetzt wird in Österreich überreagiert. Tausende Namen werden getilgt und gegen Nummern getauscht.

Die Thematik ist mittlerweile auch in Sachsen und Thüringen angekommen. Thüringens Landesbeauftragter für den Datenschutz, Lutz Hasse, sagte im MDR: Klingelschilder dürfen nicht ohne Zustimmung der Betroffenen mit einem Namen versehen werden. Namen auf dem Klingelschild seien personenbezogene Angaben. Diese würden vom Vermieter an eine unbekannte Zahl Dritter übermittelt. Deshalb sei dafür eine Vereinbarung zwischen Vermieter und Mieter nötig.

Aus Sicht der Meißner Wohnungsgesellschaft Seeg besteht allerdings kein Handlungsbedarf. „Das Entfernen der Namen könnte zu Problemen und Verzögerungen bei der Postzustellung oder bei einem Einsatz des Rettungs- oder Pflegedienstes führen“, teilt Sprecher David Csazar auf SZ-Anfrage mit. Sollte ein Mieter das Löschen seines Namens verlangen, komme die Seeg dem gern nach. In diesem Fall würde das Unternehmen den Namen durch die Wohnungsnummer ersetzen.

Gesichert sehen die Meißner ihre Position zusätzlich durch ein Schreiben des Verbandes der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft in Sachsen, welchem die Seeg angeschlossen ist. Darin heißt es: Das Anbringen eines Namenschildes sei keine automatisierte Verarbeitung. Ungeachtet dessen dürfte es zur Wahrung der berechtigten Interessen des Vermieters oder der eines Dritten erforderlich sein.

Weitere Vermieter von Wohnungen hier in der Region mit großen Klingelschildern sind die Wohnungsgenossenschaft Lößnitz Radebeul, die Volkssolidarität Elbtalkreis, die Wohnbau- und Verwaltungs-GmbH Coswig (WBV) und die Besitzgesellschaft Radebeul. Dort nachgefragt, sagte Thomas Vetter von der WG Lößnitz: „Die Namen einheitlich aufs Klingelschild zu schreiben, ist ein Service von uns. Bisher hat dem noch kein Mieter widersprochen.“ Vetter nennt die Forderung weltfremd. Wie soll denn sonst ein Postbote oder der Pflegedienst die richtige Adresse finden.

Frank Stritzke, Geschäftsführer der Volkssolidarität, kennt in diesem Zusammenhang auch noch keine Probleme mit den Bewohnern. Name und Bewohner schnell zu finden, ist allein schon notwendig für den Rettungsdienst, sagt er. Stritzke: „Allerdings merken wir, dass das Sicherheitsbedürfnis unserer Bewohner zunimmt. Das bezieht sich jedoch auf Haustürgeschäfte, mit denen unsere Rentner belästigt werden. Die Volkssolidarität arbeite deswegen enger mit dem Sicherheitsdienst zusammen.

In der WBV Coswig kennt die technische Leiterin Kerstin Richter bereits das Thema Namen an Klingelschildern gut. Sie sagt: „Wir haben eine Datenschutzbeauftragte im Unternehmen und die Sache schon geprüft. Bislang gab es niemanden, der seinen Namen nicht am Schild haben will.“ Die Namen bleiben also weiter wie gehabt an den Klingeln stehen.

Aus der Besitzgesellschaft Radebeul heißt es dazu: „Der Besitzgesellschaft der Stadt Radebeul mbH (BZGR) liegen derzeit keine Anfragen oder Forderungen unserer Mieter vor, den Namen von der Klingel zu entfernen. Vielmehr dürfte ein Interesse des Mieters bestehen, sein Klingelschild angemessen beschriftet zu sehen, da sonst zum Beispiel die Postzustellung schwierig ist und ein Paketbote nicht weiß, wo er das Päckchen abgeben muss. Das Päckchen kommt somit beim Adressaten nicht an, oder man denkt beispielsweise an gesundheitliche Notsituationen eines Mieters.“ Falls keine Namensschilder existieren, kann der Notarzt nicht schnell erkennen, wo er den Notfall findet und es vergehen mitunter kostbare Minuten, die im Nachhinein fehlen können, schreibt Geschäftsführerin Angela Sonchocky-Helldorf.

Besonnenheit in die Debatte bringt auch Bernhard Bannasch. Er ist in Sachsen stellvertretender Landesbeauftragter für Datenschutz und vertritt eine ähnliche Ansicht wie der Wohnungswirtschaftsverband. „Wir sind hier anderer Auffassung als der Thüringer Landesbeauftragte für Datenschutz“, so Bannasch. Berücksichtigt werden müsse in der Gesamtbetrachtung, dass Dienstleister, Zustelldienste, Rettungsdienste regelmäßig auf die Namensbeschriftungen angewiesen sind.