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Nummer statt Name?

Ein Mieter will seinen Namen nicht am Klingelschild lesen. Die Vermieter in der Region haben dazu eine klare Meinung.

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© dpa

Von Peter Redlich und Stefan Lehmann

Riesa/Radebeul. Darf der Vermieter die Namen der Mieter ans Klingelschild vom Haus schreiben? Das Thema geht gerade durch die Medien und beschäftigt Datenschutzbeauftragte. Der Anlass: Ein Mieter in Wien hatte dagegen geklagt, weil der Vermieter dessen Namen am Klingelschild angebracht hatte. Der Kläger beruft sich auf die neue europaweit geltende Datenschutzverordnung. Jetzt wird in Österreich überreagiert und Tausende Namen entfernt und gegen Nummern getauscht.

Die Thematik ist mittlerweile auch in Sachsen und Thüringen angekommen. Thüringens Landesbeauftragter für den Datenschutz, Lutz Hasse, sagte im MDR: Klingelschilder dürfen nicht ohne Zustimmung der Betroffenen mit einem Namen versehen werden. Namen auf dem Klingelschild seien personenbezogene Angaben. Diese würden vom Vermieter an eine unbekannte Zahl Dritter übermittelt. Deshalb sei dafür eine Vereinbarung zwischen Vermieter und Mieter nötig. Bei den Großvermietern im Landkreis herrscht dazu eine eindeutige Meinung vor. Dort nachgefragt, sagt Thomas Vetter von der Wohnungsgenossenschaft Lößnitz: „Die Namen einheitlich aufs Klingelschild zu schreiben, ist ein Service von uns. Bisher hat dem noch kein Mieter widersprochen.“ Vetter nennt die Forderung weltfremd. Wie soll denn sonst ein Postbote oder der Pflegedienst die richtige Adresse finden.

Die gleiche Meinung vertritt der Vorsitzende der Wohnungsgesellschaft Riesa (WGR), Roland Ledwa. Es sei ja nicht damit getan, an den rund 4 700 Wohnungen der WGR die Namensschilder zu entfernen. „Man müsste ja auch ein neues Zustellungssystem entwickeln.“ Sprich: Jede Nummer an der Klingel müsste bei den Zustellern wiederum so hinterlegt werden, dass Post und Pakete auch ohne den Namen ankommen. Ein immenser Aufwand und in kürzerer Zeit kaum zu machen. Darüber hinaus äußert Ledwa Bedenken, auch ein kriminelles Klientel könne die zusätzliche Anonymität ausnutzen. Bisher sei die Debatte um Namen am Klingelschild noch kein Thema beim Riesaer Vermieter. Und wenn sich jemand bei der WGR beschweren sollte? „Dann werden wir das mit Augenmaß betrachten“, betont Ledwa.

Frank Stritzke, Geschäftsführer der Volkssolidarität Elbtalkreis, kennt in diesem Zusammenhang auch noch keine Probleme. Name und Bewohner schnell zu finden, sei allein schon notwendig für den Rettungsdienst, sagt er. „Allerdings merken wir, dass das Sicherheitsbedürfnis unserer Bewohner zunimmt. Das bezieht sich jedoch auf Haustürgeschäfte, mit denen unsere Rentner belästigt werden.“ Die Volkssolidarität arbeite deswegen enger mit dem Sicherheitsdienst zusammen. In der Wohnbau- und Verwaltungs-GmbH Coswig kennt die technische Leiterin Kerstin Richter das Thema bereits gut. Sie sagt: „Wir haben eine Datenschutzbeauftragte im Unternehmen und die Sache schon geprüft. Bislang gab es niemanden, der seinen Namen nicht am Schild haben will.“ Sie bleiben also weiter, wie gehabt, an den Klingeln stehen.

Besonnenheit in die Debatte bringt Bernhard Bannasch. Er ist in Sachsen der stellvertretende Landesbeauftragte für Datenschutz. Bannasch: „Wir sind hier anderer Auffassung als der Thüringer Landesbeauftragte für Datenschutz.“ Auf der Webseite steht deshalb auch der folgende aktuelle Eintrag: Der Sächsische Datenschutzbeauftragte weist darauf hin, dass die Beschriftung von Klingelleisten mit dem Namen eines Mieters nach der Datenschutz-Grundverordnung nicht unzulässig ist.

Der Sächsische Datenschutzbeauftragte sagt: „Berücksichtigt werden muss in der Gesamtbetrachtung, dass Dienstleister, Zustelldienste, Rettungsdienste regelmäßig auf die Namensbeschriftungen angewiesen sein werden, sodass die Beschilderung im Geschäftsverkehr regelmäßig im Interesse der Vermieter, Hausverwalter und Mieter sein wird.“ Briefkästen weisen ohnehin Beschilderungen mit den Namen auf. So werden überwiegend keine zusätzlichen Daten verbreitet, wenn Namensbezeichnungen auf Klingelschildern bestehen bleiben.

Falls es doch Personen geben sollte, die ihren Namen nicht auf dem Klingelschild haben wollen, dann habe der Sächsische Datenschutzbeauftragte hiergegen keine Einwände. So weit die Mieter oder Bewohner den Inhalt der Beschriftung selbst vornehmen und verantworten, stellt sich die Frage überhaupt nicht, sagt Bannasch.