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Notfallpläne für die Rüsselpest

Die Schweineseuche aus Afrika macht sich erst mal in Osteuropa breit. Der Sprung in den Landkreis ist jederzeit möglich.

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© dpa/Stefan Sauer

Von Jörg Stock

Sächsische Schweiz. Stefan Normann ist erst 28 und schon Landwirt mit Leib und Seele. Vor fünf Jahren übernahm er den Betrieb des Großvaters in Blankenstein bei Wilsdruff. Bis zu 150 Schweine stehen im Stall. Geschlachtet und verkauft wird beim Fleischer im nächsten Ort. Das läuft gut, sagt der Bauer. Die Leute haben wieder Sinn fürs Regionale.

Sorgen macht ihm, was von Osten her auf Sachsen zurückt: die Afrikanische Schweinepest. Normann tut, was er kann: Tiere und Futter gut wegschließen, vor dem Gang in den Stall die Kleidung wechseln, keine Fremden reinlassen. Es muss aber nur ein Wildschwein irgendwo ein verseuchtes Wurstbrot fressen und zugrunde gehen – schon könnte sein Hof in der Bannmeile liegen. Was das bedeuten würde? Er weiß es nicht genau. Nichts Gutes jedenfalls. „Die Angst davor ist schon groß.“

Die Seuche lebt: Baltische Staaten und Polen sind die Brennpunkte

Die baltischen Länder und vor allem Polen melden nach wie vor regelmäßig Fälle von Afrikanischer Schweinepest, fast immer bei Wildschweinen. In Polen waren es seit Jahresbeginn über 1 200 Fälle. In Ungarn wurde die Seuche erstmals vorigen Monat festgestellt. Der von Sachsen aus gesehen nächstgelegene Seuchenherd liegt im Osten Tschechiens. Dort wurden seit Sommer 2017 etwa 230 an der Schweinepest verendete Wildschweine gezählt.

Die Überwachung: Blutproben von jedem verendeten Wildschwein

Kommt die Seuche, wird sie wahrscheinlich zuerst bei den Wildschweinen auftreten. Da fast alle erkrankten Tiere nach kurzer Zeit verenden oder infolge ihrer Schwäche auf der Straße angefahren werden und sterben, sind diese Kadaver entscheidend für die Überwachung. Mit Tupfern nehmen die Jäger oder das Veterinäramt Blutproben. Binnen zweier Tage gibt es Gewissheit von der Landesuntersuchungsanstalt, ob Schweinepestbefall vorliegt. Im zweiten Halbjahr 2017 wurden 18 Tupfer aus dem Landkreis getestet, ohne Befund.

Im Seuchenfall: Ringsystem um die Ausbruchsstelle

Wird ein Kadaver positiv getestet, ist binnen 24 Stunden eine sogenannte Restriktionszone um den Fundort zu ziehen im Radius von mindestens acht Kilometern. Daran schließt sich eine Pufferzone an, wiederum wenigstens acht Kilometer breit. Welche Maßnahmen in diesen Zonen konkret getroffen werden, legt eine Sonderkommission des Freistaats gemeinsam mit der Veterinärbehörde des Landkreises fest. Definitiv wird es Restriktionen beim Transport von Schweinen und Schweine-Erzeugnissen geben sowie eine engmaschige Untersuchung der Tiere. Das Veterinäramt rechnet damit, dass der Handel allenfalls noch regional möglich ist. Die Beschränkungen würden sehr wahrscheinlich einige Monate lang in Kraft bleiben.

Unnötige Angst: Menschen können weiter Schweinebraten essen

Laut Landratsamt kommt die Afrikanische Schweinepest zunehmend im Bewusstsein der Einwohner an. Dass die Tierkrankheit und selbst infiziertes Fleisch für Menschen völlig ungefährlich seien, wisse aber immer noch nicht jeder, sagt Amtstierärztin Benita Plischke. Das schlage sich bei den Preisen für Wildschweinfleisch nieder, die eingebrochen seien. „Das Fleisch von Wildschweinen ist nach wie vor ein sicheres und gesundes Lebensmittel.“

Jagd auf die Überträger: Abschuss von Wildschweinen deutlich gestiegen

Der Bundesbauernverband hatte zu Jahresbeginn den Abschuss von 70 Prozent aller Wildschweine quasi als Prophylaxe gegen die Seuche gefordert. Eine derartig starke Reduktion hält die Veterinärbehörde zwar für wünschenswert, aber nicht für realistisch. Immerhin hat der Abschuss von Wildschweinen in der Sächsischen Schweiz und dem Osterzgebirge deutlich zugenommen. Im Jagdjahr 2017/18 wurden fast 4 400 Exemplare erlegt, so viele wie in den fünf Jahren zuvor nicht. So waren es 2016/17 nur gut 2 900 gewesen. Die Abschüsse im Staatswald kommen noch dazu. Konkrete Zahlen für das jüngste Jagdjahr stünden zwar noch aus, heißt es von Sachsenforst in Graupa. Doch stehe fest, dass die Schwarzwildstrecke gestiegen sei. Groben Schätzungen zufolge leben im Kreisgebiet an die 12 000 Wildschweine.

Schalldämpfer und Fallen: Jäger sehen darin kaum einen Nutzen

Um die Wildschweine noch stärker zu dezimieren, erlaubt das Jagdgesetz seit Januar Schalldämpfer und Fallen. Den Jägern bringt das wenig, sagt Karl-Heinz Böhme, Jagdverbandschef in der Sächsischen Schweiz. Für viele Waffen gebe es gar keine passenden Schalldämpfer und tierschutzgerechte Wildschweinfallen seien viel zu teuer. „Wir sind noch nicht da, wo wir hinwollen“, sagt er. Der beste Weg aus seiner Sicht: eine Abschussprämie. Selbst in symbolischer Höhe würde sie die Jäger motivieren, denkt er. Bisher gibt es keine Anzeichen, dass der Landkreis solche Prämien zahlt. Immerhin ist die amtliche Pflichtuntersuchung erlegter Wildschweine, die Trichinenschau, die bisher knapp zehn Euro kostete, nun für alle Jäger gratis.