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Nie wieder „Gute Laune“

Nach fast 50 Jahren setzt das Freitaler Stadtkulturhaus die Unterhaltungsshow ab. Keine Veranstaltungsreihe in der Region hat eine derart lange Tradition.

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© privat

Von Heinz Fiedler

Freital. Es ist ein Abschied, mit dem man rechnen musste. Vergeblich hatte sich das von Angelika Schminder geleitete Team des Stadtkulturhauses gegen ein Ende der 47-jährigen Veranstaltungsreihe „Gute Laune in Freital“ zur Wehr gesetzt. Mit einer Rosengala, gesteuert von Kathrin und Peter sowie Spaßmacher Hansi Vogt alias Frau Wähner, klang die Spielzeit 2017/18 aus. Wie jetzt feststeht, war es die letzte Ausgabe des einstigen Flaggschiffes der einheimischen Unterhaltungskunst. Für die gerade noch 106 Anrechtsinhaber sicher ein schmerzlicher Augenblick.

In den 70er-Jahren in Ost und West spitze: das Hemmann-Quintett. Das Ensemble gastierte seinerzeit wiederholt in der „Guten Laune“.
In den 70er-Jahren in Ost und West spitze: das Hemmann-Quintett. Das Ensemble gastierte seinerzeit wiederholt in der „Guten Laune“.
Noch in diesem Monat erhält jeder Freitaler Haushalt mit dem Stadtanzeiger eine Vorschau des Stadtkulturhauses.
Noch in diesem Monat erhält jeder Freitaler Haushalt mit dem Stadtanzeiger eine Vorschau des Stadtkulturhauses.

Von Jahrgang zu Jahrgang hatte sich die Schar der Stammbesucher verringert. Ein Absturz, den die Chefetage des Hauses nicht länger mehr gelassen zur Kenntnis nehmen konnte. Veranstaltungen kosten Geld, und natürlich müssen auch Kulturstätten effektiv arbeiten. Ein schwieriges Unterfangen, denn respektable bezahlbare Programme sind seit der Wende Mangelware.

Vorübergehend aufwärts

Freitals „Gute Laune“ kommt auf Anregung des damaligen Kulturhausleiters Günther Grundmann im Januar 1969 mit Heinz-Florian Oertels „Schlager einer kleinen Stadt“ zur Welt. Ein Auftakt nach Maß. Gepflegt wird fortan eine Veranstaltungsform, die nichts anderes als eine Variante des lange Zeit beliebten bunten Abends ist. Ihr Erfolgsrezept: möglichst viele Varieté-Genres in einem Programm, die einzelnen Darbietungen von einem Conférencier im heiter-verbindlichen Plauderton vorgestellt.

Mit der Konzert- und Gastspieldirektion (KGD) als Partner geht Grundmanns Rechnung rasch auf. Die KGD arrangiert monatlich prominent besetzte Programme. Alles, was Rang und Namen hat, aber im Wesentlichen nur in den Grenzen der DDR auftreten darf, gastiert in der Döhlener Lutherstraße. Vom grandiosen O. F. Weidling bis zu Akrobaten und Tanzgirls. Von der schlagersingenden Branche fehlt kaum einer.

Schon nach kurzer Zeit freut man sich im Kulturhaus über acht Anrechtsringe und eine Sondervorstellung für das Edelstahlwerk. Über 4 000 Freunde der leichten Muse erwerben ein Anrecht. Fürwahr ein stolzes Ergebnis, das freilich keinen Bestand hat. Wie bereits angedeutet, dreht sich mit der Wende der Wind und offenbar der Publikumsgeschmack.

Der gute alte bunte Abend kommt aus der Mode, die Konzert- und Gastspieldirektion löst sich auf, die Qualität der gebotenen Programme sinkt. Die „Gute Laune“ ist von der Besetzung her nur noch zweitrangig. Zwar versucht die Direktion des Hauses, mit Kontakten zu Senioreneinrichtungen den Abwärtstrend zu stoppen.

Liebesmüh‘, die nichts einbringt. Ältere Anrechtsinhaber müssen aus gesundheitlichen Gründenhzg aussteigen, Leute vor und jenseits der 30 fühlen sich nicht angesprochen. Der Kreis der Stammbesucher nimmt empfindlich ab und hat einen nicht mehr akzeptablen Tiefstand erreicht.

Wolfgang Bensch, Vorsitzender des Kulturvereins, Träger der Freitaler Bühne, blieb es zur Finalvorstellung vorbehalten, einen Nachruf auf die „Gute Laune“ anzustimmen. Sein Dank galt den Stammbesuchern für erwiesene Treue und den Mitarbeitern des Hauses für Mühe und Aufwand um eine Veranstaltungsreihe, die dem Stadtkulturhaus durchaus zur Ehre gereichte. Fakt bleibt: Weit und breit kann sich keine Kulturstätte auf eine so langlebige Veranstaltungsfolge berufen.

Auf ein Neues

Noch ein kurzer Blick zurück. Das verflossene Kalenderjahr wird von Angelika Schminder unter zufriedenstellend eingestuft: „40 300 Personen besuchten unser Haus. Natürlich war die Auslastung unterschiedlich. Neben ausverkauften Vorstellungen mussten wir uns auch mit mäßiger Resonanz abfinden.“

Inzwischen ist der Start in die Spielzeit 2018/19 näher gerückt. Zum Auftakt gibt es am 14. September einen Kabarettabend mit Robert Kreis. Im Übrigen soll die gute Laune auch ohne die Anrechts-Reihe eine Rolle spielen. Entsprechende Programme sind disponiert. Nächste Theateraufführung: die Strauss’sche „Nacht in Venedig“. Im Zusammenwirken mit einheimischen Bildungsstätten wird die Schultheaterwoche zum siebenten Mal aufgelegt. Wir dürfen uns auf Gastspiele der Elbland Philharmonie und auf den ersten Freitaler Kunsthandwerkermarkt freuen. Für die Musicalfans gibt es „Die Schöne und das Biest“. Das Puppentheater spielt ganzjährig in der „Laterne“. Die Kasse hat bereits seit vergangenem Dienstag geöffnet.

Welche Stars und kuriosen Geschichten die „Gute Laune“ nach Freital brachte, lesen Sie in der morgigen Ausgabe. Die Heimatgeschichte widmet sich dem besonderen Veranstaltungsformat.