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Nicht mehr ganz sauber

Uwe Rischer leitet ein Gebäudereinigungsunternehmen – dachte er. Die Sozialkasse Bau wird der Firma nun gefährlich.

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© Sven Ellger

Von Jana Mundus

Wenn Uwe Rischer durch ein Gebäude geht, schaut er meist nach unten. Er ist nicht unhöflich. Ihn interessieren allerdings die Böden: Dunkle Flecken auf hellem Stein, matte Stellen auf Kunststoffbelägen, die eigentlich glänzen sollten. So etwas zu entfernen, ist nun mal Rischers Beruf. Der 46-Jährige ist Geschäftsführender Gesellschafter der Dresdner Lupoclean GmbH. Das Unternehmen mit derzeit zehn Mitarbeitern bietet Gebäudereinigung für die wirklich kniffligen Fälle an. Vor allem für Steinfußböden sind sie Experten. Die reinigen sie nicht nur. Auf Wunsch bringt Lupoclean auch eine Imprägnierung auf, die die Böden widerstandsfähiger machen soll. Doch genau das wird dem Unternehmen nun zum Verhängnis.

Ein Erzgebirgler entwickelte die geheime Rezeptur für das chemische Mittel gemeinsam mit einem Fraunhofer-Institut. 2009 sicherte sich Lupoclean das Patent dafür. Es war der Grundstein für die damalige Firmengründung. Im Handel ist es nicht erhältlich. Die Firma stellt es selbst her und wendet es auf Kundenwunsch an. „Das ist bei Weitem nicht bei jedem Auftrag der Fall“, erklärt Rischer.

Schon seit Jahren ist Lupoclean beispielsweise auch auf den großen Kreuzfahrtschiffen wie der Aida-Flotte unterwegs. Auf mehrwöchigen Fahrten von Zypern nach Hamburg oder von Shanghai nach Deutschland zurück reinigen die Mitarbeiter die arg strapazierten Teppichböden auf den Schiffen. Lupoclean versteht sich als Gebäudereinigungsfirma, zahlt den entsprechenden Tariflohn an ihre Beschäftigten. Doch im Jahr 2014 sieht jemand das ganz anders.

Für die Abrechnung eines Auftrags soll Rischer damals eine Bescheinigung vorlegen, dass Lupoclean keine Beiträge für die Sozialkasse Bau zahlen muss. Ursprünglich ins Leben gerufen wurde diese Versicherung, um die urlaubs- und beschäftigungsfreien Zeiten von Arbeitnehmern im Baugewerbe finanziell zu überbrücken. Der Arbeitgeber zahlt Beiträge ein, im Urlaubsfall eines Mitarbeiters zahlt die Kasse das Urlaubsgeld. „Die Sozialkasse schickte einen Prüfer, der uns mündlich bestätigte, dass wir nicht beitragspflichtig sind“, erinnert sich Rischer. Schriftlich bekommt er später allerdings mitgeteilt: Das Imprägnieren der Steinfußböden zählt zu den Betonschutzarbeiten – und das wäre nun mal Bau, also beitragspflichtig. Über 190 000 Euro soll Lupoclean für vier Jahre rückwirkend bezahlen. Eine Summe, die die Firma ins Trudeln bringen kann.

Uwe Rischer ist sauer, legt Widerspruch ein, zahlt nicht. Deshalb wird der Fall gerichtlich verhandelt. In erster Instanz bekommt Lupoclean recht. Dagegen legt die Sozialkasse Berufung ein. Der Prozess in zweiter Instanz läuft derzeit am Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg. Am ersten Verhandlungstag ließ der zuständige Richter schon durchblicken, dass auch er im Verwenden des Mittels eine Betonsanierung sieht.

Rischer hofft nun auf die Macht der Zahlen. Ein Baugewerbe hat derjenige, der solche Arbeiten hauptsächlich ausführt. „Aufträge, bei denen wir das Produkt verwenden, machen aber nur zehn Prozent unseres Umsatzes aus.“ Das Hauptgeschäft seien Reinigungsarbeiten und die Imprägnierung von elastischen Bodenbelägen. Hierin sieht auch sein Anwalt Maximilian Krah einen Fallstrick für die Entscheidung der Sozialkasse. „Der Tarifvertrag besagt eindeutig, dass nur Betriebe unter die Regelung fallen, welche die Leistungen überwiegend erbringen“, erklärt Krah. Er ist überzeugt, dass auch das zweite Gerichtsverfahren gewonnen wird.

Die Sozialkasse Bau hält dagegen. „Die Reinigungsarbeiten stellen aus unserer Sicht lediglich Zusammenhangstätigkeiten zu den im Wesentlichen als Sanierungsarbeiten zu qualifizierenden Haupttätigkeiten, nämlich den Beschichtungsarbeiten, dar“, erklärt Sprecher Torge Middendorf. Nach der ersten Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht sei man zuversichtlich, dass diese Auffassung Recht bekommt.

Uwe Rischer geht es indessen nicht nur um seine Firma. Es geht ihm ums Prinzip. „Ich denke, die Sozialkasse braucht dringend Geld.“ Um auf ihr Vorgehen aufmerksam zu machen, hat er seinen Fall bei einem Wettbewerb wider des Paragraphendschungels bei der Werner-Bonhoff-Stiftung eingereicht – und hofft auf den Sieg.