Merken

Neuer Anlauf für Draisinen-Strecke?

Die Diskussion zur Bahnstrecke zwischen Oderwitz, Herrnhut und Niedercunnersdorf ist lebhafter denn je.

Teilen
Folgen
© Dirk Zschiedrich

Von Anja Beutler

Was tun mit einer Eisenbahnstrecke, die seit 20 Jahren brach liegt? Eine Draisine draufsetzen und Fahrten anbieten. So hat es jetzt ein Investor zwischen Dürrröhrsdorf und Arnsdorf gemacht. Die neu eröffnete Draisinenstrecke ist die längste ihrer Art in Sachsen. Insgesamt acht Kilometer lang, führt sie auch über ein 30 Meter hohes Viadukt. Ein touristisches Highlight will Betreiber Ralf Schwanebeck mit diesem Angebot schaffen und hat die Strecke für 20 Jahre gepachtet.

Friedbert Scholz betreibt das Kaffeemuseum in Ebersbach und kann sich Draisinenverkehr auf der Herrnhuter Strecke vorstellen.
Friedbert Scholz betreibt das Kaffeemuseum in Ebersbach und kann sich Draisinenverkehr auf der Herrnhuter Strecke vorstellen. © Matthias Weber

Von einem solchen Coup hat auch Friedbert Scholz einst geträumt. Der Besitzer des Ebersbacher Kaffeemuseums wollte die Cunewalder Bahnstrecke nach Löbau als Draisinenstrecke betreiben. Mehrfach habe er damals das Gespräch gesucht, doch die Sache scheiterte am Ende an den finanziellen Vorstellungen. „Und so habe ich mich für den Hof in Ebersbach und das Kaffeemuseum entschieden“, sagt er. Sein Interesse am Thema Draisine erwachte nun aber im Zusammenhang mit der Diskussion um die Herrnhuter Strecke zwischen Oberoderwitz und Niedercunnersdorf. Auch hier ist seit 20 Jahren der Zugverkehr eingestellt, die Gleise liegen aber noch. Außerdem will die Deutsche Bahn die Strecke definitiv verkaufen. „Ich persönlich bin jetzt mit dem Kaffeemuseum gebunden, aber hat man denn mal an eine solche Lösung gedacht?“, fragt er in die laufende Diskussion um die Zukunft der Herrnhuter Bahnlinie hinein. Die Strecke, so findet Scholz, böte eine wunderbare Tagestour für Touristen, Draisinen seien mittlerweile erschwinglich und unterstellen könnte man sie im Bahnhof Obercunnersdorf, skizziert er. Zudem seien derzeit Gelder für touristische Projekte viel leichter locker zu machen als vor Jahren, fügt er an.

Nachgedacht hat man über das Thema in der Tat bereits – und zwar ziemlich konkret vor einigen Jahren nach der Stilllegung der Strecke 1998. Herrnhuts damaliger Bürgermeister Rainer Fischer hatte gemeinsam mit seinen Niederoderwitzer Amtskollegen Günther Jautze und Heinrich Huschebeck aus Obercunnersdorf vor, eine Draisine auf die Gleise zu schicken. Und nicht nur das: „Wir hatten damals Kontakt zu einer Zeppelingesellschaft in Friedrichshafen am Bodensee und planten, ein Luftschiff am Herrnhuter Bahnhof landen zu lassen“, erinnert sich der Alt-Bürgermeister. Wenn die Zeppelin-Passagiere ausgestiegen wären, hätten sie gleich eine Draisinen-Tour unternehmen können. Es habe sogar im Stadtrat Beschlüsse gegeben, so Fischer. „Am Ende hat uns das Luftschifffahrtsunternehmen abgesagt“, bedauert er. Das Risiko war den Zeppelin-Betreibern zu groß, da Herrnhuts Einzugsbereich zu klein und Dresden zu weit entfernt ist.

So blieb die Draisinen-Idee übrig, die immerhin der Freistaat unterstützte. Von Dresdener Verkehrswissenschaftlern ließ die Stadt als Diplomarbeit eine Studie anfertigen. Sie belegt, dass auf der Strecke durchaus Draisinen-Verkehr betrieben werden könnte – allerdings mit großem finanziellen Einsatz. Diese Studie hat Herrnhuts derzeitiger Bürgermeister Willem Riecke (Herrnhuter Liste) noch in der Schublade. Doch er hält sie aktuell nicht für realistisch und sinnvoll: „Das wäre eine sehr exklusive Nutzung“, kommentiert er solche Gedankenspiele. Dann würde er eher Eisenbahnverkehr auf der Strecke bevorzugen, das würde deutlich mehr Menschen zugutekommen. Generell gehört Riecke – nach all den vergeblichen Versuchen eines privaten Betreibers, den Bahnverkehr wiederzubeleben – eher zu den Befürwortern eines Radweges auf der Strecke. Das visiert auch der Landkreis an. Neun Millionen Euro Baukosten stehen dafür im Raum. Auch die Gemeinde Oderwitz hatte sich bislang für den Radweg offen gezeigt.

Der Dritte im Bunde, Kottmar-Bürgermeister Michael Görke (parteilos), hat arge Bedenken, dass das Radwegprojekt die beteiligten Kommunen zu stark belasten könne. Klare Ansagen, wie die Radwegbetreuung finanziert werden solle, gebe es nämlich nicht, kritisiert er. Hinzu kommt, dass sich auch die Initiative Pro Herrnhuter Bahn zunehmend Gehör verschafft. Sie will auf der Strecke wieder Züge rollen sehen, sieht dafür wirtschaftliche Chancen. Eine von der Initiative gestartete Petition für dieses Ansinnen haben jetzt 1 824 Menschen unterstützt. Der Landkreis kommt an einer Untersuchung zum Themas Eisenbahnverkehr ohnehin nicht mehr vorbei: Im März hatte der Kreistag beschlossen, dass es eine Machbarkeitsstudie zum Zugverkehr auf dieser Strecke geben muss.