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Neue Gleise für alte Bahnstrecke

Die Trasse der Windbergbahn wird für einen regelmäßigen Museumsverkehr vorbereitet. Ein Freitaler Unternehmen unterstützt die Hobbybahner dabei.

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© Karl-Ludwig Oberthür

Von Annett Heyse

Freital/Dresden. Es ist noch einmal so heiß geworden, dass die Luft über den Gleisen schon am späten Vormittag flimmert. Tony Kersten setzt den Helm trotzdem auf, nimmt sich eine fast schulterhohe Brechstange und klemmt sie unter eine Schiene. Dann greift die Baggerschaufel zu und rückt das tonnenschwere Gleis in die richtige Position, während Gleisbau-Azubi Kersten mit seinem Hebel immer wieder korrigiert.

Gebaut wird hier an einer Strecke, über die seit Langem kein Zug mehr gerollt ist. Die 5,6 Kilometer lange Trasse der Windbergbahn von Freital-Birkigt bis nach Dresden-Gittersee ist nämlich nicht mehr in bestem Zustand. „Etliche Schwellen müssen getauscht und einige Gleise ersetzt werden“, sagt Mario Hobl, Vize-Chef des Windbergbahnvereins. Große Teile der Gleisanlagen wurden zuletzt in den Fünfzigerjahren erneuert.

Seit diesem Sommer arbeiten sich die Hobby-Bahner gemeinsam mit den Lehrlingen der Firma Strabag von Gittersee kommend bergab. Derzeit sind sie am sogenannten Karlsruher Bogen beschäftigt. Die langgezogene Kurve führt unter anderem über die Brücke an der Karlsruher Straße – daher der Name. Gut 300 Meter Gleis und mehrere Schwellen müssen dort getauscht werden. Es geht vor allem um die Innenkurve des Schienenstrangs. „Der ist völlig platt gefahren. Schließlich sind hier früher fast täglich Tausende Tonnen Erz bewegt worden“, sagt Mario Hobl. Das Gleis wird demontiert, zerlegt und in den Schrott gegeben. Die Schiene der Außenkurve, noch in gutem Zustand, rückt ins Kurveninnere. Anstelle des äußeren Bogens setzen die Gleisbauer anschließend ein neues Gleis.

Fabrikneu ist es allerdings nicht, sondern auch schon benutzt. Der Windbergbahnverein sicherte sich das Material in den Neunzigerjahren. Damals wurden Abzweige der Windbergbahn, die zum Reifenwerk Coschütz führten, abgebaut, weil dort das neue Gewerbegebiet Coschütz entstand. Das Reifenwerk wurde abgerissen, die Bahngleise nicht mehr benötigt. „Wir haben uns alles, was noch intakt war, ans Lager gelegt“, berichtet Mario Hobl. Das senkt nun die Kosten für die Reparatur der Windbergbahn-Gleisanlage.

Die ist auch so schon teuer genug und aufwendig obendrein. Weil der Verein nicht über die schwere Gleisbautechnik verfügt, hat er ein Abkommen mit der Freitaler Niederlassung der Strabag geschlossen. „Sie schicken ihre Lehrlinge mit Technik zu uns. Das ist eine große Hilfe“, freut sich der Windbergbahner.

Ganz nebenbei können die Auszubildenden auch noch ein bisschen Bahngeschichte kennenlernen. So wurden im Karlsruher Bogen sogenannte „Russenschienen“ verlegt. „Offiziell wurden die als Typ R 50 bezeichnet. Die Gleise unterscheiden sich in Form und Gewicht von anderen Fabrikaten“, erklärt Mario Hobl. Außerdem führt durch den Bogen neben dem Innengleis eine Führungsschiene, die ein Herausspringen von Lok und Waggons aus dem Gleis verhindern soll. Verlegt wurde an der Stelle eine sogenannte Preußische Leitschiene. Hobl: „Das gibt es heutzutage kaum noch.“

Der Vereins-Vize hofft, dass der Gleisbau am Karlsruher Bogen bis zum ersten Septemberwochenende beendet ist. Dann ist wieder Bahnhofsfest in Gittersee. Bis Freital-Birkigt wird aber noch lange kein Zug rollen. Der Verein muss weitere Streckenabschnitte reparieren. Ziel ist es, wieder einen regelmäßigen Museumsverkehr anzubieten. Spätestens 2021 soll es soweit sein. Dann feiert die Stadt Freital ihr 100-jähriges Gründungsjubiläum und die Windbergbahn ihr 165-jähriges Bestehen.

Bahnhofsfest mit umfangreichen Programm für am 1. und 2. September, Beginn 12 beziehungsweise 10 Uhr. Für Eisenbahnfans gibt es am 1. September bereits um 10 Uhr eine Fotostunde mit speziell zusammengestellten Loks und Waggons. Weitere Infos im Internet.