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Neubau wächst auf altem Gut

Für eine benachbarte Firma wird eine moderne Produktionshalle gebaut. Der einstige Schandfleck in Kleinförstchen ist Geschichte.

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© Uwe Soeder

Von Madeleine Siegl-Mickisch

Kleinförstchen. Noch tropft der Regen zwischen den Stahlträgern in die neue Halle. Geht es nach Roland Lehmann, hat er hier am Jahresende ein Dach überm Kopf. Sicher noch nicht mit Ziegeln gedeckt, aber Dachstuhl, Sparren und die Folienabdeckung sollen bis dahin drauf sein. „Der Zimmermann steht schon in den Startlöchern“, sagt der Geschäftsführer der Firma Lehmann Präzisionswerkzeuge in Kleinförstchen.

Wer durch den Ort in Richtung Seitschen fährt, kann es nicht übersehen. Gleich neben der Straße wächst seit ein paar Wochen ein Neubau. Noch vor einem reichlichen Jahr war der Wirtschaftshof des alten Rittergutes ein Schandfleck. Lange Zeit war an dem Areal nichts gemacht worden, und zuletzt hatte hier ein Mann gehaust, der Schweine hielt und jede Menge Müll und Unordnung hinterließ. Angesichts dessen war Roland Lehmann eigentlich nicht scharf auf die Immobilie. Aber auf der Suche nach mehr Platz für sein Unternehmen entschied er sich dann doch zum Kauf. Denn das ist seit der Gründung 1991 deutlich gewachsen.

Angefangen hat Roland Lehmann als Einzelkämpfer in einer Garage. Nach und nach wurde dann auf dem Grundstück am Wohnhaus angebaut und erweitert. Mittlerweile sind rund 110 Mitarbeiter angestellt. In zwei Schichten werden Werkzeuge für verschiedene Branchen, darunter Medizintechnik, Automobil- und Flugzeugindustrie, hergestellt. Das Besondere daran: Die Präzisionswerkzeuge müssen auf tausendstel Millimeter genau sein. Vor allem solche, mit denen besonders harte Materialien bearbeitet werden können, sind laut Lehmann sehr gefragt. Gerade in diesem Bereich rechnet er mit weiterem Wachstum – und deshalb steht er jetzt auf einer Baustelle.

Immer wieder neue Überraschungen

Jeden Tag sieht er hier nach dem Rechten. „Es ist wie Ostern und Weihnachten“, sagt Lehmann scherzhaft. Immer mal wieder tun sich Überraschungen auf, etwa eine alte Grube auf dem Gelände, die wohl mal ein Kartoffelkeller war. „Mal sehen, was wir damit machen.“ Für anderes wie einen Raum mit Gewölbe hat er schon Verwendung. „Das wird der Frühstücksraum“, sagt Lehmann und zeigt zwischen den Säulen schon mal den Platz für die Einbauküche. Obendrüber entsteht ein Großraumbüro für die Mitarbeiter der Arbeitsvorbereitung – etwa viermal so groß wie der bisherige Platz dafür. Das Dach darüber war eingefallen, „da wuchsen schon Bäume raus“.

Inzwischen ist ein neuer Dachstuhl drauf. Lehmann möchte zwar vieles vom alten Gut erhalten. Da habe ja auch der Denkmalschutz ein Auge drauf. Aber der Gebäudeteil an der Straße wurde abgerissen. Dort entsteht jetzt die neue Produktionshalle. Dieser Tage kommt über dem sechs Meter hohen Raum die Decke drauf, im Obergeschoss sind Umkleideräume für die Mitarbeiter geplant. Doch das Gebäude soll nicht wie eine schnöde Produktionshalle in einem x-beliebigen Gewerbegebiet aussehen. Daher sind an den Längsseiten oben abgerundete Öffnungen zu sehen, die an Scheunentore erinnern. Das werden große Fenster, allerdings nicht zum Öffnen, denn die Frischluftzufuhr wird eine automatische Klimatisierung regeln.

Hochmodern und jahrhundertealt liegen hier künftig dicht nebeneinander. Vom abgerissenen Altbau ließ Lehmann nahezu jeden Ziegelstein aufheben, auch Pflastersteine und alte Balken wurden geborgen. All das soll später wieder Verwendung finden, denn zu bauen gibt es hier noch einiges. Bisher ist erst ein Teil der Gebäude verplant. Gerade wurde der Teich auf dem 2,8 Hektar großen parkähnlichen Gelände in Ordnung gebracht, er dient als Löschwasservorrat. „Als Kinder sind wir hier Schlittschuh gelaufen“, erinnert sich Roland Lehmann, der im Ort groß geworden ist. Doch zuletzt war der Teich verschlammt. Jetzt liegt der Fokus aber erst einmal auf der neuen Produktionshalle und den angrenzenden Räumen. Mitte 2018 möchte Lehmann dort gern einräumen. Gerade ist er dabei, eine neue Maschine zu bestellen. Andere werden aus der alten Halle, die aber bestehen bleibt, umgesetzt.

Vom angestammten Standort wegzuziehen, etwa in ein Gewerbegebiet, kam für den Firmenchef nicht in Frage. „Wir können uns eine Unterbrechung unserer Produktion durch einen Umzug einfach nicht leisten.“ Denn für viele seiner Kunden – die nicht mehr nur in Deutschland, sondern zunehmend auch im Ausland sitzen – zähle eine schnelle Lieferung heute beinahe mehr als der Preis. Um da immer mithalten zu können, braucht es auch Fachkräfte. Jedes Jahr nimmt Roland Lehmann drei bis vier Lehrlinge, die Zerspanungsmechaniker werden wollen, erstmals absolviert jetzt einer bei ihm diese Berufsausbildung mit Abitur. Aber auch Leute, die beruflich eine neue Herausforderung suchen, seien willkommen. Platz für Zuwachs entsteht ja gerade.