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Mitfahrgelegenheit auf ländlich

Sebnitz will in seinen Ortsteilen Mitfahrbänke aufstellen. Anderorts gibt es bereits Erfahrungen mit dem Konzept.

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© Matthias Rietschel

Von Dirk Schulze

Sebnitz. Das Grundprinzip ist schnell erklärt: In einem Ort steht eine Bank, und wer dort sitzt, zeigt damit an, dass er gern mitgenommen möchte. In die nächste Stadt zum Beispiel, zum Einkaufen oder für einen Behördengang. Jeder Autofahrer, der an einer solchen Bank vorbeifährt, kann sich überlegen, ob er den Sitzenden mitnehmen möchte oder nicht.

Diese Mitfahrbänke sind somit Treffpunkte für spontane Fahrgemeinschaften. Im Unterschied zum Trampen setze das Konzept auf das enge soziale Geflecht des ländlichen Raums, heißt es in einem Entwurf der Stadt Sebnitz: „Wer nicht mit einem Fremden mitfahren möchte, der wartet einfach, bis ein bekanntes Gesicht anhält. Die Mitfahrbänke seien eine unkomplizierte, menschenverbindende Idee, um die Mobilität gerade im ländlichen Raum zu verbessern.

Die Stadt Sebnitz möchte diese Idee nun ausprobieren. Die Mitfahrbänke könnten an zentralen Punkte an den Hauptverkehrsstraßen der umliegenden Dörfer aufgestellt werden. In der vergangenen Woche hat es dazu einen ersten Gesprächstermin mit den Ortsvorstehern der Sebnitzer Ortsteile gegeben. Bis zum 20. Dezember sollen sich die Ortschaftsräte Gedanken machen, ob sie sich an dem Projekt beteiligen wollen und wie es vor Ort umgesetzt werden könnte. Die Mitfahrbänke sollen dabei keine Konkurrenz zu den Bussen der OVPS darstellen, erklärte Oberbürgermeister Mike Ruckh (CDU). Es gehe viel mehr um eine sinnvolle Ergänzung des öffentlichen Nahverkehrs. „Wir wollen den ländlichen Raum attraktiver machen.“

Laut dem vorliegenden Entwurf stünden die Bänke nicht allein am Straßenrand. Neben jeder Bank wird ein Schild aufgestellt, mit dem der Wartende anzeigen kann, in welche Richtung er will. Von Mittelndorf ließe es sich dann zum Beispiel nach Sebnitz oder nach Bad Schandau mitfahren, es muss nur das entsprechende Schild umgeklappt werden. Hält ein Autofahrer an, wird das Ziel abgesprochen. Wirkt das Gegenüber vertrauenserweckend, geht’s los.

Die Idee der Mitfahrbänke ist nicht neu. Erstmals umgesetzt wurden sie Berichten zufolge 2014 im Städtchen Speicher bei Bitburg in Rheinland-Pfalz. Mittlerweile stehen Mitfahrbänke in beinahe allen Teilen der Republik. Denn die Probleme im ländlichen Raum sind überall die gleichen. Die Bevölkerungszahlen gehen zurück, der Busverkehrs ist längst ausgedünnt, Einkaufsmöglichkeiten gibt es nur noch in den größeren Orten. Wer dort hin will, muss mobil sein.

Die Erfahrungen mit den Mitfahrbänken sind dabei durchaus unterschiedlich. Im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge war Kleinnaundorf bei Freital der erste Ort, der die Idee aufgriff. Nachdem dort eine Buslinie eingestellt worden war, wurden auf Initiative von Heimatverein und Ortschaftsrat Anfang 2015 drei Mitfahrbänke aufgestellt. Am Anfang lief es schleppend, doch nach einigen Monaten hatte sich das Angebot herumgesprochen und wird seither genutzt. In Ober- und Niederfrauendorf in der Nähe von Dippoldiswalde fiel die Bilanz nach einem knappen Jahr ernüchternd aus. Der Ortsvorsteher führte das darauf zurück, dass außer zu den Stoßzeiten am Morgen und am Nachmittag nur wenig Verkehr durch die Orte rolle.

In der Lausitz stehen Mitfahrbänke in Ebersdorf bei Löbau sowie in Wittgensdorf und Dittelsdorf in der Zittauer Umgebung. Tests von SZ-Reportern vor Ort zeigten: Wie beim klassischen Trampen ist auch auf der Mitfahrbank vor allem Geduld gefragt. Für die Fahrt zum Arzttermin sind sie damit wohl nicht die beste Wahl, zum entspannten Einkaufen allemal.