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Mit Spezialkameras gegen Waldbrände

Wenn in der Gohrischheide ein Feuer ausbricht, sieht man das wenig später auch in Hoyerswerda.

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© Gernot Menzel

Von Mirko Kolodziej und Christoph Scharf

Riesa/ Landkreis. Auf Feuerwachtürmen saß früher immer dann, wenn eine Waldbrandwarnstufe galt, ein Forst-Mitarbeiter und hielt Ausschau. In heißen Sommern war es buchstäblich ein Höllenjob, sich in der Hitze immer um die eigene Achse zu drehen. „Das waren oft Waldarbeiter, die aus gesundheitlichen Gründen eingeschränkt waren“, sagt Rüdiger Schwark, Bundesförster aus Zeithain. Im Kreis Meißen ist das Geschichte: Seit 2012 erledigt für die Kreise Meißen, Bautzen und Görlitz ein technisches System namens „FireWatch“ die Aufgabe – entwickelt von der Berliner Firma IQ Wireless in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt. Unternehmenschef Holger Vogel sagt, es sei nicht ganz richtig, von Kameras zu sprechen: „Es handelt sich um optische Sensoren, die für die Detektion von Rauch im Wald entwickelt wurden.“

Das Feuerwehrtechnischen Zentrum Glaubitz, an der Bundesstraße 101 in Gävernitz.
Das Feuerwehrtechnischen Zentrum Glaubitz, an der Bundesstraße 101 in Gävernitz. © Sebastian Schultz

Dennoch: Die Forstwirte, die nun nicht mehr auf die Türme klettern müssen, erhalten Bilder. Sie sitzen jetzt, da der Deutsche Wetterdienst eine Waldbrandwarnstufe festgelegt hat, im Gebäude der Ostsächsischen Rettungsleitstelle in Hoyerswerda. Dort landen Bilder von einem Dutzend Türmen – wie am Feuerwehrtechnischen Zentrum Glaubitz, an der B 101 in Gävernitz, im Raschützwald. Es hat sich gezeigt, dass die Technik hilfreich ist. Die elektronischen Augen reagieren rasch und können einen Brandausbruch sehr genau lokalisieren. Im Ergebnis kann die Feuerwehr schneller löschen. Daten zeigen, dass die pro Brand betroffene Fläche so heute deutlich kleiner ist als vor „FireWatch“.

Falschmeldungen durch Windräder

Doch Technik kommt in die Jahre. „Die Hardware war zum Teil verschlissen, Bauelemente und Betriebssysteme abgekündigt“, sagt Volker Sanderhoff von der Berufsfeuerwehr Hoyerswerda, die die Leitstelle sowie im Auftrag der drei Kreise auch die automatische Waldbrandfrüherkennung betreibt. Rund eine halbe Million Euro an Steuermitteln ist jetzt in neue Technik geflossen. Wir kommen gut klar. Von Vorteil ist zum Beispiel der doppelte Umlauf“, sagt Forstwirt Thomas Kittel. Brauchte die Optik früher acht Minuten für eine Umdrehung, sind es heute vier. Die höhere Bilddichte sorgt für schnellere Information. Zudem lässt sich das Bild nicht mehr nur in Schwarz-Weiß abbilden, sondern auch in Farbe. Der zweite Kanal ermöglicht es, leichter zwischen einem Brand und einer Staubwolke zu unterscheiden, die zum Beispiel ein Mähdrescher verursacht. Insgesamt war es den Zuständigen wichtig, solche Fehlalarme zu minimieren, die Holger Vogel lieber „Falsch-Positiv-Meldungen“ nennt. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Von 600 bis 700 Meldungen, die das System am Tag erzeugt, erweisen sich höchstens drei bis vier als tatsächliche Brände. Der Rest: Staub, niedrige Wolkenformationen oder durch Windräder verursachte Turbulenzen. Die neue Technik kann deutlich besser differenzieren, was den Operatoren in Hoyerswerda die Hälfte der überflüssigen Analysearbeit spart.

Mit der Modernisierung gibt es nun auch erstmals Zugriff auf in Brandenburg installierte Sensoren. „Wir haben bei den Kollegen in Brandenburg offene Türen eingerannt“, schildert Volker Sanderhoff. Schließlich können im Gegenzug auch sie auf die Technik in Sachsen zugreifen. „Ein Feuer macht ja auch nicht an der Landesgrenze halt“, sagt dazu Birgit Weber, Beigeordnete im Landratsamt Bautzen. Sie freut sich, dass das Projekt schon jetzt abgeschlossen ist und nicht erst wie vorgesehen 2020: „Es ist sehr ungewöhnlich, dass bei so etwas der Zeitrahmen unterschritten und der Kostenrahmen eingehalten wird.“

Auch in der Meißner Kreisverwaltung ist man mit der Kooperation mit Hoyerswerda sehr zufrieden: Das System habe sich aus Meißner Sicht bewährt. Mit rund 35 000 Euro pro Jahr beteiligt sich der Landkreis Meißen an der Finanzierung der elektronischen Überwachung.

Wie viele große Waldbrände mit dem Warnsystem im Kreis Meißen verhindert werden konnten, lasse sich nicht ermitteln: Heute würden oft auch verantwortungsvolle Waldspaziergänger per Mobiltelefon schon kleine Brandherde melden. Aktuell gilt im Raum Riesa/Großenhain die Waldbrandstufe 4 – große Gefahr. Mit einem Rückgang ist erst Sonntag zu rechnen.