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Mit Lachgas gegen die Zahnarzt-Angst

Eine Freitaler Zahnärztin bietet seit Kurzem eine spezielle Form der Schmerzlinderung. Das Verfahren ist jedoch umstritten.

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© Karl-Ludwig Oberthür

Von Tobias Winzer

Freital. „Sie können sie ruhig einmal zwicken“, sagt Ines Galindo gerade heraus. Zahnarzthelferin Cindy Hinze hat an diesem Morgen als Patientendouble Platz auf dem Behandlungsstuhl genommen. Auf ihrer Nase steckt eine Maske. Zahnärztin Galindo will an ihr demonstrieren, wie ihre neueste Errungenschaft wirkt. Die Freitalerin gehört seit Kurzem zu den wenigen Dentisten in Sachsen, die für ihre Patienten eine Lachgasbehandlung anbieten. Laut Landeszahnärztekammer gibt es im Freistaat wohl nur um die zehn Zahnärzte mit dem Angebot.

Galindo dreht an zwei Gasflaschen hinter dem Patientenstuhl – in der einen Sauerstoff, um die Atmung zu entspannen, in der anderen Lachgas. Der Stoff mit dem chemischen Titel Distickstoffmonoxid wirkt auf das Zentralnervensystem und sorgt im Körper für ein Entspannungsgefühl. Bei Cindy Hinze kribbeln Arme und Beine. Die Augen werden ein wenig glasig. Das Zwicken im Arm spürt sie zwar, es tut aber nicht weh.

Genau diesen Effekt findet Zahnärztin Galindo ideal für ihren Beruf. Seit fast 25 Jahren führt sie ihre Praxis an der Krönertstraße, rund 400 Patienten hat sie in der Kartei. „Ich schätze, dass rund 60 Prozent davon ein ungutes Gefühl haben, wenn sie zu mir kommen“, sagt sie. Galindo betont aber, dass die Lachgasbehandlung nichts für Patienten mit einer Zahnarzt-Phobie sei. „Das sind Menschen, die den Zahnarztbesuch meiden und sich zum Beispiel aus Angst mit Alkohol betäuben.“ Dann helfe nur eine Narkose, die ein Anästhesist durchführen muss.

Die Lachgasbehandlung sieht Galindo eher als Zusatzangebot, damit sich die Patienten wohler fühlen. Der Vorteil aus ihrer Sicht gegenüber einer Betäubung: Drei Minuten nach der Lachgasbehandlung sind die Patienten wieder völlig klar und dürfen auch wieder Autofahren. Daneben bietet die Zahnärztin weitere Mittel zur Entspannung an. Die Patienten können sich bei ihr mit Musik und Kopfhörern von Bohrergeräuschen ablenken oder nebenbei Fernsehen. Für Erwachsene gibt es Naturdokumentationen, für Kinder Trickfilme.

Auf die Idee mit dem Lachgas ist Galindo durch eine befreundete Zahnärztin gekommen. Zwei Tage dauerte die Weiterbildung, sodass sie die Behandlungsmethode nun anwenden darf. Bislang ist das Interesse bei der Patientenschaft allerdings noch zurückhaltend. Nur ihre Schwester habe sie schon mit Lachgas behandelt – mit dem erwünschten schmerzlindernden Effekt, wie sie erzählt. Dass die Behandlung noch nicht öfter nachgefragt wird, liegt wohl zum einen am Preis. Die Leistung wird nicht von der Krankenkasse übernommen und kostet bei Galindo 45 Euro.

Zum anderen ist das Verfahren nicht unumstritten. Wie Galindo betont, werde es in den USA und in Großbritannien zwar von den meisten Zahnärzten angeboten. In hiesigen Krankenhäusern kommt das Lachgas zum Beispiel zur Linderung der Geburtswehen zum Einsatz. „Aus unserer Sicht ist es aber nicht die Methode der Wahl“, sagt Thomas Breyer, Sprecher der Landeszahnärztekammer. Es gebe zwar sehr, sehr selten Komplikationen. Aber wenn diese aufträten, seien die Zahnärzte nicht immer in der Lage diese zu beherrschen. „Jeder Patient sollte sich gut überlegen, welches Risiko er eingeht.“