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Mit fünf zur Feuerwehr

Vor Jahren gründete sich in Nickritz Riesas einzige Bambini-Feuerwehr. Das Projekt soll auch Nachwuchssorgen lindern.

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© Sebastian Schultz

Von Stefan Lehmann

Riesa. Die Sonne scheint unerbittlich auf den Hof hinter dem Vereinshaus der Nickritzer Feuerwehr. Während sich die Besatzung des Hilfeleistungs-Löschfahrzeugs in den Schatten flüchtet, sind Beate Seiferts Schützlinge noch voller Energie. Im Halbkreis stehen die zehn Kinder um Feuerwehrmann Klaus Martick, der ihnen erklärt, was sich so alles im Inneren des neuesten Gefährts der Riesaer Hauptwache verbirgt. „Den Inhalt des Nickritzer Feuerwehrautos kennen sie ja schon auswendig“, erzählt Beate Seifert und schmunzelt.

Vor sieben Jahren gründete die ehemalige Ortschaftsrätin die Nickritzer Feuerflöhe. Anlass war ein Problem, das viele Feuerwehren in der Region plagt: der Nachwuchsmangel. Der trifft nicht allein die Aktiven. Auch die Jugendfeuerwehren haben mit großer Konkurrenz zu kämpfen – man denke allein an die vielen Sportvereine in der Stadt. Denn in die Jugendfeuerwehr dürfen Kinder erst ab dem Alter von acht Jahren eintreten. „Die Erfahrung besagt: Sobald die Kinder in die Schule gehen, treten sie in Sport- oder Arbeitsgemeinschaften ein“, erklärt Beate Seifert. „Also müssen wir sie für die Feuerwehr begeistern, bevor sie in die Schule gehen.“

Seitdem treffen sich die Feuerflöhe einmal pro Woche auf dem Gelände der Stadtteilfeuerwehr. An diesem Mittwochnachmittag steht Fahrzeugkunde auf dem Plan: Klaus Martick, seit 38 Jahren Mitglied der Stadtteilfeuerwehr, gibt heute den Lehrer. Eine Tür nach der anderen wird geöffnet und geschaut, was die Feuerwehrleute so in ihrem Einsatzfahrzeug haben. „Wer kann mir denn sagen, wofür der Ventilator hier ist?“, fragt Martick. Die erste Antwort „Zum Feuer auspusten?“ liegt noch weit daneben. Die zweite kommt der Sache schon näher: „Zum Belüften!“, meint einer der Steppkes. Martick lässt es gelten und erklärt, dass mit dem Gerät der Nebel aus Gebäuden herausgedrückt werden kann.

Als sich die Feuerflöhe 2010 gründeten, gab es das Modell der Bambini-Feuerwehren bereits deutschlandweit. In Riesa dagegen sind sie bis heute einzigartig. Auch deshalb kommen die Mitglieder nicht nur aus dem Ort, sondern auch aus dem Stadtgebiet. Fünf Jahre jung sind die Kleinsten von ihnen. Da gehe es natürlich noch etwas anders zu als später in der Jugendfeuerwehr, sagt Beate Seifert. „Wir versuchen, spielerisch das Interesse für die Feuerwehr zu gewinnen.“ Neben Hydrantenkunde und Erster Hilfe stehen deshalb auch lockere Freizeitaktivitäten und Basteleien auf dem Programm.

Alltagswissen wird nebenbei auch noch vermittelt. „Wir lernen hier zum Beispiel auch Dinge wie das Schleifenbinden als Grundlage für die Feuerwehrknoten“, erzählt Beate Seifert. Da sei auch schon die Frage aufgetaucht, warum das denn schon wieder geübt werde. „Dann heißt es, ihnen das zu erklären: Ja, die großen Feuerwehrleute üben das auch, und die müssen noch mehr Knoten beherrschen, auch im Dunkeln. Und schon klappt’s!“

Die Aktiven der einzelnen Wehren ziehen ohnehin mit. Als Bestandteil des Nickritzer Fördervereins „1206 e.V.“ sind die Feuerflöhe zwar nicht direkt an die Feuerwehr in Nickritz angegliedert. Die Kameraden unterstützen sie aber regelmäßig, unter anderem bei Diensten mit feuerwehrtechnischen Inhalten. Auch wenn das manchmal schon anstrengend sein kann. „Bei uns geht es immer sehr turbulent zu“, sagt Seifert. Ein echter Flohzirkus eben, den es zu hüten gilt. Dass Beate Seifert und ihre Helfer diese Aufgabe erfolgreich erfüllen, das zeigt schon der Fakt, dass aus sieben Flöhen mittlerweile zwölf geworden sind.

„Um die erreichte gute Qualität der Betreuung zu erhalten und die gesteckten Ziele zu erreichen, haben wir uns gewisse Grenzen gesetzt“, erklärt Seifert. „Es funktioniert, aber, was die weitere Aufnahme von Kindern betrifft, muss ich schon bremsen.“ Gefragt werde sie immer wieder, ob denn noch ein Platz frei ist. „Und wer mich kennt, weiß, dass ich diesbezüglich nicht Nein sage.“ Wenn die Kinder in die Jugendfeuerwehr eintreten, werden neue Flöhe nachrücken können.

Wer die Feuerflöhe unterstützen möchte, kann sich an Beate Seifert wenden: [email protected].