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Mit Förderverein und Altpapier

Öffentliche Schulen werden aus öffentlicher Hand finanziert. Für Zusätzliches ist selten Platz. Wie es trotzdem klappt.

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© SZ

Von Susanne Sodan

Damit hat Doreen Simon nicht gerechnet. Die Sportlehrerin an der Grundschule Weinhübel konnte jetzt ausführlich in Katalogen mit Sportgeräten blättern. Sie und ihre Kollegen konnten auch eine ganze Menge neuer Dinge für den Sportunterricht der Kinder bestellen, darunter Jonglierteller und Jongliertücher. Die Weinhübler Grundschule hat eine Zirkus-AG, deren Vorführungen immer auf Begeisterung bei den Schülern treffen, erzählt Doreen Simon. Jetzt können sich alle Kinder, ob Zirkus-AG oder nicht, an der Jonglage ausprobieren. Ein Ziehtau, Schwungtuch, Federballschläger und diverse Bälle gehören jetzt ebenfalls zur neuen Ausrüstung für den Sportunterricht, inklusive Ballwagen – es muss ja auch alles verstaut werden.

Das Geld dafür haben viele Unternehmen aus Görlitz und Umgebung gespendet, über 2 700 Euro. Eine Summe, die bei Doreen Simon und ihren Kollegen für große Überraschung und Freude gesorgt hat. Vor Jahren hatte die Grundschule bei der Spendenaktion „Local Sponsoring“ von der Gesellschaft für Sportförderung mitgemacht, damals kamen rund 700 Euro zusammen. Anfang dieses Jahres hatte sich die Schule ein zweites Mal beworben – mit dem Ergebnis von 2 700 Euro. Die Bandbreite der Unternehmen und Selbstständigen, die etwas in den Topf gaben, ist groß: von der Tankstelle über die Physiotherapie, den Optiker, Steuerberater, Maler- und Tischlerbetriebe, Friseursalons, Apotheke bis zu Architekten und Gastronomen. „Es zeigt, dass das Thema die Leute doch bewegt“, sagt Doreen Simon. Sie meint damit das Thema ausreichend Bewegung für Kinder. Laut AOK-Familienstudie bewegt sich nämlich nur jedes zehnte Kind in Deutschland täglich mindestens 60 Minuten. Einfluss auf die große Spendenbereitschaft könnte womöglich auch haben, dass die Weinhübler Schule in der Vergangenheit mehr Aufmerksamkeit bekommen hat, könnte Doreen Simon sich vorstellen: Die Grundschule Weinhübel bekam einen Schulneubau, der erste in Görlitz seit 1989, vor zwei Jahren wurde er eingeweiht.

Allgemein werden die öffentlichen Schulen durch öffentliche Haushalte finanziert, durch den Freistaat, den Landkreis und den öffentlichen Träger, meist die Stadt oder Gemeinde. Die Träger sind unter anderem zuständig für Verwaltung und Erhaltung der Schulgebäude. „Der Schulträger hat die sächlichen Kosten der Schule zu tragen“, so steht es im sächsischen Schulgesetz. Den Lehrerbedarf abzusichern, das ist eine der Schulaufgaben des Freistaates. Manchmal aber gibt es Projekte, Ausflüge, Wünsche, Veranstaltungen, die nicht in die öffentliche Finanzierung fallen. Wie lassen sich diese Dinge dennoch finanzieren?

Das Spektrum ist groß, sagt Steffen Hanke, Leiter der Grundschule Königshufen. „Man muss suchen und selber Initiative ergreifen“, sagt er. Bei ihm gehen dieser Tage viele Pakete ein – mit den Teilen einer Modelleisenbahnanlage an: Die Königshufener Grundschule hat bei „Spielen macht Schule“ mitgemacht, eine bundesweite Initiative. Bei einem der Wettbewerbe, „Werkstatt Modelleisenbahn“, geht es darum, bei Kindern Freude zu wecken am Planen, Bauen und Tüfteln. „Unser Schulsozialarbeiter hat mit den Kindern ein Konzept ausgearbeitet“, erzählt Steffen Hanke. „Die Jury hat sich für uns entschieden.“

Eine wichtige Rolle spielen für viele Schulen die Fördervereine, sagt Hanke. Sie haben als Verein auch andere Möglichkeiten als staatlich-kommunale Schulen. Auch die Grundschule Königshufen hat einen Förderverein. Die Mitglieder organisieren zum Beispiel die Altpapiersammlungen. Jeden Montag können Eltern und Schüler Altpapier abgeben. Ein Schwerpunkt an dieser Schule ist die Arbeit mit Kindern mit Behinderung. Es gibt zum Beispiel einen Therapieraum für Physio- und Ergotherapie. Auch in diesem Bereich spielt der Förderverein eine wichtige Rolle. „Es gibt erstmal gesetzlich verpflichtende Leistungen“, erklärt der Vorsitzende Frank Fuchs. „Wir versuchen, darüber hinaus Dinge zu ermöglichen, bestehende Projekte zu fördern und neue Themen anzuregen.“ Vor allem gehe es dabei um Vorhaben, bei denen Kinder mit und ohne Behinderung gemeinsame Erlebnisse haben.

Sehr sportbegeistert ist die Diesterwegschule, die Rauschwalder Grundschule. Alle zwei Jahre gibt es zum Beispiel ein großes Familiensportfest, erzählt Schulleiterin Martina Schwedler. Auch sie nennt den Förderverein als wichtigen Unterstützer fürs Schulleben. „Wir haben einen sehr aktiven, sehr regen Förderverein.“ Nicht nur für Sporttage setzt er sich ein, sondern beispielsweise auch für Schulfeste, Theaterbesuche, Schülerkonzerte.

Bei der Dietrich-Heise-Schule, die Grundschule der Evangelischen Schulen Görlitz, funktioniert die grundlegende Finanzierung anders. Getragen und finanziert wird sie vom Evangelischen Schulverein Niesky/Görlitz sowie über das Schulgeld. Auch hier gibt es verschiedene Aktionen, um Geld für Projekte jenseits des Grundbudgets zu sammeln. „Wir veranstalten jedes Jahr unsere Spendenrallye“, erzählt Maria Albers, Vorstandsassistentin beim Evangelischen Schulverein Niesky/Görlitz. Er organisiert die Rallye mit dem Jugendhaus Wartburg, auch der Spendenbetrag am Ende wird durch zwei geteilt. Die Fahrradrallye findet stets im April statt: Die Schüler fahren eine bestimmte Strecke, für jede geschaffte Runde spendet ein Pate einen bestimmten Betrag. Dieses Jahr kamen insgesamt über 5 500 Euro zusammen, Rekord. Ein Teil des Geldes ging diesmal in das Grundschulprojekt „Starke Kinder“, erzählt Maria Albert. „Außerdem bitten wir zum Schuleingangsgottesdienst um eine Kollekte.“ Sie fließt in den Solidaritätsfond – für Familien, die das Schulgeld nicht aufbringen können.