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Mit dem Hochwasser kam das Glück

Lisa Panke arbeitet in Döbeln, wohnt aber in Radebeul. Sie schätzt ihr Leben in beiden Städten – das durch die Flut 2013 entscheidend verändert wurde.

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Von Christian Dittmar

Wenn Lisa Panke von den dramatischen Tagen im Juni 2013 erzählt, fängt ihre Stimme an zu zittern. Auch heute noch, mehr als ein Jahr später. „Das war wie im Film ‚Titanic‘, als das Wasser plötzlich durch Döbeln schwappte“, sagt die 24-Jährige. Ihre Mutter Andrea hatte drei Monate zuvor die „Buch Oase“ in der Ritterstraße eröffnet und Lisa, die damals noch in Dresden arbeitete, war nur zu Besuch in der Stiefelstadt. Eilig brachten Mutter und Tochter das Nötigste in Sicherheit, noch am 2. Juni nahm Lisa Panke erst einmal drei Tage frei, um bei den Aufräumarbeiten mithelfen zu können.

Inzwischen ist die gebürtige Döbelnerin in ihre Heimatstadt zum Arbeiten zurückgekehrt, wozu auch das 2013er-Hochwasser beitrug. Denn seit Oktober vergangenen Jahres kümmert sie sich um das Marketing in der nunmehr vergrößerten „Buch Oase“, die mittlerweile auch von außen wieder wie eine Oase wirkt.

Wohnen geblieben ist Lisa Panke aber in Radebeul, da ihr Freund in Pirna arbeitet – und weil ihr das abwechselnde Leben und Arbeiten in der Stiefel- und in der Karl-May-Stadt gefällt. „An Radebeul mag ich die Nähe zur Großstadt Dresden mit allen ihren Annehmlichkeiten“, sagt die ausgebildete Marketing-Kauffrau. „In Döbeln wiederum ist der Zusammenhalt größer. Das hat man erst bei der Juni-Flut wieder deutlich gesehen.“

Mit ihrem Leben ist Lisa Panke daher äußerst zufrieden, auf einer Skala von 0 (ganz und gar unzufrieden) bis 10 (ganz und gar zufrieden) würde sie sich eine 9 geben. Damit liegt sie noch ein ganzes Stück über dem Wert, den sowohl die Döbelner (6,5) als auch die Radebeuler (7,1) bei der großen SZ-Glücksumfrage auf die Frage angaben „Wie zufrieden sind Sie gegenwärtig alles in allem mit Ihrem Leben?“ Aber auch die Meißner, Riesaer und Großenhainer sind im Durchschnitt nicht ganz so glücklich wie Lisa Panke (siehe Grafik).

Wohnen und Leben in Radebeul hui,

Karriere und Geld in Döbeln pfui

Die höchste Millionärsdichte in Sachsen, eine Ferrari-Vertretung vor der Haustür. Doch das Klischee von der Reichenstadt Radebeul stimmt nur zum Teil – wenn man die Werte aus der Glücksumfrage betrachtet. Dort gaben die SZ-Teilnehmer ihrem Einkommen im Schnitt nur eine 6,3 und der Karriere eine 6,6. Allerdings sind diese Zahlen immer noch deutlich höher als in Döbeln, wo hingegen die Leute mit Wohnung und Lebensstandard (relativ) zufrieden sind.

Lisa Panke als halbe Döbelnerin und halbe Radebeulerin hat ähnliche Erfahrungen gemacht. Auch sie wohnt lieber in Radebeul zwischen den Weinhängen und mit der Nähe zur Landeshauptstadt. Jobtechnisch ist sie zwar mit Döbeln zufrieden, sieht aber ebenso, wie viele andere junge Menschen die Stadt verlassen mussten. Vor allem, weil sie hier keine Zukunft sahen. „Dabei wird den Jugendlichen in Döbeln immer noch eine ganze Menge geboten“, sagt Lisa Panke.

Die Familien in der Region halten (mehrheitlich) zusammen

Katastrophen wie das Hochwasser im Juni 2013 haben es wieder gezeigt: In eher ländlich geprägten Gegenden ist der Zusammenhalt im Allgemeinen besonders groß. So sind auch die Bewohner des Altkreises Döbeln und des Landkreises Meißen mit Familie und Freunden im Großen und Ganzen zufrieden – wobei überraschenderweise die Radebeuler mit Familienleben und Freundeskreis jeweils 0,7 Punkte mehr glücklich sind.

„Dass so viele Menschen kamen, um uns nach der Flut zu helfen, hat mich schon überrascht“, sagt Lisa Panke. Letztlich waren darunter viele Bekannte, die sie in der Zahl in einer Großstadt wohl nicht gehabt hätte. Auch mit ihrer Mutter versteht sie sich gut, obwohl sie auf Arbeit der Boss ist. „Manchmal muss ich ihr aber auch sagen, wo es langgeht“,grinst die Tochter . Der Familie gibt Lisa Panke sogar eine 10, „mit der bin ich rundum zufrieden“.

Gesundheit und Liebe lassen in Döbeln und Radebeul zu wünschen übrig

Obwohl man annehmen könnte, dass in einer ländlicheren Region die Menschen besser nächtigen sollten als in einer verkehrsreichen Großstadt, so sind die Döbelner doch nicht vollends zufrieden mit ihrem Schlaf. Nur eine 6,2 gibt es hier auf der Glücksskala. Auch die Gesundheit könnte bei einigen Umfrage-Teilnehmern besser sein, Fitness-Werte von 6,4 (Döbeln) bis 6,8 (Radebeul) zeugen nicht unbedingt von allgemeinem Wohlbefinden in der Region. Deutlich scheint es um das Liebesleben bestellt zu sein, denn hier steht Döbeln im Vergleich mit den anderen Großen Kreisstädten in der Region auf Platz zwei..

Was die Liebe angeht, kann Lisa Panke auch nicht klagen: Seit sieben Jahren ist sie mit ihrem Freund glücklich zusammen. Schlaf findet sie trotz der nahen A4 in Radebeul ebenfalls, „mich würde eher das Gackern der Hühner auf einem Bauernhof stören“, sagt sie. Und was die Gesundheit betrifft, so gebe es immer ein paar Wehwehchen, aber insgesamt gibt es hier eine 8 von der Döbelnerin.

Fazit: Döbeln hinkt noch etwas hinterher, doch Hoffnung naht

Gerade im Vergleich zu Radebeul fällt dieStiefelstadt bei der SZ-Glücksumfrage etwas ab. Klar, Döbeln hat keine Weinberge und ein paar Millionäre weniger zu bieten, aber verstecken muss sich die Große Kreisstadt auch nicht. So wie Lisa Panke und ihrer Mutter darauf hoffen, dass sich mit der weiteren Ansiedlung von Geschäften in der Ritterstraße auch die Situation für die „Buch Oase“ verbessert, so gibt es auch für den Rest Döbelns Grund zur Hoffnung: Die Arbeitslosigkeit sinkt stetig und die Einwohnerzahl geht kaum noch zurück.

Am Ende, auch das ergab die Umfrage, ist Glück für jeden anders. Für Lisa Panke etwa bedeutet es, sich Zeit für Freunde und Familie nehmen zu können. Andere werden ähnlich denken – und könnten sich mit wenig Aufwand demnächst auch mal wieder selbst glücklich machen.