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Mit dem E-Bike ins Elbtal und zurück

Eine Mischung aus Muskelkraft und Akkustrom bringt Ingo Englowski jeden Tag zu seiner Arbeitsstelle in Meißen.

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© Anne Hübschmann

Von Manfred Müller

Großenhain/Meißen. Jeden Morgen, auch bei klarem Himmel, checkt Ingo Englowski erst einmal die Wetter-App. Wird es auch am Nachmittag um halb vier noch trocken sein? Wenn das der Fall ist, zieht er den Stecker des Ladegeräts, schwingt sich auf sein Prophete-Elektrofahrrad und radelt zur Arbeit.

Der Großenhainer ist bei der Lebenshilfe in Meißen beschäftigt, das heißt, er nimmt jeden Morgen 15 Kilometer in Angriff. Der Hinweg verläuft zum größten Teil bergab, das ließe sich auch gut mit einem normalen Fahrrad bewältigen. Aber am Nachmittag muss Englowski den steilen Bohnitzscher Berg hinaufstrampeln, dann noch einmal die schier endlose Steigung in Ockrilla.

Da tut ein bisschen elektrische Unterstützung schon gut. „Ich habe mit Freunden immer herumgeflachst, dass mir so etwas erst ab 50 ins Haus kommt“, lächelt der 55-Jährige. „Aber im Grunde hätte ich schon früher damit anfangen sollen.“ Denn so ein Zweirad tue der Gesundheit wirklich gut. Und man umgehe in Meißen den morgendlichen Stau auf der B 101. „Seit ich damit fahre, komme ich viel entspannter auf Arbeit an als im Auto“, sagt Englowski. Außerdem könne er mithilfe des Elektromotors den inneren Schweinehund überwinden. Ein Arbeitsweg mit vielen Steigungen? Mir doch egal!

Anschaffung ist nicht ganz billig

Je nach Wetterlage fährt Ingo Englowski mit seinem Pedelec im Durchschnitt etwa 300 Kilometer pro Monat. „Im Mai waren es sogar 540“, erzählt der Großenhainer. Das macht sich auch im Portemonnaie bemerkbar. Im Schnitt spart er gegenüber dem Autofahren monatlich 30 Euro. Sicher, auch ein Elektrofahrrad verursacht Kosten. Die Anschaffung ist nicht ganz billig; ein Neues bekommt man kaum unter 800 Euro, und nach oben hin gibt es keine Grenze. Aber man kann natürlich auch ein gebrauchtes Rad erwerben. Ingo Englowski hat sich im Internet umgeschaut und schließlich 400 Euro für sein Prophete bezahlt. Hinzu kommen noch die Kosten für den Akku, der in gewissen Abständen ausgetauscht werden muss, weil er nach einer bestimmten Anzahl von Ladezyklen erschöpft ist. Moderne Akkumulatoren halten 500 und 1000 Zyklen durch, man sollte also aufs Preis-Leistungsverhältnis schauen. Aber alles in allem verursacht ein Pedelec ungleich geringere Unterhaltungskosten als ein vierrädriges Gefährt.

Die Reichweite seines Elektrofahrrads beträgt um die 60 Kilometer – je nachdem, wie stark Ingo Englowski in die Pedale tritt. Mehr als genug für den Arbeitsweg. Am Abend kommt das Pedelec in der Garage dann ans Ladegerät, und nach sechs Stunden bringt der Akku wieder die volle Leistung. Fünf Gänge ermöglichen es, den Kraftaufwand beim Pedaltreten von sportlich bis bequem zu variieren. „Es ist schon ein befreiendes Gefühl, wenn man am Berg den Gang einlegt, und der Motor schnurrt los“, sagt der Großenhainer.

Problem: Der motorisierte Verkehr

Hitze und Kälte machen Englowski auf seinem Arbeitsweg nichts aus, dafür gebe es ja geeignete Kleidung. Problematischer ist der motorisierte Verkehr. Da es zwischen Großenhain und Priestewitz noch keinen Radweg gibt, düsen die Transporter manchmal gefährlich nahe an dem Zweirad-Piloten vorbei. An der Kreuzung in Gävernitz kommt es hin und wieder vor, dass die Autofahrer, die auf die B 101 wollen, das Vorfahrtsrecht des Radlers missachten. Aber toi, toi, toi, passiert sei noch nichts. Eine Reifenpanne hingegen müsse man schon mal einkalkulieren.

Wer nicht gleich konsequent aufs Zweirad umsteigen will, der kann sich auch im Urlaub ein Gefühl fürs elektrogetriebene Radfahren holen. In vielen Ferienregionen gibt es heute entsprechende Angebote. Großenhains Baubürgermeister Tilo Hönicke zum Beispiel war dieses Jahr mit Freunden auf Pedelecs in der Provence unterwegs. „Dort reichen ja die Alpen bis fast ans Meer heran“, erzählt er. „Für das ständige Auf und Ab braucht man schon ein bisschen Schub.“ Er sei das erste Mal mit einem Elektrofahrrad eine längere Strecke gefahren – und der Lohn war die schönste Urlaubstour überhaupt. Man könne sich beim Fahren in Ruhe die Landschaft ansehen, mit den Leuten reden, durch endlose Lavendelfelder gondeln. „Wenn die Akkus leer waren, und das waren sie oft“, sagt Hönicke, „konnten wir sie problemlos in den Gaststätten aufladen, auch mal vier am Stück.“ Insgesamt 3500 Höhenmeter habe die Truppe bewältigt – das wäre mit herkömmlichen Fahrrädern wohl eher eine Tortur geworden.

Stadt verleiht Pedelecs

Übrigens hat die Röderstadt für Besucher, die eine Erkundungstour machen wollen, auch zwei Pedelecs im Angebot. Sie können für drei Euro pro Stunde oder 15 Euro pro Tag bei der Großenhain-Information im Rathaus am Hauptmarkt ausgeliehen werden. Fürs Wochenende muss vorbestellt werden.