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Mit Arbeit aus dem Burnout

Wenn Stress nicht mehr zu bewältigen ist, stürzen Menschen oft in die Krise. Peter Kaiser erzählt, wie er einen Weg heraus gefunden hat.

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© René Meinig

Von Nora Domschke

Das Schwierigste war der Ausstieg aus dem Job, sagt Peter Kaiser. Sich einzugestehen, dass der Körper es nicht mehr zulässt, die Arbeit zu erledigen. Zu erkennen, dass die körperlichen Beschwerden in erster Linie keine organische Ursache haben, sondern dass der Kopf dafür verantwortlich ist. Peter Kaiser hat eine psychosomatische Erkrankung, Burnout lautete letztlich die Diagnose seines Arztes – da hatte Peter Kaiser schon mehrere Zusammenbrüche hinter sich. „Ich konnte einfach keine Aufträge mehr annehmen“, sagt der 51-jährige Architekt, der freiberuflich arbeitet. Jetzt gehe das wieder – allerdings erst nach einer langen Leidenszeit.

Viele Bauprojekte in den alten Bundesländern habe er damals betreut, etliche mit großen Problemen, die nicht einfach zu lösen waren. Totale Erschöpfung, Unzufriedenheit mit der eigenen Leistung, die dauerhafte seelische Belastung durch den beruflichen Konflikt, die Peter Kaiser schließlich krank machte. Experten schätzen, dass rund 25 Prozent der Deutschen einmal oder auch mehrfach an psychosomatischen Beschwerden leiden. Magen-, Darm- und Rückenschmerzen können ebenso zu den Symptomen gehören wie Ohrgeräusche oder eine gestörte Wahrnehmung des eigenen Körperbildes. Nicht nur beruflicher Stress, auch Beziehungsprobleme mit dem Partner oder der Familie können Auslöser für die Beschwerden sein. Bis die Ursache erkannt wird, vergehen oft Monate, manchmal sogar Jahre. Das war auch bei Peter Kaiser so. „Nach einem Zusammenbruch habe ich mich wieder aufgerafft, ich wollte immer weiterarbeiten.“ Bis irgendwann nichts mehr ging. Eine Traumatherapie, die sich über zehn Monate erstreckte, half ihm – und ein Projekt, das ihn mittlerweile in den Beruf zurückbrachte. Das Berufsbildungswerk Sachsen kümmert sich in einem besonderen Trainingszentrum in Dresden um Menschen, die nach einer psychischen Erkrankung wieder ins Berufsleben zurückkehren wollen. Mithilfe von Praktika werden sie – noch einmal – auf den Berufsalltag vorbereitet.

Von einer Ärztin hatte vor zwei Jahren auch Peter Kaiser davon erfahren. „Dafür bin ihr noch heute sehr dankbar.“ Im Trainingszentrum in der Friedrichstadt arbeitet Klaus Gnauck, der sich dort seit September 2016 um Peter Kaiser kümmert. Der Berufliche Trainer hat ihn damals bei einem ganz besonderen Projekt betreut: Der Architekt sollte ein Konzept entwickeln, wie das – vielen Dresdner wohl unbekannte – Denkmal von Hauptmann Hirsch restauriert und wieder aufgestellt werden könnte. „Das war ein Glücksfall für mich“, sagt Peter Kaiser heute.

Mit seinem Wissen konnte er erste Visualisierungen von dem Helm anfertigen, der später wieder auf seinem Granitsockel stehen wird. Dem gingen allerdings intensive Recherchen zur Geschichte und zum technischen Hintergrund des Denkmals in Dresdner Archiven voraus. Gewidmet wurde es 1823 dem königlich-sächsischen Artilleriehauptmann Johann Baptista Joseph Hirsch, der 3 500 Soldaten das Leben gerettet haben soll. Im Alter von 45 Jahren starb der Hauptmann, als er von einem scheuenden Pferd stürzte. Ein Jahr später wurde das klassizistische Denkmal aufgestellt. Ursprünglich stand es auf dem Heller östlich der Radeburger Straße. Als diese ausgebaut wurde, bekam das Denkmal in den 1970er-Jahren einen Standort neben der Tankstelle an der Hellerhofstraße. Dort stand es, bis irgendwann der Helm abfiel – oder abgestoßen wurde – und im Gebüsch landete.

Die Geschichte des Denkmals faszinierte Klaus Gnauck. So sehr, dass er sich dessen Reste vom Eigentümer des Tankstellengrundstücks holte. Derzeit ist es im Besitz des Berufsbildungswerks. Mittlerweile sind der Sockel, die Umfassungssteine und das Geländer fertig. Nun muss nur noch der Helm gegossen werden. Das geschieht derzeit in der Gießerei von Thomas Ihle. Auch Peter Kaiser ist vor Ort, um die Arbeit am Helm zu verfolgen. Zunächst wurde in einem 3-D-Drucker ein Modell aus Kunststoff dazu angefertigt – das alles geht nur durch die Vorbereitung von Peter Kaiser und einigen anderen Mitstreitern des Trainingszentrums. Darunter eine Germanistin, eine Bauzeichnerin, ein Bauingenieur und eine promovierte Historikerin.

Klaus Gnauck bestätigt, dass viele Akademiker, Studienabbrecher, Abiturienten, die noch keine Berufsorientierung haben und dadurch in ein mentales Loch fallen, am Programm des Trainingszentrums teilnehmen. Die Erfolgsquote kann sich sehen lassen: Mittlerweile sind alle Beteiligten, die sich ums Hirsch-Denkmal gekümmert haben, wieder in einem Job. Für die Visualisierung des Helms hat Peter Kaiser ein Praktikum in einem Dresdner Architekturbüro gemacht. Dort erstellt er mittlerweile virtuelle und reale Modelle von Bauvorhaben, zuletzt etwa für zwei Gebäude im Lahmann-Sanatorium. Wenn das Hauptmann- Hirsch-Denkmal im Oktober wieder an der Hellerhofstraße aufgestellt wird, ist Peter Kaiser aber auf jeden Fall dabei.