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Meissener Teller für Olympia

Die Spiele von 1936 haben auch im Elbland Spuren hinterlassen.

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Von Peter Redlich und Peter Anderson

Berlin/Meißen. Stolz trägt die Sieges- und Friedensgöttin das von Eichenlaub umkränzte Eiserne Kreuz. Über ihr schweben die fünf Olympischen Ringe. Blau auf schimmerndem Weiß schmückt das Motiv einen Meissener Porzellan-Teller, der zu den Olympischen Spielen 1936 in der Reichshauptstadt gefertigt wurde. Bei einschlägigen Antiquitäten-Händlern wird das Stück für Preise zwischen 350 Euro und 400 Euro gehandelt.

Das Haus „Meissen“ im ehemaligen Olympischen Dorf.
Das Haus „Meissen“ im ehemaligen Olympischen Dorf. © Archiv/privat

Das Interesse für solche Relikte nimmt aufgrund zahlreicher Medien-Berichte zum 80. Jahrestag der Berliner Spiele gerade wieder zu. Vor wenigen Tagen kam der Hollywoodfilm „Zeit für Legenden“ über den schwarzen Ausnahme-Läufer Jesse Owens in die Kinos. Die ARD erinnerte mit dem Dokudrama „Der Traum von Olympia“ an das Großereignis in der Reichshauptstadt. Zu einem wichtigen Gedenkort hat sich das Haus „Meissen“ im früheren Olympischen Dorf entwickelt. Dort wo Jesse Owens 1936 wohnte, zeigt eine vom Sportmuseum Berlin erarbeitete Fotoausstellung erstmals umfänglich, wie der Leichtathlet Sportgeschichte schrieb.

Im Elbland selbst erinnern sich einige ältere SZ-Leser noch daran, wie die Fackelläufer aus Prag kommend durch Radebeul weiter nach Berlin liefen. SZ-Leser Hans-Günter Lippmann hat einen Zeitungsartikel aus dem Radebeuler Tageblatt ausfindig gemacht. Am 31. Juli 1936, dem Tag vor der Eröffnung der Olympiade in Berlin, wurde die Fackel mit dem Feuer durch die Stadt getragen. Von einem olympischen Altar wird da berichtet, an welchem der dritte Läufer namens Hochmuth die Radebeuler Olympia-Flamme mit der Fackel entzündete. Der Läufer war Mitglied im Nationalsozialistischen Reichsbund für Leibesübungen. Beim Festakt vor Hunderten Radebeuler hielt Ortsgruppenleiter Max Thiele eine Rede auf Führer und Vaterland. Bezeichnend, dass im Radebeuler Tageblatt-Artikel mindestens ein Dutzend Mal vom Frieden die Rede ist. Die Berliner Propaganda-Maschinerie der Nationalsozialisten benutzte die Olympischen Spiele, um der Welt Friedensabsicht zu demonstrieren. Ortsgruppenleiter Thiele sprach von einem „Zeichen der Völkerverständigung und des Friedens“, welches durch Radebeul getragen werde.

Radebeul war auch zur Nazizeit eine Stadt der Besserverdienenden, die es sich, oberhalb der Meißner Straße in einer Villa wohnend, leisten konnten, dem Dresdner Trubel auszuweichen. Der Architekt Martin Hammitzsch, der durch den Bau der Dresdner Tabakfabrik Yenidze bekannt wurde, ist in seinem Wohnsitz „Haus in der Sonne“ in der Oberlößnitz eines der Beispiele. Hammitzsch heiratete 1936 in zweiter Ehe Angela, verwitwete Raubal, geborene Hitler, die Halbschwester Adolf Hitlers. Nachweislich war einer der Obernazis, Luftwaffenchef Hermann Göring, mit seiner Frau hier zu Besuch. Inkognito soll es auch Hitler anlässlich der Einweihung des Dresdner Autobahnabschnittes gewesen sein. Wofür es allerdings keinen schriftlichen Beleg gibt. Doch am 31. Juli 1936 sollte die Stadt eigentlich dem Sport gehören. In weißer Sportkleidung liefen sieben Sportler aus hiesigen Vereinen wie dem Radebeuler Ballspielclub RBC, dem Turnverein Radebeul, dem Turn- und Sportverein Wahnsdorf und der Turngemeinde Kötzschenbroda-West mit der Fackel auf der Meißner Straße. Die Werkskapelle des Medizinischen Betriebes Heyden, Feuerwehrorchester und jubelnde Menschen mit Tüchern begleiteten die Läufer.