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Mauersegler in Gefahr?

Ein Löbauer erhebt schwere Vorwürfe gegen den Landkreis wegen dessen Baustelle an der Zittauer Hochwaldstraße.

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© Rafael Sampedro

Von Mario Heinke

Zittau. Ein Internetnutzer aus Löbau hat jetzt bei Facebook einen Hilferuf abgesetzt. „Hilfe! Das Landratsamt vernichtet seit einer Woche die Brutstätten von Mauerseglern“, schreibt der aus Zittau stammende Mann und bezieht sich auf die Bauarbeiten am Verwaltungsgebäude des Landratsamtes in der Zittauer Hochwaldstraße. Dort würden gerade 80 Mauerseglerpaare brüten. Die Vogeleltern erreichten ihre Nester nicht mehr und im Stress würden sie gegen Wände und Fenster der Büroräume fliegen, behauptet der Naturfreund. „Viele sind bereits gestorben oder haben ihre Jungen aufgegeben“, schreibt er und beklagt, dass die Untere Naturschutzbehörde des Landkreises bei derartigen Vergehen gegen Natur und Umwelt sonst Strafanzeigen und Strafen verhängt, im eigenen Haus würde jedoch „keine Krähe der anderen ein Auge aushacken“. Mit einem dramatischen Aufruf endet er: „Ich schäme mich für diesen Landkreis! Bitte protestiert hier alle gegen diese Bonzen mit!“

Der Mauersegler.
Der Mauersegler. © dpa

Die SZ konfrontierte das Landratsamt mit den Vorwürfen des Löbauers. Thomas Gampe, erster Beigeordneter des Landrats, schreibt dazu: Im Vorfeld der Baumaßnahme am Landratsamt Zittau gab es zwischen dem Amt für Hoch- und Tiefbau und der Unteren Naturschutzbehörde Beratungen und Abstimmungen zu erforderlichen Kompensationsmaßnahmen im Artenschutz. Insbesondere wurden Regelungen für den Ausgleich hinsichtlich der Nistmöglichkeiten verschiedener Arten wie Mauersegler, Schwalben, Singvögel, Fledermäuse getroffen. Die Auflagen zum Schutz der Tiere fanden in den Ausschreibungen der Bauleistungen Berücksichtigung.

Nach Aufstellen des Gerüstes im Mai 2018 wurden sehr engmaschige Netze in den oberen zwei Gerüstlagen angebracht, um den Anflug von Mauerseglern in diesem Jahr zu verhindern, so Gampe. Zehn Nisthilfen mit jeweils drei Nistbereichen wurden am Gerüst angebracht. Die Auflagen der Naturschutzbehörde sind somit umgesetzt worden. Vor Ausführungsbeginn und auch während der Arbeiten wurden mehrfach Sichtkontrollen durch das mit der Bauüberwachung beauftragte Ingenieurbüro vorgenommen. Dabei wurde nachweislich festgestellt, dass bis zum Zeitpunkt des Anbringens der Netze im Baubereich keine Nistplätze belegt waren, so Susanne Lehmann, Pressesprecherin des Landkreises. Sind die Vorwürfe gegen das Landratsamt haltlos? Hat der Mann das Vogelsterben selbst beobachtet, die Mauersegler gezählt oder verlässt er sich auf Hörensagen? Gegenüber der SZ wollte sich der Löbauer jedenfalls nicht äußern. Eine entsprechende Nachfrage in den sozialen Medien beantwortete er nicht.

Ein SZ-Reporter schaute sich die Baustelle in der Hochwaldstraße am Donnerstag an. Er fand weder tote Vögel rund um das Verwaltungsgebäude noch sah er Mauersegler gegen Bürofenster fliegen. Die vom Beigeordneten beschriebenen Nisthilfen sind hingegen unübersehbar an allen vier Seiten des Baugerüstes angebracht. Ob die Mauersegler die Nistkästen aber wirklich nutzen, ließ sich bei der Besichtigung nicht feststellen. Angesprochene Mitarbeiter des Landratsamtes wollten sich vor Ort gegenüber der SZ nicht äußern.

Fakt ist: Der Mauersegler hält sich von Anfang Mai bis Anfang August zur Brutzeit in Mitteleuropa auf. Die Frage, ob seine Brut am Landratsamt in Zittau wirklich bedroht ist, lässt sich wohl nicht so einfach beantworten.