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Luisenhof zieht erste Bilanz

Zu Ostern startete das Ehepaar Rühle in dem beliebten Dresdner Restaurant. Wie gehen sie mit Kritik im Internet und dem Fachkräftemangel um?

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© René Meinig

Von Julia Vollmer

Die Vorfreude war groß, die Erwartungen riesig. Als das Ehepaar Rühle zu Ostern den Luisenhof wiedereröffnete, pilgerten viele Dresdner hoch auf den Berg. Jetzt sind bald die ersten 100 Tage als Wirte des Traditionshauses um. Zeit, eine erste Zwischenbilanz zu ziehen.

Carolin und Carsten Rühle betreiben das Restaurant. Seitdem haben sie Zusatz-Personal eingestellt und Abläufe in Küche und Service optimiert.
Carolin und Carsten Rühle betreiben das Restaurant. Seitdem haben sie Zusatz-Personal eingestellt und Abläufe in Küche und Service optimiert. © René Meinig

„Die ersten Wochen waren sehr stressig, alles musste sich erst einspielen“, erinnert sich Carolin Rühle. An den Tagen um Ostern klingelte im Stundentakt das Telefon. Anfragen, Reservierungen, Erinnerungen. „Wir haben schon zwei 100. Geburtstage gefeiert von Gästen, die schon als junge Menschen oft hier waren“, sagt Carsten Rühle.

Doch nicht alle Gäste waren zufrieden. Das Ehepaar kämpft, wie viele andere Dresdner Gastronomen, mit schlechten Bewertungen im Internet. Auf Portalen wie Tripadvisor gab es neben vielen guten, auch negative Einschätzungen zur Qualität der Speisen und des Services. „Das Preisniveau passt überhaupt nicht zur Leistung. Die Lage und die Tatsache, dass der Betreiber erhebliche Investitionen tätigen musste, rechtfertigen aus meiner Sicht nicht mal ansatzweise die sehr, sehr hohen Preise“, schreibt ein Gast. „Auf der Terrasse mussten wir lange auf die Bedienung warten“, ein anderer. Eine Nutzerin geht ins Detail. „Auf dem Spargel war eine Soße Hollandaise, sie war sehr unnatürlich gelb und in Form eines Berges.“ Ob diese Kritiken gerechtfertigt sind, kann an dieser Stelle nicht beantwortet werden. Den Besitzern gehen sie aber nahe. „Diese Kritiken treffen uns bis ins Mark. Sie lassen mich nicht gut schlafen. Ich nehme das mit ins Bett“, sagt Carsten Rühle. Er wünscht sich, dass die Gäste ihre Kritik gleich vor Ort im Restaurant äußern. „Dann können wir darüber reden“, so der Wirt. Doch längst nicht alle Bewertungen sind schlecht. Ein großer Teil der Gäste ist zufrieden. „Die Bedienung war äußerst nett und zuvorkommend“ heißt es da oder „Das Essen war hervorragend.“

An den Speisen will Carsten Rühle nichts ändern. „Wir haben eine gute Mannschaft in der Küche, die gute Arbeit macht.“ An den Abläufen habe er gearbeitet und zusätzliches Personal eingestellt. Sowohl in der Küche als auch im Service.

Mit sieben Köchen hatte Rühle vor Eröffnung kalkuliert, jetzt stellte er noch drei zusätzliche Kräfte ein. Genauso wie bei den Kellnern. Mit zehn Leuten plante er, aktuell arbeiten 13 für ihn.

Damit ist dem Luisenhof-Chef etwas gelungen, um das ihn fast alle Dresdner Gastronomen beneiden dürften. Beim akuten Fachkräftemangel Personal zu finden. Wie macht er das? „Ich habe ein gutes, jahrelang gepflegtes Netzwerk. Darauf konnte ich zurückgreifen“, sagt Rühle, der vorher schon Wirt im Restaurant 1900 war. Außerdem bezahle er seine Leute besser als viele andere, sagt er. 11 Euro Stundenlohn bekommen seine ausgebildeten Fachkräfte. Zusätzlich würden noch mal bis zu 400 Euro Trinkgeld kommen. „Wir teilen das Trinkgeld am Ende des Tages, 60 Prozent bekommen die Kellner, 40 Prozent die Köche“, sagt Carsten Rühle. Viele andere Restaurants in der Stadt zahlen den Mindestlohn von derzeit 8,84 Euro.

Das niedrige Gehalt, das in der Branche gezahlt wird, wurde immer wieder als ein Grund angeführt, warum die Gastronomie so extrem mit dem Fachkräftemangel kämpft. „Der tarifliche Stundenlohn in der untersten Tarifgruppe beträgt in Sachsen 9,08 Euro brutto“, sagt Karin Vladimirov von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). Eine ausgebildete Fachkraft bekäme monatlich 1669 Euro brutto bei einer 40-Stunden-Woche. Allerdings seien bundesweit nur ein Drittel der Unternehmen tarifgebunden. Das schlägt sich auch in den Azubi-Zahlen nieder. Während 2007 noch 629 Azubis in Dresden ihre Lehre zum Koch begonnen haben, waren es 2016 nur noch 189, so Lars Fiehler, Sprecher der Industrie- und Handelskammer.

Das Azubiproblem kennt auch das Inhaber-Ehepaar. „Früher gab es auf eine Stelle 300 Bewerbungen, heute sind wir froh, wenn eine kommt“, sagt der Chef. Doch ein Azubi fängt jetzt im Sommer im Luisenhof an. Bis dahin läuft der Betrieb weiter auf Hochtouren. Einen Schließtag, wie ihn fast alle Restaurants haben, soll es nicht geben. Viele Termine sind lange im Voraus reserviert. Hochzeiten werden ebenso gefeiert, wie viele Jugendweihen im kommenden Jahr. Einen kurzen Urlaub wollen sich Carolin und Carsten Rühle erst mal nicht gönnen. „Ich bin sieben Tage die Woche 12 Stunden am Tag hier“, sagt er.