Merken

Ludwigsdorf zieht Fußballtalente an

Der Sportverein aus dem Görlitzer Ortsteil wird am Wochenende 70 Jahre alt. Und hat doch ein junges Gesicht.

Teilen
Folgen
NEU!
© nikolaischmidt.de

Von Ingo Kramer

Acht Fußballmannschaften! Klaus-Jürgen Wende muss selbst nachzählen. Aber es sind tatsächlich so viele, die derzeit beim SV Ludwigsdorf 48 trainieren. Der 64-Jährige hat den Posten des Vereinschefs im März von Conrad Jacob (70) übernommen, der sich nun als Schatzmeister um die Finanzen kümmert. Wende führt einen exakt 70 Jahre alten und rund 100 Mitglieder zählenden Verein, der so viele Aktive hat wie lange nicht mehr. Neben Männermannschaft und Alten Herren gibt es A-, C-, D-, F- und G-Jugend – also vom 19-Jährigen bis zum Kindergartenkind – sowie bei den Frauen die B-Juniorinnen, in der 11- bis 17-Jährige mitspielen. Die meisten Mannschaften bilden zwar wegen ihrer geringen Größe Spielgemeinschaften mit anderen Vereinen, vor allem mit Zodel, aber dass sie überhaupt existieren, ist heutzutage nicht selbstverständlich. „Gerade im Nachwuchsbereich ist das ein überdurchschnittlicher Stand, nur wenige Vereine haben so viele Mannschaften“, erklärt Wende.

Wie man beim Nachwuchs attraktiv wird? „Entscheidend ist eine gute Sportanlage“, sagt Conrad Jacob. In Ludwigsdorf besteht diese aus drei Teilen: dem Rasenplatz, der 1996 auf dem Gelände des alten Schlackeplatzes entstanden ist, dem Hartplatz mit Flutlichtanlage, der 1998 gebaut wurde, wo einst das Freibad war, und dem modernen Vereinshaus, das 2004 genau zwischen den beiden Plätzen errichtet wurde. Ein anderer Punkt beim Gewinnen von Nachwuchs: Es braucht genug Übungsleiter, idealerweise zwei pro Mannschaft. „Da sind wir jetzt ganz gut aufgestellt“, sagt Jacob. Nicht zuletzt müssen genug Sportler existieren. Nach dem Mauerfall sei das ein großes Problem gewesen, sagt Jacob: „Da haben wir viele Männer und Kinder verloren, die in den Westen gegangen sind.“

Auch in den vergangenen Jahren gab es diesbezüglich immer mal Rückschläge. Mindestens 15 Jahre lang hat der Verein deshalb keine A-Jugend aus 17- bis 19-jährigen Spielern zustande bekommen, sagt Wende: „Jetzt haben wir erstmals wieder eine.“ Neue Eigenheimstandorte haben in den vergangenen Jahren wieder mehr Kinder in die Dörfer gebracht, sagt D-Junioren-Betreuer Achim Weilandt. Die meisten Spieler im Verein wohnen in Ludwigsdorf, Ober-Neundorf und Neißeaue, einige kommen auch aus Görlitz.

Kleiner Wermutstropfen: Neben den acht Fußballmannschaften gibt es heute unter dem Dach des Vereins nur noch die von Peter Blumrich geleitete Hobby-Kegeltruppe, aber keine anderen Sportarten mehr. Das sah in der 70-jährigen Vereinsgeschichte nicht immer so aus.

Der Verein wurde 1948 als Betriebssportgemeinschaft (BSG) Chemie des Kalkwerkes Ludwigsdorf gegründet. Anfangs gab es nur die Sektion Turnen. Fußball kam erst 1955 hinzu – mit drei Jugendmannschaften. Im gleichen Jahr begann der Bau des Sportplatzes, der 1957 fertiggestellt und eingeweiht wurde. Noch 1955 wurde auch eine Männermannschaft gegründet, später eine Mädchen-Handballmannschaft und die Sektionen Radsport, Gymnastik, Volleyball und Kegeln. Lange gab es keine sanitären Einrichtungen, selbst die ersten Umkleidebaracken wurden erst 1969 gebaut. Duschen folgten, doch für warmes Wasser musste bis weit nach dem Mauerfall mit Kohlen geheizt werden. Die erste Flutlichtanlage für den Trainingsbetrieb kam 1985. Das war damals nicht selbstverständlich: Im gesamten Fußballverband Görlitz gab es nur vier solcher Anlagen.

Nach 1989 kamen ganz andere Probleme hinzu, nicht nur der Wegzug vieler Spieler in den Westen, sondern auch das ständige Bemühen um Geld für Spielbetrieb, Nutzungsgebühren, Schiedsrichter, Beiträge an die Verbände sowie Startgebühren. Dazu die ständige Suche nach Übungsleitern und Nachwuchs. „Oft haben wir bereits im Kindergartenalter mit dem Anwerben von Mitgliedern begonnen“, sagt Conrad Jacob. Seit 1958 ist er Vereinsmitglied, seit 1974 leitete er die Abteilung Fußball – und hat sich seither für den Verein verdient gemacht wie kaum ein anderer.

Für die Zukunft hat der Verein zwei Ziele: die Breite im Nachwuchsbereich zu erhalten – und anstatt der jetzigen Spielgemeinschaft mit Germania Görlitz wieder eine eigenständige Männermannschaft mit mindestens 20 Spielern auf die Beine zu stellen. Dass das nicht leicht wird, ist Wende bewusst: „Bei uns erhalten die Spieler ja kein Geld.“ Dieses Wochenende bekommen sie zumindest ein Programm geboten: 70 Jahre SV Ludwigsdorf 48 sollen gefeiert werden. Mit viel Fußball, versteht sich.

70 Jahre SV Ludwigsdorf

Freitag, 17. August;17 Uhr Fassbier-Anstich, 19 bis 21 Uhr Testspiel der A-Junioren

Sonnabend, 18. August: 10 bis 13 Uhr Kleinfeld-Turnier der C-Junioren, 14 bis 16 Uhr Kreisliga-Punktspiel der Männer, 18 Uhr gemütliches Beisammensein mit Musik sowie Treff ehemaliger und aktiver Sportler im Festzelt auf dem Sportplatzgelände

Sonntag, 19. August: Programm von 9 bis 17 Uhr mit Fußballspielen, Hüpfburg, Musik, Kaffee und Kuchen