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Lok dampft wieder

Die Dampflok 99713 ist in einjähriger Arbeit in der Oberwiesenthaler Werkstatt fit für die Fahrt im Lößnitzgrund gemacht worden.

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© SDG

Von Peter Redlich

Radebeul. Eine alte Dampflok sanieren und wieder einsatzbereit machen, kann mit dem aufwendigen Restaurieren eines Gemäldes verglichen werden. Nur dass hier nicht Pinsel, Spachtel und Firnis zum Einsatz kommen, sondern handfeste metallene Spezialschraubschlüssel, Drehmaschine und Schmierfett. Vergleichbar mit der Kunstfertigkeit von Restauratoren ist die besondere Arbeit der Schlosser in jedem Fall.

In der Oberwiesenthaler Werkstatt der Sächsischen Dampfeisenbahn-Gesellschaft (SDG) ist jetzt eine solche große Operation mit Erfolg zu Ende gebracht worden. Die Dampflokomotive 99 713 ist wieder in Betrieb. Sie zieht wieder ordentlich durch, heißt es aus der Werkstatt.

Anfang August konnte das erste offizielle Schnaufen der frisch hauptuntersuchten Dampflokomotive 99 713 vernommen werden, informiert Roland Richter, SDG-Geschäftsführer. „Um 11 Uhr bewegte sich die Lokomotive aus der Abstellhalle der Lokomotivwerkstatt Oberwiesenthal (LWO)“, beschreibt Werkstattleiter der SDG, André Dörfelt, den besonderen Moment.

Im dortigen Lokschuppen wurde die Lokomotive der Gattung VI K seit März 2016 komplett instand gesetzt. Sie ist nun eine von derzeit zwei betriebsfähigen Lokomotiven ihrer Art in ganz Deutschland. „Einzigartig ist, dass die Lokomotive mit drei Zugbremssystemen ausgestattet wurde“, sagt der Werkstattleiter zum Seltenheitswert der großen Schwarzen.

Rund 6 500 Arbeitsstunden in der Lokomotivwerkstatt Oberwiesenthal waren notwendig, um die Dampflok für ihren täglichen Einsatz bei der Lößnitzgrundbahn fit zu machen. Letztmalig war die Lokomotive vor 46 Jahren bei der Reichsbahn im Plandienst eingesetzt. Danach diente sie bis 2007 als Traditionslok und kam nur selten zum Einsatz. Anschließend war sie als Ausstellungsstück in Radeburg und später im Schmalspurbahnmuseum der Interessengemeinschaft Verkehrsgeschichte Wilsdruff als Dauerleihgabe zu sehen.

Die Fakten für die Fans: Gebaut wurde die Lok 1927 bei der Sächsischen Maschinenfabrik, vormals Richard Hartmann Aktiengesellschaft Chemnitz. Sie gehört zur Gattung K55.9 mit der Fabriknummer 4670. Damals kostete die Lok 64 000 Reichsmark.

Die Dampflokomotive 99 713 entstammt schon vor 90 Jahren einer Serie von Nachbaulokomotiven. Die ursprüngliche Konstruktion ist bei Henschel und Sohn in Kassel entwickelt und hergestellt worden. Mit Kriegsende 1918 wurden die Lokomotiven an die Königlich-Sächsischen Staatseisenbahnen verkauft. Die Spurweite beträgt, wie bei den Schmalspurbahnen üblich, 750 Millimeter. Die Lok wiegt 33,5 Tonnen und erreicht eine Geschwindigkeit von 30 km/h. Technische Raffinessen sind beispielsweise die drei Zugbremssysteme, die in Deutschland einmalig sind und jetzt in Oberwiesenthal erneuert wurden.

Mirko Froß, Bahnbetriebsleiter der Sächsischen-Dampfeisenbahn Gesellschaft, sagt, dass die Lok noch im August nach Radebeul transportiert werden soll. Das ist nicht ganz unkompliziert. Weil das schwere und große Fahrzeug mit einem Tieflader als Schwerlasttransport fahren muss. Begleitet wird es auf der Strecke aus dem Erzgebirge ins Elbtal von einem Sicherheitsfahrzeug mit Rundumleuchte. An bestimmten Abschnitten sichert auch die Polizei. „Allerdings“, so Froß, „darf die Fahrt, wegen der möglichen Behinderungen, nur nachts geschehen.“

Auf der Strecke der Lößnitzgrundbahn zwischen Radebeul-Ost und Radeburg soll die Dampflokomotive 99 713 zum ersten Mal wieder beim Dampflokfest am dritten Septemberwochenende rollen. Für die Freunde der Eisenbahn dann wieder ein lohnendes Fotomotiv, so Mirko Froß.