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Löbau droht die Kultur-Blamage

Haus Schminke will zum Jubiläumsjahr „100 Jahre Bauhaus“ glänzen. Doch wegen des Denkmalschutzes könnten Gäste aus aller Welt vor einem Gerüst stehen.

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© Matthias Weber

Von Markus van Appeldorn

Löbau. Erzählungen über Baustellen beginnen oft mit dem Wort „Eigentlich“. So wie diese. Eigentlich sollte das Haus Schminke schon seit Mitte August wieder im alten Glanz strahlen und nach der Sanierung wieder für Besucher und Übernachtungsgäste öffnen. In Wahrheit ist es immer noch verhüllt von einem Gerüst. Und in Wahrheit ist es ungewiss, wie lange dieser Zustand noch anhält. Denn hinter den Verzögerungen stecken massive Probleme mit dem Denkmalschutz.

Peter Hesse ist Chef der Kultur- und Weiterbildungsgesellschaft und außerdem auch Vorstand der Schminke-Stiftung.
Peter Hesse ist Chef der Kultur- und Weiterbildungsgesellschaft und außerdem auch Vorstand der Schminke-Stiftung. © Matthias Weber

„Die Baustelle steht“, sagt Peter Hesse, Vorstand der Stiftung Haus Schminke. Deshalb habe man auch beschlossen, das für den kommenden Sonntag, 2. September, geplante Gartenfest und Serenadenkonzert abzusagen. Grund für den Stillstand sind Unstimmigkeiten über die Fassadensanierung. „Die Denkmalschutzbehörde versagt der von uns geplanten Sanierungslösung die nötige Genehmigung“, sagt Hesse. Die Stiftung will das Haus rundum neu weiß verputzen lassen. Doch die Behörde fürchtet, dass genau dabei der denkmalwürdige Charakter der Fassade verloren gehen könnte. Denn der am Haus Schminke beim Bau 1933 verwendete Putz wies eine Besonderheit auf. „Eigentlich ist es ein stinknormaler Kratzputz, wie er vor und nach dem Bau von Haus Schminke an sehr vielen Häusern verarbeitet wurde“, sagt Peter Hesse. Der Putz stammte aus einer Kiesgrube bei See, die heute nicht mehr existiert. „Die Kiesgrube lieferte einen beinahe weißen Sand, der zusätzlich glitzerte“, erklärt Hesse. Dieser Glitzereffekt war auch für das Haus charakteristisch, ist aber mit den Jahrzehnten verloren gegangen. Architekt Hans Scharoun habe ihn damals aber nicht wegen des Glitzereffektes verwendet. „Den hatte er inklusive. Es ging damals darum, Materialien aus der Region zu verwenden“, sagt Hesse.

Die Denkmalbehörde wolle den Originalputz aber weitgehend unangetastet lassen. Das sieht Peter Hesse nicht ein. „Putz ist eine Verschleißschicht. Wenn der von 1933 bis jetzt gehalten hat – mehr kann man nicht verlangen“, sagt er. Bereits in den 90er-Jahren habe es eine Putzsanierung gegeben. „Dabei wurden Risse im Putz repariert“, sagt Hesse. Und das hätte man besser bleibenlassen sollen. „Die Reparatur hat dazu geführt, dass sich das Schadensbild verschlimmert hat“, sagt er. Sein Vorschlag an den Denkmalschutz: Rundum neu mit einem Spezialputz versehen, der in Farbe und Korngröße dem Original entspricht. „Und am Wirtschaftseingang würden wir an einer Stelle den Originalputz und die verunglückte Reparatur erhalten, um auch diese Geschichte sichtbar zu dokumentieren“, sagt Hesse. Die Behörde habe sich bisher aber nur darauf eingelassen, die Südfassade an der Eingangsseite neu verputzen zu lassen.

Ohne die notwendige denkmalschutzrechtliche Genehmigung fließe kein Fördergeld für die Fassadensanierung, erklärt Hesse. An eine Fortführung der Bauarbeiten sei daher nicht zu denken. Und die Situation werde für die Stiftung existenziell bedrohlich. „Wir sind auf Einnahmen aus Übernachtungen, Führungen und Veranstaltungen angewiesen, um den laufenden Betrieb finanzieren zu können“, sagt Peter Hesse. Auch die Sender MDR und Deutsche Welle hätten bereits zugesagt, im nächsten Jahr eine zweite Staffel der erfolgreichen Sendung „Privatkonzert“ im Haus Schminke zu produzieren. „Das hat uns in ganz Deutschland und international sehr viel Anerkennung gebracht“, sagt Hesse. Und eine willkommene Einnahme sei es natürlich auch gewesen.

Man könne dieses Jahr noch fertig werden. „Aber das Zeitfenster wird immer kleiner“, sagt Peter Hesse. Bis Oktober könne man vielleicht noch verputzen, dann aber werde es zu kalt dafür. „Und die Baufirmen warten auch nicht auf uns. Das wird ja in Handarbeit aufgetragen. Da gibt‘s nicht mehr viele, die das können“, erklärt er. So drohe das Haus Schminke noch den ganzen Winter über bis ins nächste Frühjahr voll eingerüstet dazustehen.

Und das wäre für den Stiftungs-Vorstand noch aus einem anderen Grund eine riesige Blamage. Denn im Jahr 2019 will man auch im Haus Schminke das Jubiläumsjahr „100 Jahre Bauhaus“ begehen. „Wir haben hier ein Architekturdenkmal von weltweitem Rang“, sagt Hesse. Schon jetzt bekäme man regelmäßig mehr von architektur-interessierten Anfragen aus Japan oder Amerika, denn aus Deutschland. Für das Jubiläumsjahr rechnet Hesse mit einem Strom von Kulturtouristen zu den Stätten der Bauhaus-Architektur. Hesse: „Das ist von hohem internationalen Interesse. Wenn wir bis dahin nicht fertig werden, das wäre skandalös.“