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Leutersdorf gründet Wasserwehr

Die Mitglieder sollen Hochwassergefahren abwehren – und schon loslegen, bevor der höchste Pegestand erreicht ist.

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© SZ-Archiv/Bernd Gärtner

Von Holger Gutte

Lösungen für den Hochwasserschutz erwarten die Einwohner von Spitzkunnersdorf. Der Leutersdorfer Ortsteil gehört zu den Orten im Landkreis Görlitz, die mit am stärksten in den letzten Jahren von Hochwasserkatastrophen betroffen waren. Seit 2010 haben die Einwohner hier schon sechs durchmachen müssen. Noch gut in Erinnerung ist den Spitzkunnersdorfern das Hochwasser vom 14. Mai 2017. Mit dem Wasser zog sich eine riesige Schlammlawine vor allem durch den unteren Bereich der Dorfstraße. Und einen Monat später hieß es schon wieder „Land unter“. Vor allem aber das Hochwasser im Mai hat riesige Schäden angerichtet. Der Ort war schlimmer betroffen als bei den Hochwasserkatastrophen 2010 und 2013.

Um beim nächsten Hochwasser schneller und effektiver reagieren zu können, hat die Gemeinde jetzt eine Wasserwehr gegründet. 15 Männer und eine Frau gehören ihr an. Sie kommen aus beiden Ortsteilen. „Wer Interesse hat hier mitzumachen, kann sich immer noch dafür bewerben“, sagt Gemeindewehrleiter Jürgen Reichel. Er leitet auch die Wasserwehr. Für ihre künftigen Einsätze erhält die Wasserwehr jetzt einen Hochwasserschutzanhänger. Damit der möglichst schnell zur Verfügung steht, haben die Gemeinderäte auf ihrer jüngsten Sitzung einstimmig Bürgermeister Bruno Scholze (CDU) beauftragt, dafür den Zuschlag an den günstigsten Anbieter zu erteilen. Etwa 60 000 Euro sollen dafür investiert werden. 45 000 Euro davon sind Fördermittel.

Der Anhänger ist mit vier Rollcontainern bestückt. Zu jedem von ihnen gehört ein Stromerzeuger, eine Wasserpumpe sowie Schaufeln, Besen und andere Hilfsmittel. Der Anhänger wird im Feuerwehrdepot der Spitzkunnersdorfer Ortswehr stehen. Mit einer Wechselkupplung ausgerüstet, kann er von einem Lkw und einem Pkw gezogen werden.

„Mit der Wasserwehr wollen wir bei starken Regenfällen die Reaktionszeitenverbessern“, berichtet Jürgen Reichel. Die Mitglieder werden sozusagen schon eine Alarmstufe eher aktiv, bevor es Hochwasseralarm gibt. So haben die Mitglieder die Aufgabe, bei Alarmstufe 1 die Gewässer im Ort zu beobachten. Und damit ist nicht nur die persönliche Wahrnehmung am Dorfbach gemeint. Über eine entsprechende Software können sie von zu Hause aus am Computer die Unwetterwarnungen des Deutschen Wetterdienstes beobachten und auswerten. Zudem haben sie Zugriff auf eine Internetseite, die alle fünf Minuten die Niederschlagsgebiete – sogenannte Zellen und Gewitterfronten – aktualisiert und ihre Zugrichtungen anzeigt. „Bisher haben wir noch keine Erfahrungen damit. Aber das wird mit der Zeit“, sagt Jürgen Reichel.

Aber wenn mit Hochwasser zu rechnen ist, könnten die Bürger so eher davor gewarnt werden. Viele haben ja aus der Erfahrung der letzten Jahre schon vorgesorgt und sich U-Schienen für Sperren angeschafft, Rückstauklappen eingebaut und Sandsäcke gelagert, schildert er. Die Bürger bekämen so die Zeit, die sie brauchen, um ihre Grundstücke damit bis zu einem gewissen Grad vor Wasser und Schlamm zu schützen.

Gerade das Hochwasser vom Mai 2017 in Spitzkunnersdorf habe gezeigt, wie wenig Zeit manchmal zum Reagieren bleibt, als das Wasser und der Schlamm binnen weniger Minuten vor allem von den Feldern und Hängen kam. Da es nur punktuell in diesem Ort auftrat, stieß das Ereignis sogar EU-weit auf Beachtung. Das RainMan-Projekt der EU ist für Deutschland auf diesem Starkregenereignis im Mai 2017 in Spitzkunnersdorf aufgebaut, schildert Jürgen Reichel. Damit lassen sich digitale Modelle theoretisch für den Hochwasserschutz erstellen.

Die Umsetzung, wie beispielsweise der Bau von Regenwasserrückhaltebecken, ist aber eine andere Sache. In Spitzkunnersdorf sind zwei, am Pappelweg und am Sportplatz, schon länger geplant. Bisher konnten die Projekte aber wegen der Zustimmung der Grundstückseigentümer nicht umgesetzt werden.

Die Vermögensgemeinschaft Spitzkunnersdorf hat dagegen schon angekündigt, zum Hochwasserschutz beizutragen. Ab dem Mitteldorf will das Landwirtschaftsunternehmen die Fruchtfolge bei der Feldbestellung ändern, um das Wegspülen des Mutterbodens einzudämmen.