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Letzter Akt für neue Abwasserleitung

Ab Ende November wird das Abwasser von Wilsdruff nach Dresden geleitet. Eine Schlüsselstelle ist nun fast fertig.

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© René Meinig

Von Peter Hilbert

Wilsdruff. Frank Knauth hockt in der großen Röhre und prüft, ob die viel kleinere Kunststoffleitung gut verlegt ist. Der Fachmann von einem Dresdner Ingenieurbüro ist zufrieden. In wenigen Wochen wird dieses Großvorhaben geschafft sein, bei dem der 31-Jährige als Planer und Bauüberwacher aktiv war. Denn das Klärwerk Kaditz bekommt jetzt den längsten neuen Anschluss. Möglich wird das durch eine 12,5 Kilometer lange Druckleitung, durch die künftig das Abwasser vom Wilsdruffer Zweckverband „Wilde Sau“ bis nach Kaditz fließt. Ende 2017 hatte der aufwendige Bau begonnen.

Im März dieses Jahres war der Auftakt für die spektakulärste Aktion bei diesem Zehn-Millionen-Euro-Projekt. Gebohrt werden musste direkt neben der Dresdner Autobahnbrücke der A 4 ein 330 Meter langer Rohrtunnel unter dem Elbgrund. Solche Verbindungen unter Flüssen werden in der Fachsprache Düker genannt, was im Holländischen Taucher heißt. 1,4 Millionen Euro hat allein die Elbquerung gekostet.

Das Vorhaben ist das größte Projekt, das der Wilsdruffer Abwasserzweckverband jemals stemmen musste. Ist die Leitung einmal fertig, fließen durch sie rund eine Million Kubikmeter Abwasser im Jahr beziehungsweise 73 Liter in der Sekunde aus Wilsdruff, Klipphausen und Tharandt nach Dresden. Ganz ausgedient hat das alte Klärwerk in Klipphausen nach der Freigabe der Leitung nicht. Der Rechen und der Sandfang, die grobe Schmutzteile herausfiltern, bleiben in Betrieb. Einige der großen Becken bleiben bestehen und sollen bei Starkregen die Wassermassen zurückhalten.

Eine Sanierung und Erweiterung der alten Kläranlage wäre eine Alternative zu der langen Abwasserleitung gewesen. Nach Angaben der Verantwortlichen ist das Verlegen der Rohre allerdings deutlich kostengünstiger.

Seit Ende vergangenen Jahres wurde die neue Leitung von der Kläranlage Wilsdruff Richtung Kaditz gebaut, erläutert Norman Wonka. Als Teamleiter Investitionen bei der Dresden Stadtentwässerung ist er dafür zuständig. Parallel zur Autobahn wurde auf den Feldern ein knapp zwei Meter tiefer Graben ausgebaggert, in den die Leitung kam. Nur auf den ersten 1,8 Kilometern hinter Wilsdruff geht es bergauf, sodass das Abwasser gepumpt werden muss. „Danach fließt es im freien Gefälle bis zur Kläranlage Kaditz“, beschreibt Wonka den Verlauf. „Die Flächen sind übergeben und zum Teil schon wieder mit Wintergerste bestellt. Derzeit wird am letzten, 200 Meter langen Abschnitt zwischen dem Pfaffengrund und den Kemnitzer Elbwiesen gearbeitet. „Er ist aber besonders schwierig“, sagt der Teamleiter. Denn sowohl die Meißner Landstraße als auch die benachbarte Eisenbahntrasse müssen unterquert werden.

Alte Röhre kann genutzt werden

Deshalb gab es die Idee, die Abwasserleitung an die Autobahnbrücke zu hängen. Das wurde jedoch abgelehnt. „Also mussten wir eine Alternative suchen.“ Eine sehr aufwendige Möglichkeit wäre es gewesen, eine Bohrung durch den Untergrund zu treiben und die Leitung einzuziehen. Deshalb habe die Stadtentwässerung mit den Ingenieuren andere Lösung gesucht – und gefunden. Unter der Straße und Bahntrasse verläuft ein Überlaufkanal Richtung Elbe. Durch die 1905 gebaute Röhre aus Stampfbeton läuft bei starkem Regen überschüssiges, stark verdünntes Abwasser in den Fluss, damit der Kanal nicht kollabiert, erläutert Bauüberwacher Knauth.

Die 1,5 Meter hohe Röhre sei aber noch in sehr gutem Zustand und habe genügend Reserven. Also konnte die 35 Zentimeter starke Kunststoffleitung in einem der beiden Gänge am Rand montiert werden, der für Wartungsarbeiten genutzt wird. Das Rohr ist schon weitgehend verlegt. Die jeweils sechs Meter langen Abschnitte wurden auf einem Wagen in den Kanal gezogen und dann seitlich auf den künftigen Platz gerollt. Keine einfache Aufgabe. Immerhin wiegt ein Teil sechs Zentner.

Bis Ende dieses Monats soll in der großen Baugrube noch das geknickte letzte Stück zum Elbdüker-Anschluss verlegt werden, sodass die Leitung nach Kaditz komplett ist. Ende November soll der Probebetrieb beginnen. Ist alles in Ordnung, wird die Wilsdruffer Kläranlage Ende Januar abgeschaltet.