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Leidenschaft für Bänder

Mit Technik-Raritäten, historischer Moden und Musik feiert das Technische Museum in Großröhrsdorf seinen Geburtstag.

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© René Plaul

Von Reiner Hanke

Großröhrsdorf. Bänder sind ihre Leidenschaft. Die Leidenschaft der Mitglieder des Vereins Großröhrsdorfer Industrie- und Bandmuseum. Und das bei dem einen oder anderen nicht erst seit 20 Jahren. Seit zwei Jahrzehnten aber haben die Bänder und ihre Geschichte eine neue Heimat – im Technischen Museum der Bandweberei an der Schulstraße in Großröhrsdorf. Dieses Jubiläum wird jetzt gefeiert. Und auch das Gebäude hat selbst eine bewegte Geschichte. War es doch auch einst eine Bandweberei. Bis 1994 wurde in dem Industriebau noch produziert: Gummibänder für Hosenträger zum Beispiel. Bernd Hartmann ist der Vereinsvorsitzende. Er muss es wissen, denn er war selbst als Textilingenieur hier der Produktionsleiter. Was könnte eine bessere Hülle sein für ein Museum der Bandweberei. Mehrere Millionen Euro flossen seit 1994 in die Kulturfabrik. Allerdings nicht nur ins Museum, auch in die Bibliothek zum Beispiel und Horträume. 2010 erhielt das Museum eine zweite Etage und verfügt jetzt auf 520 m² über mehr als das Doppelte der früheren Ausstellungsfläche. Aber auch die ist inzwischen fast erschöpft.

© Reiner Hanke

Nun rattern hier seit 20 Jahren die Museumsmaschinen und machen damit die Geschichte des Ortes und seiner Bandindustrie für nachfolgende Generationen erlebbar. Wie viele historische Webstühle die Vereinsmitglieder in der Zeit restauriert haben, wie viele Stunden sie gebaut, geputzt und gepfriemelt haben, können sie kaum noch zählen. Natürlich werden sie auch zum Jubiläum museale Neuheiten, drei Leihgaben, präsentieren. Es sind Maschinen mit Nadeltechnik, u. a. eine Strickmaschine. Die sind im Sonderausstellungsraum zu sehen, begleitet von einer Foto-Schau mit Impressionen einer vergangenen Fabrik. Es ist die Weberei C. G. Großmann. Heute steht an dem Standort ein neuer Komplex von Industriehallen.

Größtes Bandweberzentrums im Osten Deutschlands

Seit 1680 George Hans die Bandweberei in Großröhrsdorf einführte, war dieses Handwerk maßgebend für die Entwicklung des Ortes. So entstand aus einem Bauerndorf eine Stadt mit großen Bandfabriken. „Großröhrsdorf bildete mit umliegenden Orten das größte Bandweberzentrum im Osten Deutschlands“, schätzt Stadtsprecherein Anja Kurze ein. 34 Bandwebereien gab es in dieser Region in und um Großröhrsdorf – 28 in der Stadt selbst. Fünf Betriebe führen diese Tradition heute noch fort. Die Bandindustrie lebt also noch.

Dank verschiedenster Initiativen sei es vor 20 Jahren gelungen, ein Museum zu eröffnen, das die Entwicklung der Bandweberei beschreibt, so Anja Kurze, vom einfachen Handwebstuhl um 1680 bis zum modernen Webautomaten. Wobei die Anfänge und die Idee für die Sammlung schon in den 1970er- und 1980er-Jahren zu suchen sind. Damals beschlossen spätere Vereinsmitglieder, Technik einzulagern. 1990 mit der politischen Wende und dem Niedergang der Industrie war dann Gefahr in Verzug. Das DDR-Kombinat Bandtex wurde abgewickelt, Fabriken wurden geschlossen, verkauft, an frühere Eigentümer rückübertragen oder abgerissen: „Wir mussten die Sammlung zusammenhalten“, sagt der Vereinschef. Um sie im späteren Museum zusammenzuführen. Wertvolle Exponate der Industriegeschichte wären sonst schlimmstenfalls auf den Müll geflogen. Kurz nach dem Umbruch 1989 keine leichte Aufgabe.

Aber es ist gelungen, die Geschichte der Bandindustrie zu bewahren und ein Grund mehr, am Sonntag zu feiern. Die Sammlung noch funktionstüchtiger Webstühle im Technischen Museum der Bandweberei dürfte europaweit einmalig sein, sind sich die Vereinsmitglieder sicher. Dazu gehören allein 16 Webmaschinen und Zubehör von der Dampfmaschine bis zur Haspel und einem Kalander zum Glätten der Bänder.

Seinen 20. Geburtstag begeht das Technische Museum der Bandweberei am Sonntag, dem 27. Mai mit einer großen Feier. In den Vorbereitungen läuft jetzt der Feinschliff: „1000 kleine Dinge“, sagt Bernd Hartmann, „Da noch eine Beschriftung, dort ist noch etwas zu richten.“ Eine Ausstellung zur Museumsgeschichte wird zu sehen sein. Am Sonntag präsentieren die Mitglieder des Vereins auch erstmalig ihre neue Sonderausstellung „Impressionen einer vergangenen Fabrik C.G. Großmann“ sowie die Sammlung von Nadeltechnikmaschinen. Die werden natürlich auch fürs Publikum rattern.

Gefeiert wird am Sonntag, dem 27. Mai, von 10 bis 18 Uhr; 10 Uhr Eröffnung mit dem Spielmannszug Kleinröhrsdorf; 10.30 Uhr Eröffnung der Sonderausstellungen „Impressionen einer vergangenen Fabrik C.G. Großmann“ und „Nadeltechnikmaschinen“ mit Vorführung; ab 11 Uhr „Bändelmarkt“ mit Erzeugnissen aus Bandwebereien; ab 11 Uhr Kindereisenbahn (kostenlos), Rassekaninchen zum Streicheln, Präsentation des Bienenzüchtervereins; 12 Uhr Musikprogramm mit Dudelsack der Familie Walber; ab 14 Uhr Basteln mit der Familienbildungsstätte Bischofswerda; 14 Uhr „Franzl-Musi & Sächsische Harmonikafreunde“; 16 Uhr Modenschau mit historischen Kostümen.