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Das Ende der Lederfabrik ist besiegelt

Nach monatelangem Hin und Her erlaubt die Landesdirektion der Stadt Freital, das Denkmal abreißen zu lassen.

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© Egbert Kamprath

Freital. Die Freitaler Lederfabrik wird abgerissen. Die Landesdirektion als zuständige Behörde hat der Stadt Freital die Genehmigung dafür erteilt. Das teilte das Rathaus am Dienstagabend mit. „Ich freue mich, dass die Landesdirektion nun Klarheit geschaffen hat und wir weitere kostspielige, zeitraubende und aufwändige Verfahren vermeiden konnten“, wird Oberbürgermeister Uwe Rumberg (CDU) zitiert. Damit geht ein monatelanges Hin und Her um die Zukunft des zentral gelegenen Gebäudes in Freital zu Ende.

Die Stadt Freital werde nun die erteilten Auflagen zur Fotodokumentation und zu den naturschutzrechtlichen Belangen schnellstmöglich erfüllen und die weiteren Schritte für einen baldigen Abriss einleiten, hieß es. Wann genau die Abrissbagger anrücken, ist damit noch offen.

Weil es sich bei der Lederfabrik um ein Denkmal handelt, konnte die Stadt als Eigentümerin des Hauses dieses nicht einfach so abreißen, sondern brauchte eine sogenannte denkmalschutzrechtliche Genehmigung. Diese erteilt in diesem Fall eigentlich die Denkmalbehörde des Landratsamtes in Abstimmung mit der Denkmalbehörde des Freistaates. Entschieden wird nach dem Grundsatz, ob ein Erhalt für den Eigentümer zumutbar wäre.

Im Fall der Lederfabrik konnten sich die beiden Behörden aber nicht einigen – das Landratsamt sah den Erhalt als nicht zumutbar, der Freistaat schon. Deswegen wurde die Entscheidung Ende Mai an die übergeordnete Landesdirektion weitergegeben, die nun entschieden hat.

Sie teilte die Ansicht des Landratsamtes, dass eine Sanierung des Gebäudes für die Stadt Freital als Eigentümer nicht zumutbar ist – insbesondere wegen der Belastung der Gebäudesubstanz durch Altlasten wie ein Sprecher der Landesdirektion mitteilte. Nach Berechnungen der Stadt wären für eine Bestandssicherung, Altlastenbeseitigung und Sanierung mindestens rund 8,7 Millionen Euro nötig. Davon ausgehend, dass Fördermittel fließen würden, hätte die Stadt immer noch mindestens 3,8 Millionen Euro bereitstellen müssen. Außerdem würden Betriebskosten und Anfangsverluste in Höhe von weiteren rund 1,1 Millionen Euro für die Anlaufzeit von maximal zehn Jahren auflaufen, so die Kalkulation.

Ein Gutachten aus dem Jahr 2017 beziffert die Kosten für den kompletten Abriss des Gebäudes und die Entsorgung der Altlasten auf rund 1,5 Millionen Euro.

Bereits im Mai 2017 hatte sich der Freitaler Stadtrat mehrheitlich für den Abriss der Lederfabrik ausgesprochen und damit das Genehmigungsverfahren angestoßen. „Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht und tiefgründige Untersuchungen in Auftrag gegeben und umfangreiche Berechnungen angestellt“, sagte Rumberg damals. „Mit den ermittelten Daten ist das Gebäude aus unserer Sicht nicht zu erhalten. Das ist bedauerlich für die traditionsreiche Immobilie, aber mit Vernunft betrachtet für die Stadt der einzig vertretbare Weg, vor allem im Hinblick auf die finanziellen Möglichkeiten und enormen Ausgaben für Pflichtaufgaben – wie zum Beispiel anstehende Kita- und Schulhausbau- oder Infrastrukturmaßnahmen.“

Welche Pläne es mit dem dann beräumten Lederfabrik-Geländes gibt, steht noch nicht konkret fest. In der Mitteilung vom Dienstag ist von einer „wirtschaftlichen und städtebaulichen Entwicklung des 8 000 Quadratmeter großen Areals“ die Rede. Das neue Stadtzentrum am ehemaligen Sächsischen Wolf und das benachbarte Mühlenviertel sollen in die Planungen einbezogen werden. Die bevorzugte Variante Rumbergs ist die, dass der Freistaat auf dem dann beräumten Lederfabrik-Grundstück das versprochene Haus der Bildung, ein Behördenstandort, errichtet. Wenn das nicht klappt, könnte man die Fläche für einen privaten Investor ausschreiben.

Die Lederfabrik ist eines der letzten noch erhaltenen Industriegebäude in Freital vom Ende des 19. Jahrhunderts. Sie nahm 1893 die Produktion auf. Zu DDR-Zeiten wurde die Lederfabrik Teil des Kombinates Lederwaren Schwerin, als Werk VII. Modernisierungen blieben aus. Eine Kläranlage für die chromhaltigen Abwässer gab es nicht. Zum Teil wurde 1990 noch mit Maschinen aus der Zeit der Betriebsgründung gearbeitet. Zuletzt stellte man in der Fabrik Leder für Taschen, zum Beispiel für Schulranzen, her. Nach der Wende gibt es etliche Versuche, die Lederfabrik neu zu nutzen – unter anderem für ein Factory Outlet. Die Idee scheitert. 2013 kaufte die Stadt die Lederfabrik für 700 000 Euro. In dem Gebäude sollte eine Art Denkfabrik für junge Unternehmen entstehen.