Merken

Lebenstraum zum Beruf gemacht

Pferdewirtin Anja Engel hat von Kindesbeinen an ein Herz für Vierbeiner. Selbst reiten darf sie momentan allerdings nicht.

Teilen
Folgen
© Sebastian Schultz

Von Dörthe Gromes

Goltzscha. Der bekannten Redensart „Alles Glück der Erde liegt auf dem Rücken der Pferde“ würde die Goltzschaerin Anja Engel vermutlich zustimmen, dreht sich ihr Leben doch um die Rösser. „Ich bin von von klein auf geritten“, sagt die 29-Jährige. Da lag eine Ausbildung zur Pferdewirtin nahe, die sie von 2006 bis 2009 auf Gestüten in Leisnig und Mischwitz absolvierte. „Nach der Lehre hatte ich schon drei Pferde, und es wurde langsam teuer, sie in Pension zu geben, also habe ich meinen eigenen Pferdehof aufgemacht“, erzählt sie.

Platz auf dem eigenen Grundstück war zum Glück vorhanden, die Tischlerei ihres Vaters liegt gleich nebenan. Pferdehof und Tischlerei befinden sich unmittelbar am Ortseingang von Goltzscha in Richtung Leckwitz. Außerdem pachtet Anja Engel noch Wiesen und Weiden in der Umgebung dazu. Insgesamt bewirtschaftet sie circa drei Hektar Land.

„Ich lege großen Wert darauf, dass die Pferde jeden Tag bei Wind und Wetter auf der Weide sind, statt in der Box zu stehen“, sagt sie. Dabei stehen mindestens immer zwei Pferde zusammen auf einer Koppel, schließlich sind es Herdentiere. Sie brauchen die Gesellschaft von Artgenossen. Entsprechend leer sind die Pferdeställe an diesem Vormittag mitten in der Woche. Nur die vielen Schwalben, die unterm Stalldach ihre Nester haben, fliegen munter ein und aus, um ihren Nachwuchs zu versorgen. Hausschwein Hans Wurst lässt sich von ihrem Herumgefliege nicht stören und schnurpst zufrieden in seiner Box. Sein Name beinhaltet schon seine Zukunft.

Zehn Pferde leben auf dem Hof, außerdem zwei Hunde, Katzen, diverse Hühner und Kaninchen. Acht Pferde gehören Anja Engel selbst. Die zwei anderen sind Pensionsgäste, die gegen ein monatliches Entgelt von rund 200 Euro Kost, Logis und Auslauf auf dem Hof bekommen. Die Nachfrage nach Stellplätzen würde immer mal wieder schwanken. Allerdings beobachtet Anja Engel, dass sich zunehmend Menschen zu schnell ein Pferd anschaffen, ohne zuvor den Umgang mit dem Tier gründlich gelernt zu haben oder auch nur genügend Zeit für ihren Vierbeiner zu finden. „Drei bis vier mal in der Woche sollte man schon bei seinem Pferd vorbeischauen, auch wenn es in einem Pensionsstall steht“, meint sie. Andernfalls würde sich eher eine Reitbeteiligung anbieten. In diesem Fall zahlt man einem Pferdebesitzer eine monatliche Summe, um das Pferd zu festgelegten Zeiten reiten zu dürfen. – Neben den Pensionspferden bringen vor allem die dreimal in der Woche stattfindenden Reitstunden für Kinder und Erwachsene dem Hof Einnahmen. „Man muss schon dahinterstehen, denn reich wird man damit nicht“, meint Anja Engel achselzuckend. Aber das Geldverdienen scheint ihr ohnehin nicht so wichtig zu sein, dafür lebt sie ihren persönlichen Traum vom Glück. Für den ist sie den ganzen Tag von sechs Uhr morgens bis in die Abendstunden auf den Beinen. Nach einem schnellen Morgenkaffee versorgt sie zuerst die Tiere, bringt die Pferde auf die Weide, mistet aus und erledigt all die zahllosen Arbeiten, die auf einem Hof eben zu tun sind. Am Nachmittag packt ihr Lebensgefährte mit an. „Freizeit ist nicht viel“, kommentiert sie trocken. Urlaub auch nicht: „Da bin ich ohnehin nicht so der Typ für, ein Tag im Naturbad ist schon Urlaub.“

Tiere mit Persönlichkeit

Große Sorgfalt verwendet Anja Engel auf die Ausbildung und das Zureiten junger Pferde: „Jedes Pferd ist unterschiedlich und hat seine eigene Persönlichkeit.“ Nicht jedes Pferd eignet sich für alle Belange, zum Beispiel als Schulpferd. „Dafür muss das Pferd schon geboren sein, die brauchen ein sehr ausgeglichenes Temperament“, sagt die Pferdewirtin mit Blick auf ihre zwei erfahrenen Schulpferde Gino und Lucy, die sich eine Koppel teilen. Ruhe, Geduld und Durchsetzungsvermögen müsse man für den erfolgreichen Umgang mit Pferden mitbringen. Anja Engel steigt natürlich regelmäßig selbst aufs Pferd. Als Vielseitigkeitsreiterin nimmt sie in den Einzeldisziplinen Dressur, Geländeritt und Springen immer mal wieder an Turnieren in Sachsen und Brandenburg teil. Weil sie und ihr Partner allerdings im Herbst Nachwuchs erwarten, muss sie das Reiten aus gesundheitlichen Gründen derzeit unterlassen.

Die Beine legt sie aber trotzdem nicht hoch. Aktuell steht gerade die Heuernte an. Auch die erledigt die patente Frau mit ihren Landwirtschaftsmaschinen allein. Große, runde Heuballen lagern bereits unter einem Vordach auf dem Hof. Zehn Pferde fressen eine Menge Heu über den Winter.