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Leben retten ohne Grenzen

Noch bis Herbst 2019 läuft ein länderübergreifendes Projekt der Rettungswachen. Gemeinsame Übungen sind nur ein Teil davon.

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© Marko Förster

Von Anja Weber

Pirna. Ein blutiger Beinstumpf, ein nach Luft ringender älterer Herr, ein Bettlakenflug von der Brücke, eine Sonnenanbeterin mit Sonnenstich – diese und andere Szenarien erwarteten die Teilnehmer einer grenzübergreifenden Rettungsübung am Sonnabend in Pirna. Mitglieder von zehn Rettungswachen aus dem grenznahen Raum nahmen daran teil.

Ausgedacht hat sich diese Übungsszenarien Christian Handke vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) in Pirna. Der Kreisverband war der diesjährige Ausrichter der Übung gemeinsam mit dem Medizinischen Rettungsdienst des Bezirkes Usti nad Labem. Weitere Partner in dem Projekt sind unter anderem die DRK-Kreisverbände Sebnitz, Freital und Dippoldiswalde. Das von der EU finanziell unterstützte Projekt nennt sich „Förderung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit und Ausbildung im Rettungsdienst“ und läuft noch bis September 2019, erklärt Ilka Pohl vom Vorstand des DRK Pirna.

Ziel sei unter anderem der Aufbau eines sächsisch-tschechischen Gesundheitsnetzwerkes im Rettungswesen. Außerdem soll sich die grenzüberschreitende Einsatz- und Leistungsfähigkeit des Rettungswesens im Grenzraum verbessern. Aus- und Weiterbildungsangebote wie auch das Lernen der jeweils anderen Sprache gehören genauso mit dazu wie auch das Kennenlernen der Rettungsdienste untereinander.

So hospitieren zum Beispiel mehrere Male jeweils zwei Mitarbeiter für fünf Tage in Tschechien beziehungsweise in Sachsen. Gemeinsame Übungen für die Fahrer von Rettungswagen, Seminare und Sprachkurse sind weitere Projektinhalte, genauso wie eben Rettungsübungen auf tschechischem und auf deutschen Gebiet. In diesem Jahr lag die Organisation nun beim DRK-Kreisverband Pirna. Ein ganzes Jahr lang habe die Vorbereitung gedauert, sagt Ilka Pohl. Insgesamt elf Stationen mussten von den Teilnehmern am Sonnabend absolviert werden. „Wir haben schon versucht, von jedem möglichen Ernstfall eine Übung zu simulieren. Damit haben wir natürlich ein breites Ausbildungsspektrum an diesem Tag bedient“, sagt Christian Handke.

Als Übungskoordinator hatte er am Sonnabend keine Pause, war auf allen seinen ausgewählten Stationen unterwegs, immer auf Abruf. Unter Stress standen aber auch die Übenden. Als sich zum Beispiel eine kleine Gruppe von ihnen einem Waldstück an der Wesenitz näherte, stürmte ein Mann mit einem Hund auf sie zu, mit unzähligen Wespen und Bienenstichen. Am Birkwitzer See wartete unterdessen ein Angler, dem offensichtlich nicht gut war. Hier war es unter anderem Aufgabe zu erkennen, dass er unterzuckert war.

Wie schnell Rettungsdienstler auch zu Helfern bei Geburten werden müssen, wurde in einer Strandszene simuliert. Dort lag eine schwangere Frau, bei der offenbar die Wehen eingesetzt hatten. „Es geht heute häufig auch um Hausgeburten. Und da müssen wir genauso fit sein“, sagt Christian Handke. Auf einem Waldweg daneben traf eine Übungsgruppe auf einen älteren Herrn, der sportlich unterwegs ist. Er brach plötzlich zusammen, hatte offenbar Herzrhythmus-Störungen. An dieser Station sollte das Arbeiten mit dem Defibrillator geübt werden. Die Wasserrettung musste für eine junge Frau zum Einsatz kommen. Sie hatte sich auf einer Insel zum Sonnen hingelegt. Auch ihr war schlecht geworden. Mit letzter Kraft schrie sie um Hilfe.

Eine blutige Angelegenheit war dagegen die Szenerie am Strand. Eine Schiffschraube hatte einem Mann einen Fuß abgetrennt. Übrig war nur noch der Stumpf. Am Ende hatten die Übenden ein unheimlich breites Einsatzspektrum abgedeckt – vom Baby bis zum Senior.