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Leben retten ist kinderleicht

Seit drei Jahren werden Kinder in Leisnig in Wiederbelebungsmaßnahmen geschult. Erste Erfolge stellen sich bereits ein.

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© André Braun

Von Verena Toth

Leisnig. Der Mann, der gerade eben noch mit den den Hortkindern in der Leisniger Grundschule gesprochen hat, sackt plötzlich zusammen, fällt hin und bleibt bewusstlos am Boden liegen. Die Mädchen und Jungen sind für einen Moment perplex, dann aber legen sie sofort gemeinschaftlich los und wollen ihm helfen. Schließlich haben sie gerade gelernt, wie wichtig es ist, einen Menschen in einer lebensbedrohlichen Lage zu erkennen und ihm zu helfen.

Jemandem mit Wiederbelebungsmaßnahmen das Leben zu retten ist „pupseinfach“, wie es Dr. Jan-Jakob Meyer, Chefarzt der Anästhesie im Leisniger Helios Klinikum, seinen jungen Zuhörern kindgerecht erklärt. Nur drei wichtige Schritte müsse jeder beachten und dann einfach abarbeiten: Prüfen – Rufen – Drücken. Und genau das übt Dr. Meyer, der nach der kleinen schauspielerischen Einlage sofort wieder wohlauf ist, mit den kleinen Rettern.

Dabei sind die Mädchen und Jungen schon fast Profis in Sachen Erste Hilfe und Sofortmaßnahmen. Denn: Bei der Frage, wer denn schon mal einen Erste-Hilfe-Kurs gemacht habe, schnellen fast alle Finger der 19 Zweit- bis Viertklässler hoch. Die wichtige Notrufnummer 112 kommt wie aus der Pistole geschossen, und auch die Übungspuppe namens „Little Anne“ haben viele der Kinder schon einmal gesehen.

Auch bei der praktischen Übung haben die jungen Lebensretter überhaupt keine Berührungsängste. An dem Torso wenden die Kinder mit viel Eifer das an, was sie von Dr. Meyer gelernt haben. Abwechselnd drücken sie mit aller Kraft auf den Brustkorb der Puppe und beweisen, dass selbst ein Zweitklässler zum Lebensretter werden kann. Für den Chefarzt ist das eine schöne Bestätigung seiner Arbeit. „Seit etwa drei Jahren gehe ich in Kindergärten und Schulen, um den Kindern die wichtigen Grundlagen zu vermitteln. An dieser Gruppe sieht man, dass unsere Bemühungen bereits Früchte tragen“, freut sich der Leisniger Chefarzt.

Mit Notärztin Dr. Jacqueline Pinnow hat er sich Unterstützung aus der Praxis mitgebracht. „Die Kinder gehen viel lockerer an diese Aufgabe heran. Erwachsene haben bei solchen Kursen ein größeres Schamgefühl“, berichtet sie. Auch im Ernstfall befürchteten Erwachsene viel zu häufig, das sie etwas falsch machen könnten, ergänzt die Medizinerin. „Tatsächlich gibt es aber in einer solchen Notsituation gar nichts, das falsch gemacht werden könnte. Denn der Mensch, der sich in der lebensbedrohlichen Lage befindet, nicht atmet und keinen Herzschlag mehr hat, hat gar keine Chance, wenn gar nichts getan wird“, erklärt sie.

Weltweit wurde am Dienstag zum ersten Mal der Tag der Wiederbelebung – „World Restart a Heart Day“ – gefeiert. Diesen Anlass nutzte der Leisniger Mediziner, um dem Motto dieses Tages „Jeder, überall auf der Welt, kann Leben retten“ gerecht zu werden. Der zweistündige Workshop, den die Helios Klinik Leisnig gemeinsam mit Chefarzt Meyer speziell für Kinder ins Leben gerufen hat, steht unter dem Motto „Tag der kleinen Helden“.

Bei der Herzdruckmassage hat Deutschland im internationalen Vergleich großen Nachholbedarf. Wissenschaftliche Untersuchungen belegen: Während hierzulande nur bei etwa 40 Prozent der Reanimationen Laien mit Herzdruckmassage beginnen, sind es zum Beispiel in Dänemark und Irland jeweils mehr als 70 Prozent. Notärzte und Anästhesisten weisen darauf hin, wie wichtig die Maßnahme bei Atem- und Herzstillstand ist. Denn ohne Sauerstoff kann das menschliche Gehirn höchstens fünf Minuten überleben. Mit jeder Minute ohne Hilfe werden Behinderung und Tod immer wahrscheinlicher.

Hilfe auch per App

Das Deutsche Rote Kreuz bietet mit der App „Erste Hilfe“ eine interaktive Begleitung in einer Notfallsituation per Smartphone an. Die App kann auch genutzt werden, auf spielerische Weise das Verhalten in einer akuten Situation zu üben. Außerdem wird Hintergrundwissen zu den unterschiedlichsten Erste Hilfe-Themen vermittelt.

www.drk.de/hilfe-in-deutschland/erste-hilfe/erste-hilfe-online