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Landkreis bestätigt Wolfsriss in Georgewitzer Skala

Die Herde des Besitzers wurde innerhalb von zwei Wochen dezimiert. Das gefährdet ein Naturschutz-Projekt.

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© Markus van Appeldorn

Von Markus van Appeldorn

Löbau. Traurig schaut Sayd Nowrooz Hassaini auf die drei Ziegenkadaver im Gras. Ausgeweidet und abgenagt liegen sie vor ihm. Wölfe haben die Tiere am frühen Montagmorgen in der Georgewitzer Skala zur Strecke gebracht. Hassaini ist Asylbewerber aus Afghanistan. Weil er schon in seiner Kindheit in den kargen Höhen des Hindukusch Ziegen hütete, betätigt er sich auch in der Georgewitzer Skala gelegentlich als Ziegenhirt. Bernd Engelmann, Besitzer der ehemaligen Ausflugsgaststätte „Gemauerte Mühle“ hatte mit seiner Ziegenherde ein Naturschutzprojekt zur Verschönerung der Georgewitzer Skala geplant. Der Wanderweg entlang des Löbauer Wassers wuchert immer mehr zu. Die allesfressenden Ziegen sollten dem Wildwuchs Einhalt gebieten.

Doch innerhalb kurzer Zeit haben Wölfe seine Herde stark dezimiert. Vor etwa zwei Wochen riss ein durchstreunendes Einzeltier zwei Ziegen auf seiner Wiese. Diesmal hatte sich der Räuber Verstärkung mitgebracht. Das Landratsamt bestätigt den Wolfsriss auf SZ-Anfrage. „Der Nutztierriss in der Georgewitzer Skala wurde dem Landratsamt am 22. Oktober gemeldet und noch am Nachmittag durch einen Rissgutachter des Landkreises begutachtet. Es wurden drei Ziegen gerissenen. Das Ergebnis der Begutachtung spricht für den Wolf als Verursacher“, heißt es von Pressesprecherin Julia Bjar. Von einst 10 Ziegen sind Engelmann aktuell nur fünf geblieben. Seine fünf Schafe haben bei dem Wolfsangriff Reißaus genommen. Er hat sie schon in der Skala entdeckt, muss sie aber noch zurücktreiben.

„Es waren diesmal zwei Wölfe“, sagt Bernd Engelmann, „der Sachverständige sagte, ein einzelner Wolf fresse nicht so eine große Menge.“ Alle drei toten Tiere zeigen die typischen Spuren eines Wolfsangriffs. Mit einem Biss in die Kehle töten die Wölfe ihre Beute. Dann öffnen sie den Bauchraum, räumen die Innereien beiseite und fressen das Fleisch von den Rippen. An zwei der Ziegen fraßen sich die beiden Wölfe satt, von der dritten nagten sie nur die Keule an. „Der Wolfsgutachter hat mit Abstrichen DNA-Proben genommen“, sagt Engelmann. Durch eine Untersuchung im Labor könne man dann feststellen, aus welchem Rudel die Wölfe stammen. Das Territorium des bekannten Cunewalder Rudels reicht laut Wolfsmonitoring des Kontaktbüros Wölfe in Sachsen bis an den westlichen Stadtrand von Löbau. Das in den Königshainer Bergen registrierte Rudel hat sein Jagdgebiet bis kurz vor die östliche Stadtgrenze Löbaus ausgedehnt. Und er hat noch eine andere Beobachtung gemacht: „Das Rehwild flieht mittlerweile vor dem Wolf in die Städte“, sagt er. So sehe er häufig zahlreiche Tiere auf dem ehemaligen Kasernengelände in Löbau.

Bernd Engelmann will seine Tiere jetzt besser schützen. „Ich sperre sie jetzt nachts in den Stall“, sagt er. Nach dem ersten Riss vor zwei Wochen glaubte er noch an ein durchziehenden Wolf. „Ich dachte, der kommt nie wieder“, sagt er. Nun aber ist er überzeugt, dass eines der Rudel sein Territorium auf die Georgewitzer Skala ausgedehnt hat. „Wir bekommen jetzt elektrische Schafsnetze, gefördert vom Landkreis“, sagt er. Auch sein Projekt zur Entwucherung der Bachlandschaft in der Georgewitzer Skala hat er noch nicht aufgegeben. „Die Naturschutzbehörde zeigt sich interessiert“, sagt er. Vor kurzem habe ihn eine Mitarbeiterin der Kreisbehörde besucht und sich angeschaut, wie die Ziegen unerwünschtes Gewächs weggeknabbert haben. Auch auf ein kleines Salär für seinen Ziegenhirten Sayd hofft er bald. „Bei der Integrationsbehörde sind noch Fördergelder nicht abgerufen“, sagt Engelmann. „Ich werde auch dort Fördermittel für das Projekt beantragen“, sagt Engelmann. Auf diesem Wege könne er vielleicht ein paar Hundert Euro für Sayds Dienste für den Naturschutz herausholen. Jetzt will Engelmann seine Ziegenherde möglichst rasch wieder aufstocken. „Vielleicht gibt‘s ja den ein oder anderen, der eine oder mehrere Ziegen abzugeben hat.“