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Landarzt aus Leidenschaft

Dierk Bade ist seit 25 Jahren Hausarzt in Lampertswalde. Telemedizin hält er nicht für einen Heilsbringer.

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© Anne Hübschmann

Von Birgit Ulbricht

Lampertswalde. Es rumpelt in der Arztpraxis. Verwundert steckt Dierk Bade seinen Kopf aus dem Behandlungszimmer. Vetters haben gerade einen Stein auf einer Sackkarre in die Praxis gewuchtet. „Danke unserem Dorfdoktor“ steht auf einem glänzenden Schild. Dierk Bade lacht: „So sind sie!“ Der schöne Sandstein wird einen Ehrenplatz erhalten, keine Frage. 25 Jahre ist Dierk Bade Landarzt in Lampertswalde. Da kennt er die Wehwehchen und die Leiden im Dorf und die im Nachbarort auch. „Dorf muss man richtig wollen“, sagt Dierk Bade, „sonst bleibt man nicht hier in Ost-Autobahnien.“ Bade lebt nicht nur in diesem Dorf, sondern mit dem Dorf.

Fast genauso lange wie als Arzt nimmt er sich der wunden Punkte und freudigen Ereignisse im Dorf an: Bade ist seit 1994 Gemeinderat und in der Leitung des SV Lampertswalde. Dass er Dynamofan ist, sieht man sogar an den Mitbringseln von Patienten und Freunden für die Praxis. Es ist inzwischen das 1997 neu gebaute Ärztehaus und nicht mehr die erste Praxis an der Ortrander Straße 18. Seitdem kommt jeder mit seinen Problemchen den kleinen Hang hinauf. Gefahren oder gelaufen, Hauptsache im Ort. Der Dorfdoktor ist sogar um die Ecke im Schönfelder Landambulatorium zur Welt gekommen, weil der Vater als Arzt hier hin und wieder in Vertretung praktizierte.

Sohn Dierk, längst erwachsen und ebenfalls Mediziner, ist derweil zu DDR-Zeiten Leiter des Med.-Punktes im Panzerregiment 16 in Großenhain geworden. Gleich mit der Wende steht die Frage, was er nun macht. „Mit fliegenden Fahnen“ sei er nach Lampertswalde gegangen, dort suchte die Gemeinde gerade einen neuen Hausarzt, wie er erzählt. Das wünschte sich heute manche Kommune, dass junge Mediziner ihrem Ruf so prompt folgen. Doch die jungen Leute wollen „tatkräftig Medizin betreiben“, umschreibt Bade die neue Zeit.

Eine Landarztstelle ist daher selten attraktiv. „Dass das Großenhainer Krankenhaus geschlossen wurde, ist für mich heute noch der größte Unfug, den man machen konnte“, schimpft er noch immer. Denn das bedeutet, die Notfallambulanz ist weit weg, gerade hier im äußersten Nord-Osten des Landkreises. Deshalb hat sich auch kein Kinderarzt für Schönfeld gefunden, ist er überzeugt. Bade hat seitdem ab und an mal jüngere Patienten ab 14 Jahre. Aber vor allem viel mehr Ältere bis 80, 90. „Die Leute werden älter, das merke ich ganz deutlich.“ Entsprechend komplexer werden die Krankheiten oder eben die Wehwehchen. Denn natürlich kommen auch zu ihm Menschen „zum Reden“. Die Patienten, so findet Dierk Bade, sind empfindlicher, manchmal unbeholfener geworden und fordernder. Das bekommen vor allem die Schwestern zu spüren. Ob die Telemedizin vor diesem Hintergrund ein Heilmittel fürs Land ist? Bade glaubt das nicht. Als Mediziner lehnt er Chat-Diagnosen sogar strikt ab. Ihm fehle dann das Tasten, Fühlen, der Eindruck vom Patienten. Mal ganz abgesehen von der ganzen Bürokratie, die ohnehin überborde. Da hält es Bade lieber mit dem lebendigen Leben. Am 26. Oktober beginnt in Schönfeld seine Reihe „Medizin nach Noten“. „Das wird den Leuten gefallen“, ist er sich sicher. Denn Bade ist seit Ende letzten Jahres Präsident des Heimatvereins Schönfeld. Er will mit dem Verein zum nächsten Tag der Sachsen und das Dorfleben ankurbeln. Das hält fit. Den Lampertswaldern wird er nicht abtrünnig. Denn wie in der Medizin hält es Dierk Bade auch mit der Kommunalpolitik – immer alles individuell und konkret betrachten.