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Opulenter Maler, sensibler Zeichner

Das Kunstmuseum Moritzburg feiert Gustav Klimt, den Meister des Jugendstils. Exklusiv für SZ-Leser gibt es eine Führung.

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© D‘Ora-Bende

Von Ulrike Uhlig

Weithin sichtbar strahlt das Porträt Amalie Zuckerkandls von den Mauern der Moritzburg in Halle an der Saale. Es blieb unvollendet. 1917 begonnen, konnte es Gustav Klimt nicht mehr fertigstellen. Er starb im Februar 1918 gerade mal 56-jährig. Anlässlich seines 100. Todestages zeigt das Kunstmuseum Moritzburg als einziger Standort außerhalb Österreichs eine sehr berührende Ausstellung. Dem charismatischen Museumschef Thomas Bauer-Friedrich und seiner Mannschaft ist es gelungen, 63 Zeichnungen und zehn Gemälde nach Halle zu holen. Öffentliche und private Leihgeber aus sieben Nationen von den USA bis Japan stellten Werke zur Verfügung. Bewundernswert! So fragile Arbeiten wie die zarten Bleistift- und Kohlezeichnungen lassen ihre Besitzer nur ungern auf Reisen gehen. Dass es dennoch gelungen ist, eine repräsentative Schau aus nahezu allen Schaffensperioden des Wiener Ausnahmekünstlers zusammenzustellen, zeugt von kluger Ausstellungspolitik und großzügigen Sponsoren.

Dieses Bildnis der Amalie Zuckerkandl konnte Gustav Klimt 1918 nicht mehr vollenden.
Dieses Bildnis der Amalie Zuckerkandl konnte Gustav Klimt 1918 nicht mehr vollenden. © Johannes Stoll/Belvedere Wien

Erfolgreiche Künstler-Compagnie

Gustav Klimt stammte aus einfachen Verhältnissen, sein Vater war Graveur. Trotz Rezession und Wirtschaftskrise ermöglichten die Eltern Gustav und zwei Jahre später auch seinem Bruder Ernst den Besuch der kurz zuvor ins Leben gerufenen Wiener Kunstgewerbeschule. Noch während ihrer Ausbildungszeit gründeten die Brüder gemeinsam mit Franz Matsch die „Künstler-Compagnie“ und erhielten schon bald erste Aufträge. Ein erfolgreiches Start-up Unternehmen! Die Ausstellung startet mit Werken aus dieser frühen Schaffensperiode. Ein bezauberndes kleines Ölgemälde seiner Schwester Klara, Bleistiftzeichnungen von männlichen und weiblichen Modellen, Studien aus der Welt des Theaters zeigen bereits das Potenzial des erst 17-jährigen Studenten.

Als der Malerfürst Hans Makart 1884 plötzlich starb, ergaben sich für das Künstlertrio neue Chancen. Es wurde mit der Innenausstattung des Burgtheaters beauftragt. Eine Aufgabe, die die jungen Künstler mit Bravour meisterten. Für Gustav Klimt war das das Entree zu einer Gesellschaftsschicht, die ihm bisher verschlossen war.

Von den frühen Werken flaniert der Ausstellungsbesucher zu den Damenbildnissen. Eines der beeindruckendsten ist das bereits 1976 durch das Kunstmuseum Moritzburg angekaufte Porträt der Marie Henneberg. Ihr Mann, Professor Hugo Henneberg, Physiker, Mäzen und selbst Künstler, gab es für seine um 1900 erbaute Villa bei Klimt in Auftrag. Da der Künstler von vornherein wusste, wo das Bild einmal hängen würde, ließ er das in seine Komposition einfließen. Die Herrin des Hauses wird in leichter Untersicht dargestellt, was ihr einen fast hoheitsvollen, überlegenen Eindruck verleiht. Vorarbeiten auf Papier zeigen, wie intensiv sich Klimt mit der diagonal in die Bildfläche gesetzten Figur auseinandergesetzt hat. Der Lehnsessel verschwimmt fast mit dem indifferenten in postimpressionistischer Manier gemalten Hintergrund. Wichtig allein ist Marie Henneberg, die in vornehmes Grau gekleidet von einem hauchzarten Schal umschmeichelt wird. Aus der zurückhaltenden Ton-in-Ton Malerei leuchtet ihr Gesicht von tiefschwarzem Haar umgeben. Ein lila Veilchenbukett setzt einen letzten entscheidenden Akzent.

Entree zur feinen Gesellschaft

Sehr schnell avancierte Klimt zum angesagten Porträtisten, der sich seine Modelle aussuchen konnte. Das Bildnis Eugenia Primavesis, einer österreichischen Schauspielerin, deren Mann Otto den Wiener Werkstätten vorstand, gehört zu den weiteren Höhepunkten der Ausstellung. Strahlendes Gelb und leuchtende Orange-Rot-Variationen korrespondieren mit frischen Grün-Tönen: ein ornamentaler Blütenteppich, ein furioser Farbentanz. Und doch letztendlich alles so gebändigt, dass das Gesicht der Primavesi nicht untergeht in dieser Farborgie, dass ihre sensiblen, leicht nach innen, zum Körper hingewandten Hände bedeutsam bleiben.

Unbedingt erwähnt werden muss auch eine Bleistiftzeichnung: Brustbild einer Dame, die in ihrer Eindringlichkeit und suggestiven Kraft alle Blicke auf sich zieht. Es ist dieser sensible Umgang mit der Linie, mal fast zitternd unentschieden, kaum sichtbar noch, dann kraftvoll akzentuierend, sich kräuselnd oder zum Ornament verschlingend, von dem solch eine Faszination ausgeht.

Eine weitere Abteilung ist den Landschaften Klimts gewidmet. Oft entstehen diese, ohne Auftragsdruck, während der Urlaube am Attersee, die der Maler häufig mit seiner Freundin Emilie Flöge, der Coco Chanell von Wien, verbrachte. Dass sich das Dresdener Albertinum für die Dauer der Ausstellung von seinem einzigen Klimt-Bild „Buchenwald I“ trennte, spricht für die guten Beziehungen zwischen beiden Museen.

Für SZ-Leserinnen und -Leser bietet Ulrike Uhlig eine Führung an: Donnerstag, 15. November, 12. 30 Uhr. Um Anmeldung wird gebeten unter 0345 2125973 oder per E-Mail an [email protected]

Gustav Klimt im Kunstmuseum Moritzburg Halle, bis zum 6. Januar 2019 geöffnet 10 bis 18 Uhr, mittwochs geschlossen. Katalog im Museum 24,90 €