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Kreischa will einen Kinderarzt

Die wachsende Gemeinde hat keinen spezialisierten Mediziner für Kinder. Nun gibt es aber eine Idee, das zu ändern.

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© Symbolbild: dpa

Von Stephan Klingbeil

Kreischa. Die im Sommer begonnenen Bauarbeiten im Ärztehaus am Haußmannplatz von Kreischa sind beendet. Die Praxis von Jurgita Raudoniené, Fachärztin für Allgemeinmedizin, ist aus dem Obergeschoss in das Erdgeschoss umgezogen. Die Räume dort sind neu gestaltet worden, der Zugang fortan barrierefrei. Am Donnerstag kamen Patienten wieder zur Sprechstunde.

Wie vor dem Umbau untersucht die Allgemeinmedizinerin in der Praxis auch Kinder, in der Regel akute Fälle. Doch ist Spezialwissen zu bestimmten Kinderkrankheiten und Behandlungsmöglichkeiten gefragt, müssen Eltern nach Dresden fahren.

Denn in Kreischa mit seinen rund 4 500 Einwohnern gibt es keinen Facharzt für Kindermedizin. „Einen Kinderarzt gab es hier noch nie“, sagt Bürgermeister Frank Schöning (FBK). Laut Kassenärztliche Vereinigung Sachsen sei die Gemeinde nicht unterversorgt, was die medizinische Betreuung angehe. Aktuell gibt es mit Jurgita Raudoniené und Dr. Carsten Querengässer, der seine Praxis ebenfalls am Haußmannplatz hat, zwei Allgemeinmediziner in Kreischa.

Mit Blick auf die Bevölkerungsstruktur und die stetige Zunahme an Familien und Kindern würde sich Schöning wie viele Kreischaer Eltern aber freuen, wenn sich langfristig ein Kinderarzt in der Gemeinde niederlässt. Doch der Bürgermeister rechnet nicht damit. Daher könnte ein „virtueller Kinderarzt“ eine Alternative sein.

Bei diesem Modell würde sich ein Allgemeinmediziner via Internet mit einem Kinderarzt verbinden. Per Video-Live-Schaltung könnten sie dann Fragen zu Diagnose und Behandlungsmöglichkeiten besprechen. Das Modell hängt mit der Idee der Telemedizin zusammen. Entsprechende Methoden finden bundesweit einen zunehmend breiteren Einsatz in der Patientenversorgung. Das Spektrum umfasst mittlerweile fast alle medizinischen Fachgebiete.

So werden etwa Schlaganfallpatienten in mehreren Bundesländern auf sogenannten Tele-Stroke-Units behandelt, wenn keine reguläre Station in erreichbarer Nähe ist. In vielen weiteren Fachgebieten werden telemedizinische Verfahren wissenschaftlich untersucht oder erprobt.

Hürden sind hoch

Das wäre eine Option, um den Kinderarztmangel in Kreischa unter Umständen beizukommen, hoffen manche in Kreischa. Die Nachfrage nach einem Kinderarzt sei laut Schöning vorhanden. Zumindest hatten dies Gespräche in den Workshops mit Bürgerbeteiligung noch mal deutlich gemacht, deren Ergebnisse in das neue Ortsentwicklungskonzept einfließen sollen.

Dieses sogenannte Integrierte Gemeindekonzept (Ingeko) soll Vorhaben für die Zeit bis 2035 aufzeigen und eine Grundlage für Entscheidungen zu wichtigen Investitionen sein. Im November oder Dezember ist auch eine Einwohnerversammlung zu dem neuen Konzept geplant. Beim Ingeko-Workshop zum Thema „Gesundheitsfunktion“ äußerten Eltern den Wunsch, dass es in Kreischa einen Kinderarzt geben soll. Eltern müssten bisher meist mit ihren Kindern nach Dresden fahren, dort teils stundenlange Wartenzeiten in Kauf nehmen. Das könnte sich mit dem „virtuellen Kinderarzt“ vielleicht ändern. Die technischen Voraussetzungen gebe es laut Schöning durchaus. „Momentan ist das nur eine Idee, man müsste erst mal schauen, ob das in der Praxis umsetzbar ist“, sagt er.

Allgemeinärztin Jurgita Raudoniené würde es ebenso begrüßen, wenn es in Kreischa einen Kinderarzt gebe. Denn auch sie kommt ab und zu an ihre Grenzen. Sie kennt Tele-Medizin. Dies sei eine Option. Was das Modell mit dem „virtuellen“ Kinderarzt betrifft, ist sie aber skeptisch. „Das so umzusetzen, ist aus meiner Sicht schwer vollstellbar“, erklärt sie. „Es ist sicher technisch möglich, aber ich kenne keinen Kinderarzt, der so etwas schon macht. Und die Gemeinde hat ja keinen Einfluss darauf.“

Darüber hinaus sprächen organisatorische Gründe eher gegen solch eine Ferndiagnose via Online-Videokonferenz. „Man müsste die Sprechstunde des Kinderarztes, der zugeschaltet würde, unterbrechen. So einfach geht das nicht“, gibt Jurgita Raudoniené zu bedenken. Womöglich bleibt der „virtuelle“ Kinderarzt also nur eine Idee.