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Kreis hat genügend Platz für Gewaltopfer

Vor einem Jahr gab es viel Kritik, weil der Kreis nur noch eine Frauenschutzwohnung eines Zittauer Vereins finanziert. Die Praxis gibt der neuen Struktur recht.

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© dpa

Von Anja Beutler

Viel Skepsis und Sorge schlugen dem Landkreis vor einem Jahr im Kreistag entgegen. Damals hatte die Verwaltung klargemacht, dass der Kreis künftig nur noch eine Frauenschutzwohnung finanzieren werde und sich nicht an mehreren derartigen Zufluchtsstätten über den Kreis verteilt beteiligen will. Als Träger dieser einen Wohnung war der Verein Domino Soziale Projekte Zittau ausgewählt worden. Ein Grund für die Neuerungen beim Kreis lag vor allem in der statistisch sinkenden Zahl der Fälle häuslicher Gewalt gegen Frauen. Vermutet wird bislang, dass vor allem die rückläufigen Flüchtlingszahlen dabei eine Rolle spielen und sich der Bedarf für einen solchen Zufluchtsort wieder auf ein normales Maß einpegelt. Dennoch zeigten sich die Abgeordneten der verschiedenen politischen Lager von CDU bis Linke kritisch: Es gab Warnungen, dass der Norden abgehängt werde, wenn es künftig keine Wohnung mehr in Görlitz, sondern nur noch eine im Süden, womöglich in Zittau gebe. Außerdem kam die Idee auf, Kommunen sollten bei Großvermietern vorsorglich Wohnungen anmieten, um Frauen in Not unterzubringen.

Nötig war das alles nicht, zeigt die Bilanz nach einem weiteren Jahr. Mit der Umstellung des Systems bei den Frauenschutzwohnungen hat der Kreis keine neue Lücke geschaffen. Mit dem Verein Domino Soziale Projekte Zittau ist zwar ein völlig neuer Träger aus dem Süden für diese Leistung im Geschäft. Doch die Schutzwohnung selbst liege gar nicht in Zittau, sondern in einem Ort recht zentral im Kreis, betont Lutz Casall vom Zittauer Trägerverein. Wo genau, will er nicht preisgeben. Einen Nachteil habe aus diesem Grund aber niemand. Casall bestätigt noch etwas anderes: „Die Wohnung reicht für den Bedarf im Kreis aus.“ Natürlich schwanke die Nachfrage immer ein bisschen, manchmal sei die Wohnung über Wochen frei, manchmal gebe es mehrere Nachfragen, skizziert er das Unberechenbare. Einige Fälle werden allerdings auch gleich in andere Städte wie Bautzen verwiesen – aus ganz individuellen Gründen. „Wir haben als Verein zudem noch zwei weitere Unterbringungsmöglichkeiten in eigener Regie, die man im Fall des Falles nutzen kann“, sagt Casall. So gebe es in Zittau auch eine Nachtwohnung, die der Verein betreibt, wo die Polizei bedrohte Frauen in Sicherheit bringen kann.

Auch der Landkreis erklärt, dass die Kapazität dieser einen zentralen Wohnung mit acht Plätzen für Erwachsene sowie drei bis vier Aufbettungen für Kinder ausreicht: „Im Jahr 2017 suchten 13 Frauen und 17 Kinder in der Wohnung Zuflucht“, sagt Kreissprecherin Julia Bjar. Das sei ein leichter Rückgang zu 2016. Sollte es größere Nachfrage durch bedrohte Frauen geben, habe man noch Spielraum: Der finanzielle Höchstbetrag, den der Kreis vorgesehen hat, sei im Vorjahr nicht aufgebraucht worden, betont Frau Bjar. Die Abrechnung für die Frauenschutzwohnung funktioniert über Tagessätze. Auch die Polizei kann aus ihren Daten eine „Stabilität“ der Fälle herauslesen: 2016 und 2017 waren es im Kreis Görlitz je etwa 140 registrierte Fälle – wobei Polizeisprecher Thomas Knaup betont, dass man „Gewalt gegen Frauen“ als eigenes Delikt nicht erfasse.