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Kranke Bäume im trockenen Wald

Waldbesitzer ringen um ihr Holz. Sie müssen mehr fällen als gewöhnlich . Und die Hitze ist nicht ihr einziges Problem.

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© Dietmar Thomas

Von Nadine Franke

Kriebstein. Hitze, Sturm, Käfer. Dem Wald um die Kriebsteiner Talsperre wird schwer zugesetzt. Der Waldboden ist trocken, die Laubbäume werfen ein Quartal zu früh ihre Blätter ab und an den Wegen liegen die Baumstämme gestapelt. Zu viele Bäume müssen geerntet werden. Es ist eine schwierige Situation, nicht nur in Kriebstein, sondern in ganz Sachsen.

Zwischen den schwarzen Rillen der Borkenkäfer hat sich die Larve eines Bockkäfers eine Puppenwiege gebaut. Sie schädigt den Baum, allerdings setzt sie dem Wald nicht so sehr zu wie die Borkenkäfer.
Zwischen den schwarzen Rillen der Borkenkäfer hat sich die Larve eines Bockkäfers eine Puppenwiege gebaut. Sie schädigt den Baum, allerdings setzt sie dem Wald nicht so sehr zu wie die Borkenkäfer. © Dietmar Thomas

Jeden Tag wandert Johannes Hanöffner unter den Bäumen entlang. An seiner Seite ist Jagdhund Bruno. Er ist immer dabei, wenn es durch den Wald geht. Hanöffner kennt das Gebiet gut, das er in der Gemeinde Kriebstein besitzt. Sein schmerzlicher Blick geht durch den Wald. Sofort hat er einen kranken Baum entdeckt. „An dem Baum dort ist an der Rinde zu sehen, welche Schäden die Käfer anrichten“, sagt Hanöffner. Auf Blickhöhe ist auf den Stamm bereits eine rote Markierung aufgesprüht. Der Baum ist krank und muss rausgenommen werden. Wie viele andere.

Hanöffner hebt ein Stück abgefallene Rinde vom Waldboden auf. Eine Larve schiebt sich unter der Rinde hervor. Sie hat im Holz gefressen. Sie kriecht an einem gelblichen, borstenähnlichen Kreis vorbei. Es ist die Puppenwiege eines Bockkäfers. In so etwas wird sich auch die Larve eines Tages verpuppen. Jetzt rutscht sie erst einmal über die schwarzen Gänge auf der Rinde, die wie gedruckte Lettern aussehen. Es sind Spuren des Buchdruckers, einer Unterart des Borkenkäfers. „Die Lettern stammen von seinen Larven“, erklärt Hanöffner. Dieser Käfer setzt den Fichten am meisten zu.

In diesem Jahr ist es besonders schlimm. „Vorher gab es auch schon Käferbefall, aber den bekam man in den Griff“, sagt der pensionierte Förster, der seit seinem 18. Geburtstag im Forst arbeitet. Seit 2002 gehört ihm das Waldgebiet. Gemeinsam mit seiner Frau Theresia kümmert er sich um die anfallenden Aufgaben. Dazu gehören die Betriebsleitung, die Jagd sowie die Pflege der Jungbäume.

Doch die Bedingungen in diesem Jahr sind schwierig. Durch die große Hitze haben die Insekten ideale Lebensbedingungen und vermehren sich. Ende August befinden sich die Buchdrucker schon in der dritten Generation, die Bäume schädigt.

Aber der heiße Sommer sorgt nicht nur für viele Käfer. Bei der Hitze ist die Gefahr groß, dass in dem trockenen Wald ein Feuer ausbricht. Davor warnt auch die Waldbrandwarnstufe. Erst in der vergangenen Woche musste die Kriebsteiner Feuerwehr einen Waldbrand bei Höfchen löschen. „Ich hatte zum Glück noch keinen Brand“, sagt Hanöffner.

Nur mindert das nicht seine Probleme. An der Zschopau setzen beispielsweise Biber dem Holz zu. Da sie auch ganze Bäume fällen, ist das auch nicht ganz ungefährlich. Die lange Trockenheit hat zur Folge, dass sich die Jungbäume nicht richtig verwurzeln können und eingehen. Dabei müssten diese die Löcher stopfen, die in den letzten Monaten entstanden sind. Und es wird schlimmer. „Wenn es einmal ein Loch im Wald gibt, ist er dort anfälliger“, sagt Hanöffner

Zu viel Holz auf dem Markt

Er hat deutlich mehr Holzschlag in diesem Jahr als in den Jahren zuvor. Grund dafür waren auch der Sturm Herwart und der Orkan Friederike. „Durch beide zusammen entstand mehr Schaden als 2007 durch den Orkan Kyrill“, sagt Renke Coordes, Pressesprecher des Staatsbetriebs Sachsenforst. „Es ist im Forst die außergewöhnlichste Situation der letzten zwei Jahrzehnte.“

Der Staatsbetrieb Sachsenforst ist darauf bedacht, dass weitere Folgeschäden vermieden werden. Daher muss beschädigtes Holz geschlagen werden. „Wir sind im Landeswald weit über der normalen Holzmenge von 1,2 Millionen Festmeter“, sagt Coordes. Mit dem Maß werden nicht weiter verarbeitete Stammstücke angegeben. Ein Festmeter entspricht einem Kubikmeter fester Holzmasse. Allein das Schadholz durch die Stürme übersteigt den Normalfall und erreicht im Landeswald 1,6 Millionen Festmeter. „Dazu kommt noch das Schadholz durch die Käfer“, sagt Coordes.

Darunter fällt aber noch nicht das Holz der 85 000 privaten Waldbesitzer. In einem normalen Jahr kämen zu den 1,2 Millionen Festmetern des Landes noch einmal 1,1 Millionen der Waldbesitzer dazu. Coordes geht davon aus, dass es in diesem Jahr weit mehr sein wird. Das wirkt sich natürlich auf den Holzmarkt aus und bedeutet Verlust für die Waldbesitzer. Das trifft besonders die Privatpersonen hart, die nur wenig Wald besitzen. „Meistens haben sie unter einem Hektar Wald“, sagt Coordes. Doch auch sie müssen Holzernten nach Stürmen und Käferbefall durchführen. Das sind Mehrausgaben für sie.

Das kostet nicht nur Geld. Auch die Kalender der zu beauftragenden Firmen sind überfüllt. Wenn dazu der Wertverlust des Holzes auf die Waldbesitzer zurückfällt, kommen viele an ihre Grenze. „Ich kenne einige kleinere Waldbesitzer, die überlegen, ihren Wald zu verkaufen“, sagt Hanöffner. Auch er leidet unter den Marktpreisen. „Derzeit habe ich 30 Euro Verlust pro Festmeter“, sagt er. Das ist mehr als die Hälfte des eigentlichen Erlöses.

Hanöffner hofft darauf, dass die Politik die Probleme erkennt. Das Forstschäden-Ausgleichsgesetz könnte vielen Waldbesitzern helfen, trotz der Schäden weiterzumachen. „Wir haben genauso Probleme wie die Landwirte“, sagt Hanöffner. Nur kann bei ihnen die Ernte des nächsten Jahres wieder besser ausfallen. „Das sind ganz andere Dimensionen zum Planen. Im Wald pflanzen wir Bäume, die erst in 100 Jahren geerntet werden können.“