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Kostümwechsel in 35 Sekunden

Das neue Musical der Landesbühnen verlangt den Darstellern auch hinter der Bühne einiges ab.

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© Arvid Müller

Von Nina Schirmer

Radebeul. Die kleine Dose mit den Lutschpastillen ist besonders wichtig. „Die Luft auf der Bühne ist manchmal so trocken“, dass einem die Spucke fehlt“, sagt Anna Preckeler. Die Sängerin hat ihre Halstabletten deshalb immer griffbereit. Auch die Thermoskanne, aus der sie während der Aufführung schnell mal einen Schluck nehmen kann, stellt sie gleich neben der Bühne ab.

Viel Zeit zum Ausruhen bleibt Preckeler allerdings nicht. Sie spielt die Hauptrolle in „Das Licht auf der Piazza“ – dem Musical, das am Samstag in den Landesbühnen Premiere feiert. In fast jeder Szene steht sie auf der Bühne. Und wenn doch mal gerade nicht, muss sie auch hinter der Bühne voll konzentriert sein. Was die Zuschauer nicht sehen: Die Choreografie geht dort weiter. Der Ablauf hinter dem Vorhang muss genauso funktionieren, wie der davor.

Ein ganzer Stab von Leuten ist damit beschäftigt, dass hinten alles glatt läuft. In der Requisite wird vor einer der letzten Proben noch schnell Kirschsaft in eine Weinflasche gefüllt. Sieht echt aus. Neben dem Bühnenzugang steht schon ein Regal mit Krawatten bereit, das zum richtigen Zeitpunkt auf die Bühne geschoben werden muss. Daneben ein großer Kerzenhalter für eine Kirchenszene. Auf einer langen Kleiderstange sind die Kostüme aufgereiht, alle ganz ordentlich und genau beschriftet. Denn die Darsteller müssen sich bei diesem Stück ziemlich oft umziehen. Manchmal ist für den Kleiderwechsel so wenig Zeit, dass die Sänger dafür gleich neben der Bühne bleiben. Ein Kleid hängt schon an der Treppe bereit. Ein Schuhanzieher darf auch nicht fehlen, damit es später nicht plötzlich klemmt.

„Es gibt einen kompletten Umzug mit Rock, Bluse und Schuhen, für den nur 35 Sekunden Zeit sind“, sagt Sebastian Ritschel, Operndirektor an den Landesbühnen. Er führt bei dem Stück nicht nur Regie, sondern hat auch die Ausstattung und das Licht übernommen. Mit genauen Vorstellungen: Allein für die Frauen wurden 20 aufwendige Kostüme im Stil der 50er-Jahre genäht. „Ich will mit den verschiedenen Kostümen nicht nur Zeit- und Ortswechsel, sondern auch die emotionale Entwicklung der Figuren zeigen“, sagt Ritschel.

Im Musical verliebt sich Hauptfigur Clara, die wegen eins Unfalls geistig zurückgeblieben ist, auf einer Reise in Florenz in den jungen Italiener Fabrizio. Verzweifelt versucht Claras fürsorgliche Mutter Fabrizios Familie das Problem ihres Kindes zu erklären und das Paar zu trennen, bis sie schließlich erkennt: Die Liebe, die ihre Tochter aufblühen lässt und in eine Frau verwandelt, ist wichtiger für Clara, als ihr mütterlicher Behütungsanspruch.

Das Stück, das in den USA sechs Tony Awards – sozusagen den Oscar für Musicals – bekam, wird in Radebeul zum ersten Mal überhaupt in deutscher Sprache aufgeführt. „Das ist ein ganz großes Geschenk“, sagt Ritschel. Er weiß, dass sich auch andere, berühmtere Häuser um die Rechte bemüht hatten. Die Musik, dargeboten von der großen Orchesterbesetzung, könne es ohne Weiteres mit Klassikern wie der West Side Story aufnehmen, findet der Operndirektor. „Es gibt ganz spannende Klänge, von kitschig bis wütend.“ Das Musical gehe sehr subtil mit Humor und Tragik um. „Es wird größtes Leid dargestellt, aber gleich darauf gibt es wieder einen Lacher“, verrät der Regisseur.

Premiere am 22. September um 19 Uhr.

Weitere Aufführungstermine: 29.9./6.10./4.11./14. und 28.12.