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Kostenfalle: Städtische Baustellen

Allein die Sporthalle Hugo-Keller-Straße wird eine Million Euro teurer als gedacht. Das ist kein Einzelfall. Doch wer ist schuld, wenn die Pläne nicht aufgehen?

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© nikolaischmidt.de

Von Ingo Kramer

Görlitz. Schon wieder eine Million Euro. Bereits beim Stadtpark und beim Park des Friedens brachten die Ausschreibungen erhebliche Kostensteigerungen im Vergleich zur Planung, jetzt sieht es bei der neuen Sporthalle an der Hugo-Keller-Straße ähnlich aus. Nach den Ergebnissen der bisherigen Ausschreibungen liegen die Kosten bei 6,7 statt 5,7 Millionen Euro. Für die Stadt ist das ärgerlich – aber eben kein Einzelfall. Andererseits sieht es nicht immer so aus. Die bisherigen Bauabschnitte bei der Sicherung der Stadthalle sind im Kostenrahmen geblieben. Der im Jahr 2016 erledigte Bauabschnitt am Postplatz blieb sogar um 250000 Euro unter den erwarteten Kosten.

Doch woran liegt es, dass die eine Baustelle deutlich teurer wird, die nächste aber nicht? Baubürgermeister Michael Wieler zuckt mit den Schultern: „Wir verstehen es selbst nicht.“ Dass zwischen der Planung und der Ausschreibung zu viel Zeit vergeht, könne er nicht bestätigen: „Wir ziehen es ja nicht in die Länge.“ Die Planung der Sporthalle beispielsweise sei 2016 erfolgt. Ob die Baufirmen zu hoch kalkulieren, will Wieler nicht kommentieren. Fakt ist jedoch: Es geben oft nur noch wenige Firmen ein Angebot ab. Die Stadt hat dann keine große Auswahl, wem sie den Zuschlag gibt. Das war vor Jahren noch ganz anders.

Bei der Sporthalle haben sich drei Firmen beworben, die Rohbauarbeiten erledigen zu dürfen. Die Hentschke Bau GmbH aus Bautzen war mit einem Bruttoangebotspreis von 1,76 Millionen Euro zwar die Günstigste und hat den Zuschlag erhalten – doch ihr Angebot war über 20 Prozent teurer, als die Stadt eingeplant hatte. Jörg Drews, Geschäftsführer der Hentschke Bau GmbH, kennt die Ursachen für die kletternden Baupreise: „Löhne und Lohnnebenkosten sind gestiegen, auch die Rohstoff- und Transportpreise.“ Hinzu komme, dass Bürokratie, Dokumentation und Nachweispflicht innerhalb der vergangenen sieben oder acht Jahre deutlich gestiegen sind: „Ich brauche dafür jetzt 20 bis 30 Prozent mehr Managementkapazitäten.“

All das geben die Unternehmen an die Auftraggeber weiter. Da lasse sich den Baufirmen kein Vorwurf machen, den Planern aber auch nicht: „Sie wissen ja nicht, was kommt, können nicht mit Spekulationen planen.“ Drews schließt nicht aus, dass die Entwicklung so weitergeht, falls Stahlpreise oder andere Kosten steigen. Eine Patentlösung für Bauherren, aus dem Dilemma der Kostendifferenz zwischen Planung und Ausschreibung herauszukommen, hat er nicht: „Die Bauherren werden mit weiteren Kostensteigerungen rechnen müssen.“

Ähnlich beschreibt Delia Bassin die Lage. Die Architektin aus Dresden gehört zu den Planern der Sporthalle. „Am Baupreisindex ist ablesbar, dass es im Quartalsrhythmus Baukostensteigerungen gibt“, sagt sie. Der Index steht im Internet und besagt, dass das, was 2010 noch 100 Euro kostete, im August 2017 schon 117,20 Euro kostete. Ursachen sieht die Architektin bei Baukonjunktur, Jahreszeit und Zinslage. „Die konjunkturelle Lage war nicht vorauszusehen“, sagt Delia Bassin. Architekten dürfen ohnehin keine möglichen Steigerungen einplanen, sondern müssen sich in ihren Planungen an die aktuell geltenden Baupreise halten. Im Falle der Sporthalle sei das Budget im Jahr 2015 festgelegt worden. Damit musste die Stadt planen und Fördermittel beantragen. Während dieses Prozesses könnten Planer dann nicht ständig das Budget erhöhen. So kam das böse Erwachen 2017 bei den Ausschreibungen.

Ähnlich beschreibt es Anne Prugger vom gleichnamigen Landschaftsarchitekturbüro in Pirna, das die aktuellen Arbeiten im Stadtpark geplant hat: „Wir sind verpflichtet, nach den aktuellen Kosten zu kalkulieren, können nicht einfach vorsorglich etwas draufschlagen.“ Was danach passiere, sei ganz einfach der Markt: „Das ist in ganz Deutschland so.“ Auch in Dresden hätten früher oft 10 bis 15 Firmen ein Angebot abgegeben, heute seien es nur noch ein bis drei. Die Baufirmen würden stets am Rande des Machbaren kalkulieren, also keine überhöhten Preise anbieten.

Trotzdem gibt es Baustellen, die die Kosten einhalten, etwa bei der Sicherung der Stadthalle, die vom Görlitzer Büro Wünsche + Langer geplant wird. „Wir machen viele öffentliche Ausschreibungen, und bei uns haben die Kosten bisher eigentlich immer gepasst“, sagt Inhaber Christian Wünsche. Sein Büro leiste eben eine ordentliche Planungsarbeit. Ebenso wie die anderen rechne auch er keinen Puffer ein, sondern orientiere sich an aktuellen Preisen. Warum es anderswo zu Preissteigerungen kommt, könne er nicht beurteilen: „Da können viele Ursachen reinspielen.“