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Kommt herein, bestaunt Gärten und trinkt Wein

Viele Radebeuler sind leidenschaftliche Hobbygärtner und -winzer. Einige haben am Wochenende zu sich eingeladen.

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© Norbert Millauer

Von Beate Erler

Radebeul. Gleich das erste Gewächs motiviert zum Fachsimpeln. Ein großer, kräftiger, wild und weiß-grün blühender Baum steht noch vor dem eigentlichen Ort des Geschehens. „Ich denke, dass ist eine Waldhimbeere“, sagt ein Besucher zu seiner Begleiterin. Einfach so betreten sie das private Grundstück mit dem riesigen Garten von Familie Hörl im Ortskern von Altserkowitz. Am Sonnabend beim fünften „Tag der offenen Gärten“ ist das erlaubt. Jeder, der die schönsten Gärten Radebeuls sehen will, darf eintreten.

… und Familie Richter von der Oberen Bergstraße.
… und Familie Richter von der Oberen Bergstraße. © Norbert Millauer
Winzer Ralf Walter (4. v. l.) führt zum „Tag des offenen Weinbergs“ Besucher durch den Weinberg Steinrücken in der Finsteren Gasse in Radebeul.
Winzer Ralf Walter (4. v. l.) führt zum „Tag des offenen Weinbergs“ Besucher durch den Weinberg Steinrücken in der Finsteren Gasse in Radebeul. © Norbert Millauer

In diesem Jahr stehen sechs private Gärten offen. Obwohl der von Familie Hörl, die zum ersten Mal mitmacht, eher eine Parkanlage ist. Gerade wird der Platz auch gebraucht, denn viele Besucher sitzen an den zwei Kaffeetischen, an dem die Gastgeberin Kaffee nachschenkt. Drei ältere Damen haben es sich auf einer Schaukel neben einem großen, steinernen Brunnen bequem gemacht. Andere plaudern mit dem Gastgeber, Wasser plätschert in den Brunnen, weiße Sonnenschirme spenden Schatten.

Kaum vorstellbar, dass diese Idylle einmal ein „Messiegrundstück“ war. Doch als die Hörls es im Jahr 2000 kauften, mussten sie erst einmal 17 Autowracks aus dem Garten holen. „Es war ein richtiges Biotop mit Füchsen und Fasanen, hat man uns gesagt“, erzählt die Grundstücksbesitzerin. Auch heute leben hier noch eine Fuchsfamilie und sogar ein dicker Dachs, sagt sie. Mittlerweile ist es aber ein Genießergarten geworden mit Obst, Gemüse und mit unzähligen Blumen angelegt wie ein Park.

Und den wollen viele Besucher sehen. Es gibt selbst gebackenen Quarkkuchen, Kaffee und Eistee. Eine Nachbarin hat eine Torte mitgebracht. Vor zwei Jahren bei der 800-Jahr-Feier in Serkowitz haben die Hörls, wie fast alle Anwohner, ihr Grundstück zum ersten Mal für Besucher geöffnet.

So kam es, dass auch die Nachbarn den wunderschönen Garten sahen und überrascht waren, was es hinter der Gartentür alles zu entdecken gibt. „Wir genießen den Austausch und die Anregungen sehr“, sagen die Gastgeber. Und natürlich auch die vielen Komplimente.

Den Garten von Familie Richter auf der Oberen Bergstraße mussten die Besucher erklimmen. Genau das war für viele aber auch so interessant: „Einige sind nur zu uns gekommen, weil sie sehen wollten, wie so ein Garten in den Weinbergen aussieht“, sagt die Frau im Haus, die sich um die Pflanzen und die Weinreben kümmert.

Etwa 100 Besucher hat sie heute durch ihren Garten gelotst. Dort, wo der Tisch steht und die Richters einen atemberaubenden Blick auf die Weinberge und über das ganze Elbtal haben, war vorher Steilhang. Der musste erst begradigt werden. „Am Anfang haben wir manchmal hier oben geschlafen und sind dann runtergerollt“, erzählt ihr Mann. Eigentlich hat die Familie den ganzen Sommer über Tag des offenen Gartens, denn die Nachbarn verstehen sich gut und kommen oft auf ein Glas Wein vorbei.

So auch eine 13-köpfige Truppe ehemaliger Dresdner Verkehrswesen-Studenten, die gerade eine Führung auf dem Steinrücken in Niederlößnitz macht. Zum 15. „Tag des offenen Weinbergs“ hatten Radebeuler Winzer am Samstag und Sonntag ebenfalls ihre Türen geöffnet.

Der Winzer Ralf Walter, der seit über 30 Jahren auf dem Weinberg arbeitet, hat zwei Flechtkörbchen vor sich stehen. Drinnen acht Flaschen gekühlte Weine: Schwarztraminer, eine liebliche Traminer Spätlese und ein würzig-süffiger Bacchus vom Weingut Matyas in Coswig, der besonders gut ankommt.

Gekostet wird aus kleinen Gläschen vom Radebeuler Herbst- und Weinfest. Dann geht es die schmalen Stufen steil auf den Weinberg hinauf. „Bei der Hitze mit zehn Kilo schweren Körben auf dem Rücken hier arbeiten, muss hart sein“, sagt jemand aus der Truppe. Deshalb steht auf dem Shirt, das Ralf Walter trägt, auch „Steillagenwinzer sind Helden“. Umso mehr, erzählt er, weil sie alle Hobbywinzer sind und sie ohne den Einsatz von Maschinen nicht wirtschaftlich arbeiten können.

In diesem Jahr ist die zeitigste Weinblüte, die sie je hatten. Wenn das Wetter weiterhin so sonnig und heiß bleibt, könnten sie im August schon ernten, sagt Ralf Walter. Ob das für den Wein gut oder schlecht ist, müsse man abwarten.