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Knöllchen im Akkord

Die Stadt kündigte fürs Wochenende Durchgreifen beim Falschparken an. Das sorgt für Unmut – und das Problem bleibt.

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© Marko Förster

Von Heike Sabel

Pirna. Ein Golf-Fahrer will auf der Langen Straße parken. Dort, wo er es nicht darf. Er sieht das Knöllchen an dem Auto vor sich. „Ach, sie sind wieder …“, vollendet den Satz nicht und fährt weiter. Drei Mitarbeiter des städtischen Ordnungsamts sind am Sonntagnachmittag unterwegs, so wie ihre Kollegen am Vortag. Die Stadtverwaltung hatte nach den ersten zwei Chaos-Wochenenden im Advent angekündigt, nun härter durchzugreifen.

Die drei sind ein eingespieltes Team, auch wenn sie in der Regel nur zu zweit oder auch mal allein auf Runde gehen. Kerstin Kindermann notiert die Nummern und Ventilstände in der ersten Runde, Steffen Knauthe fotografiert Autos und entsprechende Verkehrsschilder, und abwechselnd mit Bärbel Horn werden die Knöllchen ausgedruckt. Griff in die Hosentasche am Knie, Tüte rein, Knöllchen rein – und ab damit untern Scheibenwischer.

Am Schlossberg steht ein blauer Mini. Mit Anwohner-Karte. Nur leider erlaubt die ihm auch das Parken im Zonenparkverbot nicht. Da gibt es kein Ermessen. Auch wenn er offenbar ein Opfer der Falschparker am Steinplatz ist. Wenn auf den dort für Anwohner reservierten Plätze andere parken, haben die Anwohner ein Problem. Bei dem Fahrzeug neben dem Parkhaus am Steinplatz haben die drei Erbarmen, sie nennen es Nutzen des Ermessensspielraumes. Das Auto steht zur Hälfte in der Einfahrt links neben dem Parkhaus. Bis zu 1 000 Meter Fußmarsch müssen Inhaber von Bewohner-Parkkarten in Kauf nehmen. So sehe es das Gesetz vor. Nur zum Ein- und Ausräumen des Einkaufs dürfen sie vorm Haus parken. Die drei lassen auch mal mehr als fünf Minuten Zeit vergehen.

Weil Politessen entgegen anders lautenden Vermutungen auch nur Menschen sind, haben sie auch selbst schon Knöllchen kassiert. Kerstin Kindermann zum Beispiel in Freital für eine abgelaufene Parkzeit bei der Parkscheibe.

Alternativen statt Strafen

Beim Kurzzeitparken wird am Sonntag in Pirna ein Auge zugedrückt. Ausnahmsweise. In einem anderen Auto liegt eine rote Karte. Das ist eine Ausnahmekarte. Aber fürs Halteverbot gilt auch die nicht. Sechs verschiedenfarbige Karten mit verschiedenen Befugnissen gibt es.

Auf der Töpfergasse ein kniffliger Fall. Hier gab es mal einen Behindertenparkplatz, die weißen Striche auf dem Pflaster zeugen noch davon. Doch da ist das Anwohnerparken schon zu Ende. Also: Knöllchen. Dabei wäre es doch einfach, das Ende-Schild ein Stück weiter vor zu rücken und schon gäbe es einen Parkplatz mehr. Der würde zwar das permanente innerstädtische Pirnaer Parkproblem nicht lösen, aber immerhin ein Platz ist ein Platz.

Eine junge Familie fragt die drei Ordnungshüter. Sie hätten am Zwinger geparkt, sonntags müsse da nicht bezahlt werden, richtig? Richtig. Sie können die zehn bzw. 15 Euro für falsch geparkte Auto auf dem Weihnachtsmarkt ausgeben.

Auf der Badergasse stehen zwei Fahrzeuge von Weihnachtsmarkt-Händlern. Der Marktmeister kommt vorbei. Zwei Minuten später sind die Fahrer der Autos da. Ein Problem sind sie los, das mit dem Knöllchen. Ein anderes bleibt: Wo parken? Und das Hauptproblem lösen auch noch so viele Knöllchen nicht: Dass im Notfall Feuerwehr und andere Rettungsfahrzeuge nicht durchkommen.

Es wäre wichtiger, Alternativen zu schaffen, als hart durchzugreifen. Darin sind sich alle einig. Die Stadt will das für nächstes Jahr überlegen. Knöllchenfreiheit aber gibt es auch über Silvester nicht. Da werden zwar die Parkautomaten wegen der Knaller zugehangen. Das spart die Parkgebühr, ist aber kein Freibrief fürs Falschparken.

Im Citybus sitzen auch an diesem Sonntagnachmittag kaum Leute. Dafür gab es für 25 Kraftfahrer in einer guten Stunde einen ungeliebten Zettel am Auto. Am Steinplatz schimpft ein Familienvater nach der Rückkehr vom Weihnachtsmarkt über die Unverschämtheit. Er schaut sich um und fragt: Wo soll man denn hier parken? Er steht direkt vor dem Parkhaus.