Merken

Knappes Ja fürs Weiße Roß

Der Bauausschuss befürwortet eine Sanierung des Hauses zur Kulturstätte. Doch das Projekt bleibt heftig umstritten.

Teilen
Folgen
NEU!
© Archivfoto: Marko Förster

Von Thomas Möckel

Pirna. Es sind noch sechs Tage, dann soll Pirnas Stadtrat eine Grundsatzentscheidung treffen. Es geht darum, ob das Gasthaus „Weißes Roß“ nebst Saal zur zentralen Kulturstätte ausgebaut wird, wie auch immer sie später betrieben werden mag. Und es geht auch darum, ob andernfalls Pirna kulturell provinziell bleibt und Künstler weiterhin in einer Sporthalle mit angeschlossener Bühne auftreten müssen, die aber keine lauten Veranstaltungen zulässt. Oberbürgermeister Klaus-Peter Hanke (parteilos) hatte die Idee mit dem Weißen Roß im Wahlkampf als eine seiner Vision vorgestellt. Seit bekannt ist, dass es nun um konkretere Pläne gibt, wird das Thema in Pirna eifrig diskutiert, es gibt Für und Wider, eine Tendenz, was die Pirnaer wollen, lässt sich nur schwer erkennen.

Lutz Hiekmann probiert es daher mal mit einer Art Weckruf. Er habe die Idee mit dem Weißen Roß schon vor Jahren gehabt, schreibt er auf Facebook, und fügt hinzu: Pirna sollte mal etwas Ernsthaftes für die Kultur anstreben. Andere Städte seien da weit voraus, und dass Pirna schlafe, gehe auf die Konto der Stadträte. Hiekmann wirft den Abgeordneten Interessenlosigkeit vor, dadurch sei schon die Tanne verloren gegangen. „Wann schlafen sie endlich aus?“, fragt er.

Ein Teil der Abgeordneten scheint ihn schon erhört zu haben. Zwar ging der Grundsatzbeschluss zur Sanierung des Weißen Roßes im Ausschuss für Ordnungs-, Kultur- und Bürgerschaftsangelegenheiten (OKB) noch mit einer Patt-Situation aus – drei Für- und drei Gegenstimmen. Aber im Stadtentwicklungsausschuss wenige Tag später fand sich eine knappe Mehrheit zugunsten der Kulturstätte. Laut Ausschussmitglied Peter Tränker (Pirnaer Bürgerinitiativen) votierten vier Abgeordnete für eine Sanierung, drei dagegen. Diese Entscheidung spiegelt die derzeit laufende öffentliche Diskussion ziemlich treffend wider. Es gibt ein großes Lager der Befürworter, aber ebenso viele Zweifler und Gegner.

Er hoffe, schreibt beispielsweise Uwe Grischek auf Facebook, dass es nicht nur bei Hankes Versprechen bleibt, sondern nun auch Taten folgen. Die Pirnaer, so seine Ansicht, sollten froh sein, so ein traditionsreiches Haus zu besitzen. Nun müsse schnell darüber abgestimmt werden, Pirna solle nicht noch Jahre mit der Sanierung warten. Auch Undine Stefan plädiert dafür, dass das Weiße Roß sehr bald saniert wird. Und Simone Richter argumentiert, früher sei immer Tanz im Saal gewesen. „Warum soll das jetzt nicht funktionieren?“

Imke Langwisch empfindet das Objekt zwar kulturell und ideell als wertvoll, seine Lage aber sei eine Katastrophe. Über die Erreichbarkeit wurde schon oft debattiert. Zwar ist das Parkhaus „Stadtmitte“ nicht weit, aber nicht alle Gäste einer Großveranstaltung werden dort ihre Autos abstellen. So ist zu befürchten, dass die umliegenden Straßen zugeparkt werden. Und für Busse ist das Weiße Roß schwierig anzufahren. Die Hof-Zufahrt ist für sie zu eng, und auf der Bundesstraße vorm Haus gibt es keine Haltemöglichkeit. Andere wiederum halten das Projekt finanziell für Wahnsinn, wobei über eine konkrete Summe für die Sanierung bisher noch nicht diskutiert worden ist. „Für Luftschlösser gibt es keine Förderung“, schreibt Daniel Szenes auf Facebook.

Aus Sicht des partei- und fraktionslosen Stadtrates Tim Lochner ist das Vorhaben nicht nur zu teuer, sondern auch ungerecht – weil es die Erwartungshaltung der Stadtjugend nicht erfüllen werde. Aufgrund der Lage des Hauses könnten – wenn überhaupt – maximal zehn Veranstaltungen mit lauter Musik pro Jahr stattfinden. Wenn das Weiße Roß aber nur auflagensanktioniert betrieben werden kann, mache das ganze Projekt keinen Sinn. Manche sehen in dem Vorhaben, das Haus zu sanieren, überhaupt keine Bereicherung des Stadtlebens, sondern wittern politisches Kalkül. Oberbürgermeister Hanke, so mutmaßt Thomas Pietzsch auf Facebook, tue mit der Sanierung des Gasthofs lediglich Klemens Kosok, Hankes Freund und Eigentümer des Objektes, einen Gefallen.

Die laufende Debatte um das Weiße Roß steigert offensichtlich das Interesse an dem Haus – wenn auch das ungebetener Gäste: Laut Klemens Kosok haben Unbekannte in der Nacht zum Mittwoch die Scheibe des Schaukastens eingeschlagen und eine historische Fotografie gestohlen. Das Bild zeigte eine Ansicht des Saals aus den 1930er-Jahren.