Merken

Kleines Haus ganz groß

Der Wiederaufbau des Birkigter Spritzenhauses ist fast fertig. In der Vorweihnachtszeit soll es zum Anziehungspunkt werden.

Teilen
Folgen
© Andreas Weihs

Von Tobias Winzer

Freital. Man kann das Haus an der Ecke Gitterseer Straße/Bannewitzer Straße getrost ein Kleinod nennen. Holger Stein, Vorsitzender des Birkigter Ortsvereins, geht noch weiter. „Kleine Perle“ nennt er das an sich unscheinbare Gebäude liebevoll. Seit acht Jahren arbeiten er und seine Mitstreiter am Wiederaufbau des Spritzenhauses. Nun, wo die Arbeit fast vollendet ist, soll das Gebäude wieder mehr ins öffentliche Licht gerückt werden. Am 8. Dezember findet dort deswegen ein Nikolausgrillen statt.

Stein kann sich noch gut an die Anfänge erinnern. „Das Haus war mit zwei Werbetafeln verdeckt und kaum einer wusste, was es einmal war“, erzählt der 54-Jährige, der gleich in der Nachbarschaft wohnt. Dabei handelte es sich bei dem damals verfallenen Gebäude um eines der letzten Zeugnisse des alten Birkigt. Den heutigen Freitaler Ortsteil traf am 24. August 1944 ein Bombenangriff der Alliierten. 243 Menschen kamen dabei ums Leben und ein Großteil der Bebauung mit historischen Bauernhöfen wurde zerstört. Das Spitzenhaus blieb verschont.

Es war ab 1886 erbaut und ein Jahr später fertiggestellt worden. Wie aus alten Akten hervorgeht, fanden damals in dem kleinen Haus nicht nur Feuerwehrgeräte Platz, sondern auch eine Krankenstube und ein Arrestlokal, also ein Mini-Gefängnis. In den 30er-Jahren wurde das Haus für die örtliche Feuerwehr nicht mehr benötigt und im Laufe der Zeit zur Trafostation umgebaut. Als sich die Birkigter vor acht Jahren des Gebäudes annahmen, war nicht mehr viel übrig. Das Haus war in einem baufälligen Zustand und nur noch halb so groß wie im Originalzustand.

Zusammen mit der Stadt, der das Haus gehört, entschieden sich die Birkigter für einen Abriss – und einen Wiederaufbau anhand der Bauakten von 1886. „Wir haben ganz bewusst gesagt, dass wir uns damit Zeit lassen wollen“, so Stein. „Für uns war immer der Weg das Ziel.“ Vieles wurde in Eigenleistung und mithilfe von Spenden und Sponsoren sowie der Stadt gemacht.

Nach der Eröffnung des Rohbaus Mitte 2014 fehlt jetzt nun nur noch die Außenverkleidung des kleinen Dachreiters, unter dem die Friedensglocke hängt. Immer am 24. August – dem Datum der Bombardierung Birkigts – erinnert das Geläut, das mit dem Logo Schwerter zu Pflugscharen verziert ist, an die Schrecken des Zweiten Weltkrieges. Außerdem muss der Dachstuhl auch noch von innen verkleidet werden. „Das passiert alles bis zum 8. Dezember“, sagt Stein. Danach stehen nur noch kleinere Restarbeiten an. Im Sommer 2018 ist eine große Feier zur Fertigstellung des Spritzenhauses geplant. Es soll für verschiedene Zwecke genutzt werden, unter anderem für die Chorproben der benachbarten Grundschule.

Stein sieht in dem ehrgeizigen Projekt mehr als nur den Wiederaufbau eines einst verfallenen Hauses. „Der Bau hat Gemeinsinn im Ort geschaffen“, sagt er.

Dieser soll auch am 8. Dezember zum Nikolausgrillen aufleben. Ab 17 Uhr sind alle Interessierten zu Glühwein, Bratwurst und einem kleinen Streichkonzert ans und ins Spritzenhaus eingeladen. „Wir wollen dem Spitzenhaus wieder etwas mehr Öffentlichkeit geben“, sagt Stein. Nachdem das Nikolausgrillen in den vergangenen Jahren eher ein Zusammentreffen für die Vereinsmitglieder und Nachbarn war, ist es nun in diesem Jahr erstmals eine Veranstaltung für alle. „Wir wollen das Spitzenhaus ins Bewusstsein der Leute bringen.“